Für Landrat Zeno Danner war schnell klar, was die Archäologen bei Anselfingen entdeckt haben: Es dürfte sich dabei um die älteste Kreisstraße handeln, schmunzelte er und dankte dem Kreisarchäologen Jürgen Hald für dessen Arbeit. Bei Ausgrabungsarbeiten in der Kiesgrube Kohler bei Engen-Anselfingen wurde ein befestigter frühkeltischer Weg entdeckt. Man könne froh sein, im Kreis einen eigenen Kreisarchäologen zu haben. Landesweit treffe dies nur noch bei einem weiteren Kreis zu.

Der Kreisarchäologe informierte darüber, dass man bereits seit 2008 zusammen mit dem Landesamt für Denkmalpflege die jeweiligen Kiesabbaubereiche in der Kiesgrube Kohler vor den eigentlichen Abbauarbeiten untersuche.

Landrat Zeno Danner und Engens Bürgermeister Johannes Moser (von rechts) bestaunen eine gefundene Haarnadel aus der Keltenzeit.
Landrat Zeno Danner und Engens Bürgermeister Johannes Moser (von rechts) bestaunen eine gefundene Haarnadel aus der Keltenzeit. | Bild: Elisabeth Stauder

„Die Untersuchungsfläche gehört zu einem großen Siedlungsareal auf einer Kiesterrasse unterhalb des Hohenhewens, auf der Menschen seit der Jungsteinzeit, circa 5300 vor Christus bis in die römische Kaiserzeit im dritten Jahrhundert nach Christus, zahllose Spuren hinterlassen haben“, so Hald. Die untersuchte Gesamtfläche belaufe sich inzwischen auf 9,25 Hektar und gehört damit zu den größten Flächengrabungen in Baden-Württemberg.

Bei Vorerkundungen der jetzigen Grabungsfläche mit Baggerschürfen vor einigen Jahren seien archäologische Bodenfunde festgestellt worden. Deshalb habe das Kieswerk Kohler die archäologische Fachfirma Archaeotask aus Welschingen mit den notwendigen Ausgrabungsarbeiten beauftragt. „Die Ausgrabungen können somit mit zeitlichem Vorlauf vor dem Abbau durchgeführt werden“, betonte Hald und bedankte sich bei Thomas Kohler für die hervorragende Zusammenarbeit in den vergangenen Jahren. Bei den bisherigen Befunden handelte es sich um Tausende von sogenannten Postengruben ehemaliger Holzbauten verschiedener Siedlungen.

Bauspuren aus der Eisenzeit

Viele Bauspuren aus der Eisenzeit im ersten Jahrtausend vor Christus, in der die Kelten lebten, sind erhalten. Sie lassen auf eine sehr großflächige Siedlung aus landwirtschaftlichen Gehöften schließen, die sich etwa ab 550 vor Christus bis höchstens 100 nach Christus über mehrere Kilometer von Anselfingen bis Welschingen ausbreitete.

Am frühkeltischen Weg in der Kiesgrube Kohler (von links): Brigitte Laschinger und Andreas Gutekunst von Archaeotask, Kreisarchäologe ...
Am frühkeltischen Weg in der Kiesgrube Kohler (von links): Brigitte Laschinger und Andreas Gutekunst von Archaeotask, Kreisarchäologe Jürgen Hald, Landrat Zeno Danner, Bürgermeister Johannes Moser, Kiesgrubenbetreiber Thomas Kohler und Armin Höfler, ebenfalls von Archaeotask. | Bild: Elisabeth Stauder

Seit Ende Februar sind nun die Grabungsleiter Brigitte Laschinger und Andreas Gutekunst von Archaeotask begleitet vom Kreisarchäologen und Julia Goldhammer vom Landesamt für Denkmalpflege im Grabungsabschnitt 2023 tätig. Neben weiteren Siedlungsbefunden konnten sie zwei mit grobem Kies und Wacken befestigte Wege, die in einem spitzen Winkel aufeinanderstoßen, erfassen. 20 Meter dieser Wegpflasterung wurde bisher in mühsamer Handarbeit mit Kellen freigelegt.

Kopfschmuck zwischen den Pflastersteinen

Andreas Gutekunst wies auf die in der Pflasterung zu sehenden Spuren von Wagen mit schmalen, mit Eisen beschlagenen Radfelgen hin und zeigte eine kleine Bronzenadel, die in der Wegpflasterung eingedrückt war. „Solche Nadeln waren für den Kopfschmuck frühkeltischer Frauen ungefähr im sechsten bis siebten Jahrhundert vor Christus üblich. Zudem kamen mehrere Eisenfragmente handgeschmiedeter Nägel und sonstiger Eisenobjekte zutage. Diese Befunde sind von überregionaler Bedeutung,“ erklärte Gutekunst.

Bürgermeister Johannes Moser und Landrat Zeno Danner folgen interessiert den Ausführungen von Kreisarchäologe Jürgen Hald mit ...
Bürgermeister Johannes Moser und Landrat Zeno Danner folgen interessiert den Ausführungen von Kreisarchäologe Jürgen Hald mit Bildmaterial der Rekonstruktionen und Brigitte Laschinger von Archaeotask. | Bild: Elisabeth Stauder

Bereits vor zehn Jahren wurde in einem weiter südlich liegenden Geländeabschnitt eine etwa acht Meter breite und 40 Meter lange Wegbefestigung entdeckt, die damals aber noch nicht genauer datiert werden konnte. Vermutlich, so die jetzige Erkenntnis, handelt es sich um befestigte Abschnitte desselben Weges. Hald wies auf ähnliche Funde in einem Neubaugebiet in Hilzingen in 2018 und 2019 hin, wo eine 40 Meter lange Wegpflasterung von 4,5 Metern Breite untersucht wurde und wo ebenfalls frühkeltische Haarnadeln und Radnägel eisenzeitlicher Wagen gefunden wurden. „Ähnliches kannte man in Baden-Württemberg bisher nur anhand weniger Funde aus dem Umfeld der zeitgleichen Heuneburg an der Oberen Donau,“ erklärt Hald.

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Bis Ostern sollen die Arbeiten im jetzigen Grabungsfeld mit der entsprechenden Dokumentation abgeschlossen sein. Danach werden die Wege abgetragen und die Fläche für den Kiesabbau freigegeben.