Es ist geschafft, der Engener Haushaltsplan für 2024 ist nach drei Gemeinderatssitzungen einstimmig verabschiedet worden. „Wir sprechen von einer Zeitenwende in der Engener Haushaltspolitik“, sagte CDU-Sprecher Jürgen Waldschütz in Anlehnung an Kanzler Scholz‘ Regierungserklärung im vergangenen Jahr. Gemeint ist damit die neue Haushaltspolitik, die mit sehr knappen, möglichst realistischen Ansätzen plant, damit Plan und Ergebnis künftig deutlich weniger voneinander abweichen.

Für dieses Jahr rechnet die Kämmerei mit städtischen Erträgen von rund 37,5 Millionen Euro und Aufwendungen von etwa 38 Millionen Euro. Aktuell wird also mit einem Minus von rund einer halben Million Euro am Jahresende gerechnet. „Das tatsächliche Jahresergebnis kann wiederum ein anderes Bild aufzeigen“, so Bürgermeister Frank Harsch in seiner Haushaltsrede mit einer gewissen Zuversicht.

Jedes Projekt kommt unter die Lupe

Nachdem das Ergebnis 2023 deutlich besser ausgefallen ist, als die Planung vermuten ließ, überarbeitete die Kämmerei den ersten Haushaltsentwurf und passte das Niveau den Ergebnissen vom Vorjahr an. Kämmerin Katja Muscheler gab im Gemeinderat deshalb auch noch einmal zu verstehen, dass durch die Kürzungen einige über- und außerplanmäßige Aufwendungen nötig sein könnten. Gleichzeitig mahnte sie in ihrem Resümee an, dass die Einnahmenseite der Stadt deutlich zu schwach sei. Außerdem müsse jedes städtische Vorhaben auf Kosten inklusive Nachfolgekosten untersucht und einer Kosten-Nutzen-Analyse unterzogen werden, so Muscheler.

Dass die Finanzen zu seinen Steckenpferden gehören, machte Bürgermeister Frank Harsch in seiner ersten Haushaltsrede in Engen deutlich. In dieser betonte er noch einmal Grundlegendes aus dem neuen kommunalen Haushaltsrecht. Er machte auch deutlich, dass der Großteil der städtischen Erträge auf nur wenige Einnahmearten wie den Einkommenssteueranteilen, den Schlüsselzuweisungen und der Gewerbesteuer basieren.

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Traditionell schließt die städtische Haushaltsplanung im Gemeinderat mit den Reden des Bürgermeisters und der Fraktionssprecher. In diesem Jahr stand die Zustimmung zur neuen Art der Haushaltsplanung im zentralen Mittelpunkt der Reden. | Bild: Kerle, Helene

Und die seien zugleich fast ausschließlich von den konjunkturellen Entwicklungen abhängig. Politische und gesellschaftliche Gegebenheiten hätten unmittelbar Auswirkungen auf den Haushalt, so zum Beispiel hohe Energiepreise.

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Auf der Ausgabenseite seien die Finanzausgleichsumlage und die Kreisumlage mit insgesamt 10 Millionen Euro nicht zu beeinflussen. Auch die Abschreibungen in Höhe von 4,5 Millionen Euro schlügen sich heftig auf das Gesamtergebnis aus, so Harsch. Besonders hoch seien in Engen die Bewirtschaftungsausgaben. „Die Quantität der kommunalen Infrastruktur ist schon ein echtes Thema in Engen“, so Harsch.

Wo investiert werden soll:

Der Bürgermeister vermittelte in seiner Rede aber auch, dass die Stadt weiter investieren müsse. Als größte Projekte nannte er die Erweiterung vom Kindergarten Glockenziel für 1 Million Euro, die Bebauung des Kroneareals mit 4 Millionen Euro, die Sanierung der Filteranlage im Freibad mit rund 400.000 Euro sowie die Sanierung des Hegaustadions mit gut 2 Millionen Euro.

Harsch hieß die Kürzungen der Kämmerei für gut und sagte: „Ich prophezeie, das wird in den nächsten Jahren noch heftiger ausfallen.“ In zehn Punkten hielt Harsch seine wichtigsten Gedanken zum Haushalt fest. Darunter, dass Steuern, Gebühren und Beiträge auskömmlich angepasst und freiwillige Ausgaben klar hinterfragt werden müssten. Aber auch, dass das städtische Finanzpolster trotz hoher Investitionen am Ende des Jahres noch 17 Millionen Euro betragen werde und Engen mit seinen Rücklagen einen Zinsgewinn von 200.000 Euro bekomme.

Zieht die Bibliothek vielleicht ins Kornhaus?

Die Unterhaltung von Wegen, Plätzen und Bachverläufen müssen an Bedeutung gewinnen, so Harsch, und es müsse zwingend mit dem Stadtsanierungsprogramm begonnen werden. Ebenfalls als zwingend stuft er die Sanierung des Kornhauses ein. Fast beiläufig erwähnt Frank Harsch die Idee, vielleicht doch die Bibliothek im Kornhaus unterbringen zu wollen. Die ist nicht ganz neu, wurde aber noch nie an so prominenter Stelle eingebracht. „Wir schnüren einen kompakten, konservativen und seriösen Haushalt 2024“, resümierte Frank Harsch zum Schluss.

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Auch die Fraktionssprecher im Gemeinderat formulierten großen Zuspruch für die neue Art der Haushaltsplanung. UWV-Sprecher Gerhard Steiner bezeichnete das Erwirtschaften der Abschreibungen und den Ausgleich des Haushaltsergebnisses als Mindestziel.

Neben den aktuell geplanten Investitionsprojekten bedankte sich Steiner in seiner Rede für die Geduld der Schulvertreter am Anne-Frank-Schulverbund, die seit Langem auf eine Schulerweiterung warten. Sie trügen die weitere Vermietung der alten Stadthalle als Flüchtlingsunterbringung mit, an deren Stelle die Schule erweitert werden soll.

Straßen sind in einem „miserablen Zustand“

CDU-Sprecher Jürgen Waldschütz forderte in seiner Rede eine dringende Erweiterung der Gewerbeflächen in Engen, die Schaffung von mehr Wohnraum und die Sanierung von Straßen, die sich „in einem miserablen Zustand“ befänden. Außerdem erinnerte er an die Sanierung der Bürgerhäuser, für die es eine Prioritätenliste brauche. Ein explizites Lob sprach er für die Finanzpolitik der Stadt aus, die es erlaube, den eigenen Stadtwerken einen Kredit über 1 Million Euro zu geben.

Conny Hoffmann nutzte ihre Rede als Sprecherin der SPD-Fraktion, um auf die angespannte politische Stimmung im Land hinzuweisen. Sie warnte vor einem Kippen der Stimmung und lobte gleichzeitig die gemeinsame Haltung gegen Rechtsextremismus, für die gerade so viele Menschen auf die Straße gingen.

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In Bezug auf den Haushalt forderte auch Hoffmann, dass die Stadt ihre Ertragskraft steigern müsse, und sprach sich ebenfalls für eine konkrete Planung zur Sanierung der Bürgerhäuser aus. Ebenso verwies sie auf den SPD-Antrag zur Einstellung eines oder einer Kindergartenbeauftragten, um die Verwaltung zu entlasten, zur Qualität der Betreuung beizutragen und die Attraktivität der Arbeitsplätze in der Betreuung zu verbessern.

Alle Fraktionen nutzen Gelegenheit für Wahlappell

Alle drei Fraktionssprecher riefen zum Schluss ihrer Reden dazu auf, am 9. Juni zur Kommunalwahl zu gehen. „Alle sind aufgefordert aufzustehen, sich für die Demokratie und unser Gemeinwesen einzusetzen“, formulierte es Conny Hoffmann.