Mit flinken Fingern knetet er den Teig zu einer großen Kugel zusammen, teilt sie auf der bemehlten Arbeitsfläche in drei kleinere Kugeln und formt daraus Brote. Dann schiebt er die Laibe zum Backen in den Ofen. Yerro Bah ist Bäcker und arbeitet seit sechs Jahren bei der Traditionsbäckerei Grecht in Engen, wo er auch seine Ausbildung absolviert hat. Dass der 28-Jährige all die Jahre hier arbeiten konnte, ist aber nicht selbstverständlich: Bah floh 2016 aus Gambia übers Mittelmeer nach Europa. Zunächst kam er nach Italien, dann 2018 nach Deutschland.
Lange musste er um seinen Aufenthalt hierzulande bangen und fürchtete die Abschiebung. Doch nun kann er vorerst aufatmen: Mit dem sogenannten Chancenaufenthaltsrecht kann er die nächsten 18 Monate in Deutschland bleiben, ohne abgeschoben zu werden. „Wir freuen uns über diesen Teilerfolg, doch wir brauchen eine Perspektive für eine nachhaltige Integration“, findet Markus Grecht, Bäckermeister und Inhaber der gleichnamigen Bäckerei, in der Bah als Bäckergeselle arbeitet.
Ohne Papiere in Deutschland
Als Yerro Bah nach Deutschland kam, stellte er einen Asylantrag, der allerdings negativ beschieden wurde, erzählt er. Der 28-Jährige sei nur geduldet worden und hätte eigentlich ausreisen müssen. „Yerro besaß keine Papiere aus seinem Heimatland. Das machte es schwierig, seine Identität nachzuweisen“, erklärt sein Chef Markus Grecht. Relativ bald habe er jedoch mit einer Delegation aus Gambia sprechen können, die seine gambische Staatsangehörigkeit bestätigte. „Inzwischen liegt auch eine Geburtsurkunde vor“, sagt Grecht.

Über ein freiwilliges Projekt der Handwerkskammer Konstanz in Kooperation mit verschiedenen Partnern konnte Yerro Bah dann eine Ausbildung im Bäckerhandwerk beginnen, erläutert der Bäckermeister. „Zuvor hatte Yerro ein dreimonatiges Praktikum bei uns absolviert. Er war von Anfang an sehr engagiert, sodass er direkt im Anschluss seine Lehre bei uns machen konnte“, erzählt Grecht.
Bester in der Praxisprüfung
Doch der Weg bis zum Abschluss war nicht einfach. Da Bah in Gambia nur kurz eine Schule besucht habe, sei die schriftliche Prüfung für ihn eine Herausforderung gewesen, schildert Bah. Rechnen und Lesen fielen dem 28-Jährigen schwer, sodass er den theoretischen Teil der Prüfung nicht bestanden hatte. Dennoch: Yerro Bah schloss den praktischen Teil der Gesellenprüfung mit einem guten Ergebnis ab und erreichte 87 Punkte, was der Note 1,9 entspricht. „Damit wäre er Kammersieger und Kandidat für den Leistungswettbewerb im Handwerk gewesen, wenn er die Theorieprüfung bestanden hätte“, sagt Bäckermeister Markus Grecht stolz. Die theoretische Prüfung müsse er aber nicht wiederholen, dafür habe sich die Handelskammer Konstanz eingesetzt.

Immerhin war Yerro Bah mit seinem Lebenslauf ein Kandidat für das Migrationspaket 1, das Chancenaufenthaltsrecht. Um dies zu erreichen, sei ein Härtefallantrag im Ministerium der Justiz und für Migration gestellt worden, so Grecht. Dieser sei auch bewilligt worden, sodass Bah nun bedenkenlos 18 Monate in Deutschland bleiben könne: „Für Yerro ist der Titel eine Erleichterung und Verbesserung seiner Situation, denn er darf endlich verreisen und braucht sich keine Sorgen mehr wegen einer Abschiebung machen“, freut sich Markus Grecht.
Bah verdient Bleibeperspektive
Denn mit der bisherigen Duldung durfte Yerro Bah Deutschland nicht verlassen. Die Duldung erlösche nämlich automatisch, wenn das Land verlassen werde, erklärt der Bäckermeister. Wie Yerro Bah selbst schildert, müsse er für einen dauerhaften Aufenthaltsrecht die Deutschprüfung auf B1-Niveau machen und bestehen. „Dann darf ich dauerhaft bleiben“, sagt er. Gehe es nach seinem Bäckermeister Markus Grecht, dürfte der 28-Jährige für immer in Deutschland bleiben.
„Er ist ein fleißiger und zuverlässiger Mitarbeiter, der seinen Beruf mit Leidenschaft ausübt“, lobt Grecht den Bäckergesellen, der in seiner Freizeit gern Fußball im Verein spielt. „Yerro verdient eine Bleibeperspektive.“ Denn er habe sich aus Grechts Sicht sehr gut integriert, beruflich als auch privat. „Ich würde mir wünschen, dass er so lange wie möglich bei uns im Betrieb bleibt, aber ich habe ihm schon oft gesagt, dass er mir nichts schuldig ist. Er kann auch andere Sachen machen, wenn er das möchte“, so der Bäckermeister. Auch Yerro Bah sagt: „Die deutsche Bürokratie macht es mir nicht gerade leicht, aber ich möchte gern hier bleiben.“
Und er schmiedet Pläne für die Zukunft: Bald möchte der 28-Jährige seinen Autoführerschein machen. Außerdem plane er im Winter Urlaub in der Heimat. „Meine jüngere Schwester fragt schon, wann ich denn komme“, sagt Bah, der seit 2017 seine Familie nicht mehr gesehen hat.