Das Problem zieht sich durch sehr viele und ganz unterschiedliche Vereine: Es fehlt an Nachwuchs. Und das nicht nur unbedingt in den Reihen des Vorstands, sondern genauso bei den Mitgliedern allgemein. Zieht es die jungen Leute nicht mehr so in Vereine, weil es viele andere Angebote gibt? Was braucht es, um junge Leute für das Vereinsleben zu begeistern? Drei Vereine schildern ihre Probleme und mögliche Strategien.

Ein Jugendtreff hat Nachwuchssorgen. Das klingt zunächst paradox, ist auf den zweiten Blick aber doch einleuchtend, wie Matthias Preis vom Jugendtreff Bömmle in Mühlhausen-Ehingen verdeutlicht. „Junge und engagierte Leute gehen immer wieder für Studium und Ausbildung weg“, schildert der Vorsitzende des Vereins. „Es gab schon ein paar Jahre, in denen wir kurz vor der Schließung standen“, sagt er. Denn damals habe einfach niemand mehr den Jugendtreff besucht. In diesem Fall mangelte es nicht an Vorstandsmitgliedern, sondern schlicht an Besuchern.

„Es gab ein paar Jahre, in denen wir kurz vor der Schließung standen.“Matthias Preis, Vorsitzender Jugendtreff Bömmle
„Es gab ein paar Jahre, in denen wir kurz vor der Schließung standen.“Matthias Preis, Vorsitzender Jugendtreff Bömmle | Bild: Matthias Preiß

Nach Ansprache kommen viele junge Leute dazu

Der Jugendtreff Bömmle öffnet immer mittwochabends seine Türen für junge Menschen in Mühlhausen-Ehingen. Zum Vereinsangebot gehört außerdem ein monatlicher Treff sowie Spezialveranstaltungen wie Ferienprogramm oder Motto-Partys. Als dem Jugendtreff die Besucher wegblieben, ging der Vereinsvorstand in die Offensive. „Wir sind zum Beispiel gezielt auf die Eltern zugegangen“, erzählt Matthias Preis. Außerdem sprach der Verein Jugendliche ganz direkt an und machte auf das Angebot aufmerksam. ‚Und die jungen Leute hatten Lust zu kommen‘, so Preis zur erfolgreichen Aktion.

Der Jugendtreff Bömmle in Mühlhausen-Ehingen geht seine Nachwuchsarbeit ganz praktisch an. Wie hier mit einem Angebot beim ...
Der Jugendtreff Bömmle in Mühlhausen-Ehingen geht seine Nachwuchsarbeit ganz praktisch an. Wie hier mit einem Angebot beim Kinderferienprogramm im Sommer. | Bild: Matthias Preis

„Nächstes Jahr wird es einen kleinen Generationswechsel geben“, sagt Preis über den Vorstand des Bömmle. Denn aktuell sitzen Aktive im Vorstand, die langsam aber sicher keine Jugendlichen mehr im eigentlichen Sinn sind. Doch aus den neu für den Verein geworbenen Besuchern finden sich junge Menschen, die das Angebot des Bömmle weiterführen wollen – zur großen Freude des Vorsitzenden.

Ausstattung muss für die Jugendlichen attraktiv sein

Auf die Frage, worin er den Grund für das neuerlich große Interesse am Vorstand und dem Jugendtreff sieht, hat der 23-Jährige eine einfache Antwort. „Regelmäßige Öffnungszeiten sind wichtig. Und der Jugendtreff ist unter anderem mit Dartscheibe, Billardtisch und Beamer deutlich attraktiver geworden“, sagt Preis.

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Männergesangsverein hat es schwer

Markus Kaupert sieht da deutlich weniger optimistisch in die Zukunft seines Vereins. Kaupert singt, seit er 17 Jahre alt war, im Männergesangsverein Raithaslach. Nach 35 Jahren als Kassier hat er aus der Not heraus nun auch den Vorsitz des Vereins übernommen. Früher gab es beinahe in jedem Ort einen Gesangsverein ausschließlich mit männlicher Besetzung, erinnert sich Kaupert. Heute hat sein Verein gerade noch 19 Sänger. In den Proben sind für gewöhnlich nur zehn bis 13 Vereinsmitglieder anwesend.

Der Männergesangsverein Raithaslach beim Proben: Adolf Alber (von links), Gebhard Jäger, Gerhard Ill, Klaus Sernatinger, Wolfgang ...
Der Männergesangsverein Raithaslach beim Proben: Adolf Alber (von links), Gebhard Jäger, Gerhard Ill, Klaus Sernatinger, Wolfgang Kreutel, Michael Mende und Markus Kaupert. | Bild: Constanze Wyneken

Einige der Sänger in dem 360-Seelen-Ort Raithaslach sind bereits aus anderen Männerchören, die sich aufgelöst haben, zu ihnen gewechselt. „Teilweise wurden aus den Männerchören aus gemischte Chöre“, weiß Kaupert.

Die Zukunft sieht düster aus

„Corona hat vielen Chören das Genick gebrochen“, sagt Kaupert mit Verweis auf die strengen Vorschriften, die für Chöre galten. Der passionierte Sänger, der auch noch bei der Feuerwehr engagiert ist, macht klar: „Wir sind ein vierstimmiger Chor. Bald können wir aber nicht mehr vierstimmig singen, weil die Sänger fehlen. Es wird uns also in naher Zukunft nicht mehr geben.“

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Zum 100. Jubiläum des Vereins im September haben die Sänger kräftig Werbung gemacht, um neue Sänger zu motivieren. „Es hat sich aber nur ein Sänger darauf gemeldet“, so die traurige Bilanz von Kaupert. Er sieht verschiedene Gründe, warum es an Nachwuchs fehlt. Zum einen das fehlende Interesse am Chorgesang allgemein. „Auch bei den Konzerten sind kaum Junge da“, stellt er fest. „Unser Liedgut ist altbacken“, gibt er mit Blick auf die junge Generation zu.

Vereine sind ideal, um Kontakte zu knüpfen

Er sagt aber auch, dass modernes Liedgut die Entwicklung nicht aufgehalten hätte. Denn das Freizeitverhalten habe sich komplett verändert. „Es ist nicht mehr angesagt, sich in einer Gruppe von Leuten unterzuordnen“, macht Kaupert als allgemeines Problem aus. Und trotzdem ist der leidenschaftliche Sänger überzeugt, dass ein Verein grundsätzlich immer die beste Anlaufstelle ist, wenn man Kontakte sucht. Das gelte auch heute noch.

Genau das haben sich auch Ulrike und ihr Mann Georg Häußler gedacht, als sie vor sieben Jahren von Tübingen nach Engen gezogen sind. „Wenn man wo hinkommt, muss man Kontakte im Verein suchen“, so das Credo der beiden, die mittlerweile eine kleine Tochter haben. Über einen Kollegen sei der Kontakt zum Schwarzwaldverein in Engen zustande gekommen. Schnell haben Häußlers den Vorsitzenden des Vereins, Peter Kamenzin, und seine Frau Marita kennengelernt. „Wandern war unser Hobby“, daher habe der Schwarzwaldverein gut gepasst.

Familienfest soll die junge Gruppe festigen

Mittlerweile haben Ulrike und Georg Häußler das Amt der Familienwarte in dem Ortsverein übernommen. Das heißt, sie kümmern sich um die Interessen der Familien im Verein und stellen dafür ein geeignetes Programm auf die Beine. Dazu gehören zum Beispiel Familienwanderungen, Waldpädagogik-Tage, eine Laufrad-Rallye für die Kleinsten oder Schatzsuchen im Wald. Seit Langem zum ersten Mal wieder hat der Schwarzwaldverein unter der Regie von Häußlers im Sommer ein Familienfest in Engen ausgerichtet. Hüpfburg, Kinderschminken, Bewegungsparcours und Vieles mehr kamen bei dem öffentlichen Fest sehr gut an.

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„Wir sind gerne draußen in der Natur. Das können wir hier mit anderen teilen“, sagt Ulrike Häußler im Gespräch mit dem SÜDKURIER zu ihrer Motivation, sich im Verein zu engagieren. „Wir senken den Altersdurchschnitt ganz massiv“, erklärt sie mit Blick auf den übrigen Verein. Mittlerweile haben es die Häußlers geschafft, einen Kreis von mehreren Familien aufzubauen. Die sind in den Schwarzwaldverein neu eingetreten und motiviert, Ämter zu übernehmen.

„Das ist das Resultat von Angeboten“, begründet Ulrike Häußler diesen Erfolg ganz pragmatisch. Ziel der Familiengruppe des Schwarzwaldvereins sei aber nicht in erster Linie die Mitglieder-Werbung. „Wir wollen den Kindern Natur und Wandern auf spaßige Weise vermitteln“, bekräftigt die junge Mutter, die mit ihrer Familie im Verein ein Zuhause gefunden hat.

Sie kennen jemanden, der sich tatkräftig in einem Verein einbringt und dafür mal gewürdigt werden sollte? Dann nominieren Sie ihn als stillen Star! Der SÜDKURIER lobt einen Preis für die Aktiven im Hintergrund aus.