Es ist recht selten, dass es in einer Vereinsversammlung so hoch hergeht. Doch bei der zweiten Hauptversammlung des Marketingvereins Engen in diesem Jahr kochten teils die Emotionen hoch. Hintergrund war der neu zu wählende Vereinsvorstand. In einer ersten Versammlung im Mai konnte die Wahl nicht stattfinden, da nicht für alle zu besetzenden Ämter ein Mitglied zur Verfügung stand. So stand sogar die Auflösung der Vereins bei der zweiten Versammlung im Raum.

Mammutaufgabe für den neuen Vorstand

Am Ende gab es dann aber doch einen gewählten Vorstand. Der besteht aus dem neuen Vorsitzenden Michael Kicherer, der das Kunstauktionshaus im Krenkinger Schloss leitet. Seine Stellvertreterin ist Berta Baum, die bisher Sprecherin und damit Vorsitzende war. Die Dritte im Bunde ist Marketingfachfrau Marion Riesinger, die das Amt der Schatzmeisterin übernommen hat. Auf alle drei wartet bis zum kommenden Herbst eine echte Mammutaufgabe. Denn Grundvoraussetzung für das Weiterbestehen des Vereins ist ein neues und stichhaltiges Konzept.

Der Verein Marketing Engen hat laut Satzung die Aufgabe, die Attraktivität und Anziehungskraft der Stadt Engen im Interesse der Bürger zu fördern. Zweck des Vereins ist die stärkere Profilierung des Gesamtstandorts Engen. Für die Umsetzung dieser Aufgabe erhält der Verein eine maximale Förderung von 20.000 Euro jährlich durch die Stadt Engen. Das zuletzt eingereichte Konzept von der ehemaligen Vorsitzenden Berta Baum stieß beim Gemeinderat offenbar auf Kritik. Das Gremium habe in nicht öffentlicher Sitzung ein neues Konzept gefordert, so Bürgermeister Johannes Moser, bevor einem weiteren Vereinszuschuss zugestimmt wird.

Ein richtiges Konzept muss her

„Es braucht eine Marketing-Konzeption“, gab Bürgermeister Moser zu verstehen. Diplomatisch, aber doch sehr deutlich machte er, dass der Verein grundsätzlich durch zwei Vorstandsmitglieder vertreten sein müsse. Das sei zuletzt nicht so gewesen und damit auch nicht satzungskonform. Mit Kritik an der derzeitigen Vereinssituation sparten auch die anwesenden Mitglieder sowie Gäste nicht.

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Rolf Broszio, Mitglied bei Marketing Engen (MEV) und Vorsitzender des Touristik-Vereins Engen, fragte etwa, wo eigentlich die Beisitzer des Vereins an diesem Abend seien. Tatsächlich waren von 90 Mitgliedern gerade einmal zehn an der Sitzung anwesend. „Es gibt Unternehmer, die sich (in den Vorstand, Anmerkung der Redaktion) reinwählen lassen und nachher gar nichts tun“, machte er seinem Unmut Luft. Er finde es außerdem „tragisch und unklug“, wie hier mit dem städtische Zuschuss umgegangen werde. Es gebe ein Zerwürfnis im Verein, weil die Strukturen fehlten.

Der frühere MEV-Vorsitzende Günter Schmaglinski führte an, dass die Gemeinschaft im Verein fehle. „Ich habe Veranstaltungen gesehen, da habe ich gedacht, was machen die nur?“, so Schmaglinski. Die Unstimmigkeiten im Verein müssten die Bürger beispielsweise durch einen ausgefallenen Weihnachtsmarkt büßen.

Sie wollte sich eigentlich einbringen, zog dann aber zurück

Beisitzerin Simona Winter war offensichtlich mit dem Willen in die Versammlung gekommen, sich im Vorstand zu engagieren. Nachdem das Team aus Michael Kicherer, Marion Riesinger und Berta Baum vorgeschlagen wurde, ohne Winters Meldung wahrzunehmen, platzte ihr der Kragen. „Ich komme mir gerade ein bisschen vor den Kopf gestoßen vor“, gab sie unter anderem zu verstehen. Die Kommunikation funktioniere hier überhaupt nicht.

„Es war nicht viel Marketing, sondern nur das Zie, Zuschüsse zu bekommen“, machte Harry Sprenger deutlich, der die Sitzung als Gast mitverfolgte. Es müsse sich gravierend etwas ändern. Der Marketingverein komme eher negativ rüber, so Sprenger.

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Es wurde an diesem Abend sehr deutlich, dass sich die Vereinsmitglieder von ihrem bisherigen Vorstand nicht gehört fühlen. Gleichzeitig wurde aber auch klar, dass Engen einen funktionierenden Marketingverein braucht und das nicht nur zur Umsetzung des Sterntaler-Gutscheinsystems, welches das größte Erfolgsprodukt des Vereins ist.

Das sagen zwei der Bürgermeister-Bewerber dazu

Die wichtige Funktion des Marketingvereins sehen auch die beiden Bürgermeister-Bewerber Tim Strobel und Marco Russo, die beide an der Versammlung teilgenommen haben. „Es ist gut, dass man es geschafft hat, den Verein am Leben zu halten“, sagte Tim Strobel im Nachgang. Dennoch sei Wichtiges noch nicht geschafft, nämlich die Mitgliederschaft hinter sich zu bringen. Das werde eine große Herausforderung. Die ehrenamtliche Organisation hält Strobel weiterhin für sinnvoll, denn auch sie sei eine Form der Teilhabe von Bürgern. Trotzdem müsse der städtische Anteil im Bereich Marketing zunehmen.

„Die Weiterführung des Leitbildprozesses könnte den Zweck des Marketingvereins mitformen.“ Tim Strobel, Bewerber für das ...
„Die Weiterführung des Leitbildprozesses könnte den Zweck des Marketingvereins mitformen.“ Tim Strobel, Bewerber für das Bürgermeisteramt in Engen | Bild: Ansgar Wörner

Marco Russo sieht das Grundproblem des Vereins in fehlender Kommunikation und Ehrlichkeit. „Es braucht eine Lösung mit den Vereinsmitgliedern“, ist Russo überzeugt. „Wir müssen schauen, dass der Verein überlebt und die Stadt präsentiert. Das wird ein großes Projekt“, machte er deutlich.

„Für so einen Verein ist es wichtig, dass er die Unterstützung von seinen Mitgliedern bekommt.“ Marco Russo, Bewerber für ...
„Für so einen Verein ist es wichtig, dass er die Unterstützung von seinen Mitgliedern bekommt.“ Marco Russo, Bewerber für das Bürgermeisteramt in Engen | Bild: Rebecca Wick

Um eine Stellungnahme wurde auch die frühere Vorsitzende und jetzige Stellvertreterin Berta Baum schriftlich gebeten, jedoch erhielt die Redaktion darauf bislang keine Rückmeldung.

Neben der Vorstellung eines neuen Konzepts soll im Herbst auch über die Posten der Beisitzer abgestimmt werden. Es bleibt also spannend, ob und wie es der Verein schafft, sich neu zu erfinden.