Es dauerte eine Zeit lang, bis die Bürgerin bei der Fragestunde im Gemeinderat von Gaienhofen mit ihrem Anliegen auf den Punkt kam. Doch dann wurde sie in der jüngsten Sitzung äußerst konkret: „Ich kenne viele Bürger und Familien, die die Diskussion aufwerfen, dass unbedingt Wohngebiete frei werden müssen.“ Und: „Es gibt ganz viele Familien in der Gemeinde, die darauf warten, dass sie sich ein Eigenheim schaffen können.“ Für diese Bürger würde sie dastehen.
„Es wird nicht aufhören“, gab sie einen kleinen Vorgeschmack auf die künftige Wahlperiode des Gaienhofener Gemeinderates. Eines wurde in der Ratssitzung ganz besonders deutlich: Die Kollision jüngster Wahlversprechen sämtlicher Parteien bei den Kommunalwahlen für die Schaffung neuen Wohnraums mit den Sachzwängen einer Verwaltung.
Wiederkehrende Frage nach neuem Wohnraum
Immer wieder wird im Gemeinderat von Gaienhofen von Bürgern die Frage nach Wohnraum und Baugebieten aufgeworfen. Doch die Sachlage ist für die Verwaltung sehr komplex. Für die Erschließung neuer Baugebiete befindet sich Bürgermeister Uwe Eisch aktuell mit Grundstückseigentümern in Gesprächen, ließ er im Rat verlautbaren: Das Gebiet „Am Herdweg“ in Gundholzen habe den Vorteil, dass es in einem beschleunigten Verfahren als Baugebiet erschlossen werden könnte, so Eisch. Und in Gaienhofen ist im Gespräch, im Bereich „Im Kohlgarten“ ein Baugebiet zu erschließen. Dieses wäre mehr als doppelt so groß. Damit belaste es den Gemeindehaushalt für die Erschließung auch doppelt so stark.
Eisch sprach zunächst in Metaphern, um die Lage zu verdeutlichen: „Unternehmer könnten nicht tausend Aufträge annehmen und sie alle gleichzeitig abwickeln.“ Sie müssten ins Gesamtsystem passen. Dann wurde Eisch konkreter: Die Gemeinde erarbeite zahlreiche Bebauungspläne, bei denen Bauland geschaffen würde. Die Gas- und Glasfasererschließung fordere die Gemeinde. Ebenso die Schulerweiterung sowie die Sanierung der Kanalisation. Eisch bat die Bürgerin um Verständnis: „Wir können nicht alles gleichzeitig machen. Weder personell noch finanziell.“
Jungen Familien soll die Möglichkeit gegeben werden im Dorf bleiben zu können
In der Fragerunde der Gemeinderäte an die Verwaltung zeigten auch Räte ihre Nöte: „Wir haben uns alle auf die Fahne geschrieben, dass wir für junge Familien Baugebiete schaffen“, erinnerte Karl Amann (UBL). Er befürchtet, dass junge Familien die Gemeinde verlassen: Sie sollen die Chance erhalten, im Dorf bleiben zu können. Uwe Eisch verwies auf das heikle Verfahren bei der Entwicklung mehrerer Hektar Bauland, wofür auch eine Bereitschaft für den Verkauf von Grundstücken vorherrschen müsse.
Zur Minimierung von Planungskosten bot Gemeinderat Heinz Burkhart (UBL), selbst ehemaliger Unternehmer, eine kostenlose Ausarbeitung des Kostenrahmens für die Erschließung von Baugebieten an, damit die Gemeinde eine Orientierung erhalte und Kosten für zum Teil überteuerte Angebote von Planungsbüros spare. Uwe Eisch möchte diese Möglichkeit prüfen lassen. Klaus Sturm (FW) geht davon aus, dass die Bürger die Räte beim Wort nehmen. Er wünscht, dass ihnen ein greifbares Ergebnis vorgelegt und ein Zeitrahmen für Bebauungspläne gegeben werde.
Der Hintergrund
Neue Baugebiete sind in Gaienhofen schwer erschließbar. Rund 90 Prozent der Gemarkung steht unter Natur- und Landschaftsschutz. Aktuell bearbeitet die Verwaltung im beschleunigten Verfahren drei Bebauungspläne für die Innenverdichtung aus. Zu ihnen gehören in Gaienhofen die Gebiete „Gütebohl-Süd“ und „Hauptstraße-Ost“ sowie in Horn das Wohngebiet „Kirchgasse.“ In Gundholzen liegen Pläne für eine Bebauung im Gebiet „Am Herdweg“ vor. In Gaienhofen sind rund 4100 Personen gemeldet, davon 3480 mit ihrem Erstwohnsitz. Etwa 620 Personen haben ihren Zweitwohnsitz in der Gemeinde. Nominal hat Gaienhofen die meisten Zweitwohnungen im Landkreis. Viele Zweit- und Ferienwohnungen stehen die überwiegende Zeit hinweg leer. (gla)