Ein kleines Paradies wollen Dilara Polat und Burkan Sahin sich auf der Gettnau schaffen. Palmen sollen in ihrem Garten einmal wachsen und Bananen. Abends möchten sie sich in der gemütlichen Hütte vor dem Gemüsebeet ausruhen. Ein fester Zaun soll den Rasen umgeben, auf dem ihr Hund umhertollen kann. So stellen sie sich das vor.

Doch wo das Paar aus Bad Säckingen bald seinen Freizeitfrieden finden will, stieß es jetzt erst einmal auf eine Hinterlassenschaft aus kriegerischen Zeiten. Beim Umgraben des zukünftigen Gartengrundstücks förderte Burkan Sahin eine Kanonenkugel zutage. Mutmaßlich stammt das Geschoss aus der Zeit Napoleons.

Erst im Mai hatte das Paar das Grundstück für den Garten zugelost bekommen

„Das hat sich komisch angehört“, schildert der 31-Jährige das Geräusch, als er im Juli mit seiner Schaufel auf das im Erdboden verborgene Projektil stieß. Erst Ende Mai hatten seine Verlobte Dilara Polat (28) und er das 170 Quadratmeter große Grundstück zugelost bekommen.

Burkan Sahin stellt die Situation nach, als er bei der Gartenarbeit auf eine unter der Erde verborgene Kanonenkugel stieß.
Burkan Sahin stellt die Situation nach, als er bei der Gartenarbeit auf eine unter der Erde verborgene Kanonenkugel stieß. | Bild: Vonberg, Markus

„Ein Garten war schon immer unser Traum!“ Schon kurz nachdem sie 2022 nach Bad Säckingen gezogen waren, hatten sie sich bei der Stadt um eine Gartenpacht beworben. „Doch auf der Warteliste waren wir erst auf Platz 400 oder so“, sagt Burkan Sahin. Ihrem Traum näher kamen sie dann, als im Zuge der Verlegung der Kleingartenanlage Gettnau frische Gartengrundstücke verlost wurden.

Doch die für die Verpachtung vorgesehenen Grundstücke lagen allesamt noch brach. Außer Gras und Gestrüpp wuchs dort nichts. Deshalb begann Burkan Sahin so bald wie möglich damit, auf ihrer Parzelle den Boden umzugraben. Wann immer möglich arbeitet er nach der Rückkehr von der Arbeit im schweizerischen Turgi oder am Wochenende an seinem zukünftigen Paradies.

Steine, Wurzeln, ein Schirmhalter – und eine Kanonenkugel

„Er ist gar nicht zu halten und schuftet bis spät abends“, sagt Dilara Polat udn lacht. „Einmal musste ich ihm im Dunkeln mit meinem Handy leuchten.“ Jede Menge großer Steine und dicker Wurzeln grub Burkan Sahin schon aus, auch einen alten Schirmhalter aus Beton. Und dann stieß er auf diese merkwürdige schwere Kugel aus Metall mit etwa zehn Zentimetern Durchmesser.

Eine harmlose Bocciakugel? Oder eine gefährliche Kanonenkugel? Handyaufnahme von Dilara Polat des seltsamen Funds in ihrem Garten.
Eine harmlose Bocciakugel? Oder eine gefährliche Kanonenkugel? Handyaufnahme von Dilara Polat des seltsamen Funds in ihrem Garten. | Bild: Dilara Polat

„Erst habe ich gedacht, dass das eine alte Bocciakugel ist. Dann kam mir der Gedanke an eine Kanonenkugel“, schildert der 31-Jährige. Um weiterarbeiten zu können, schob er seine Schaufel vorsichtig unter den Gegenstand und legte ihn im hintersten Eck des Grundstücks ab. Weil es die nächsten Tage regnete, blieb das Objekt dort erst einmal unbehelligt liegen.

Neun Tage später arbeiteten Dilara und Burkan am Dienstag wieder auf ihrem Grundstück, als eine Polizeistreife unweit davon auf dem Zollkreisel einen Verkehrsunfall aufnahm. Dilara beschloss, die Gelegenheit zu nutzen und den Beamten von dem ungewöhnlichen Fund zu berichten. Die Polizisten hätten ihn sofort in Augenschein genommen – und seien äußerst vorsichtig dabei gewesen, erzählt Dilara: „Die wollten das nicht anfassen, sondern riefen den Kampfmittelbeseitigungsdienst.“

Die geheimnisvolle Kugel wird abtransportiert

Die geheimnisvolle Kugel wurde vorsichtig in einen Eimer gelegt und abtransportiert. Abends informierte die Polizei Dilara und Burkan telefonisch vom Ergebnis der Untersuchung: Wahrscheinlich handelte es sich bei dem Gegenstand um ein Artilleriegeschoss aus der Zeit Napoleons. Eine Explosionsgefahr ging von dem Projektil nicht aus.

Dieses Bild fertigte die Polizei vom Fund an und schrieb dazu: „Diese mutmaßliche historische Kanonenkugel wurde in einem Garten in Bad ...
Dieses Bild fertigte die Polizei vom Fund an und schrieb dazu: „Diese mutmaßliche historische Kanonenkugel wurde in einem Garten in Bad Säckingen gefunden.“ | Bild: Polizeidirektion Freiburg

Immer noch sind die beiden Hobbygärtner und Zufallsarchäologen etwas aufgeregt, aber auch stolz wegen ihres außergewöhnlichen Funds. Schließlich stößt nicht jeder bei der Gartenarbeit auf eine Kanonenkugel. „Es ist toll, ein Stück Geschichte auszugraben“, bringt es Burkan auf den Punkt. Er und Dilara können sich vorstellen, dass „ihre“ Kanonenkugel einmal im Bad Säckinger Hochrheinmuseum Schloss Schönau ausgestellt wird. „Es sollte dann aber schon dabeistehen, wer sie gefunden hat.“