Hundedame Mitzy steht an der Treppe vor dem Haus im Gaienhofener Ortsteil Hemmenhofen und beäugt den Besucher im Garten distanziert kritisch. Nach einem kurzen Schnuppern dreht sie gelangweilt ab. Frank Schweitzer lacht, Mitzy sei schon „retired“, also im Ruhestand. Den englischen Ausdruck benützt Schweitzer weil Windhund Mitzy ein echter Greyhound von der britischen Insel ist und mit zwölf Jahren darf es ein Hund auch ruhiger angehen lassen.
Im Budget geblieben
Frank Schweitzer selbst ist mit seinen 51 Jahren ein gutes Stück vom Rentenalter weg. Der Architekt arbeitet in der Schweiz bei der Zürich Versicherungsgruppe als „Projektmanager für Sonderprojekte“. Das klingt reichlich abstrakt, doch Schweitzer erklärt es am konkreten Fall: „Beim Bau des neuen Verwaltungsgebäudes habe ich die Interessen des Bauherren bei der Planung und auf der Baustelle vertreten.“ Das neue Gebäude am Zürichsee dient 1200 Mitarbeitern aus 70 Nationen als Arbeitsplatz. Das wichtigste Ergebnis für den Manager und Architekt lautet: „Wir sind im Budget geblieben.“
Privat hat der 51-Jährige für sich nun einen ganz neuen Plan aufgemacht, er will Bürgermeister in Gaienhofen werden. Seiner Heimatgemeinde, wie er sagt. Zwar wohnt er unter der Woche in Zürich-Oerlikon, doch in der freien Zeit zieht es ihn immer wieder hierher zurück. Hier wohnt seine Mutter Waltraud Schweitzer, von hier aus fährt er nach Böhringen, um dort in die Proben des Musikvereins zu gehen. In Böhringen ist Frank Schweitzer aufgewachsen, in Gaienhofen zur Schule gegangen, am Ambrosius-Blarer-Gymnasium hat er sein Abitur gemacht, nach Gaienhofen ist die Familie in den Neunzigerjahren umgezogen.
Preisfrage in der Skihütte
Im März sei er wie immer mit einer Gruppe von Freunden Skifahren gegangen. Der Gedanke, in Gaienhofen anzutreten, habe sich da bei ihm schon festgesetzt: „Auch weil Uwe Eisch als Bürgermeister nicht mehr kandidiert. Gegen ihn wäre ich nicht angetreten.“ Also habe er den zwölf Freunden seinen Gedanken auf der Skihütte zur Bewertung preisgegeben: „Was würdet Ihr sagen, wenn ich mich als Bürgermeister bewerbe?“ Die Antworten seien äußerst kontrovers ausgefallen. Von „Lass es sein“ bis „Ja, mach‘ es, das passt zu Dir, Du gehst gerne auf die Menschen zu“ sei alles dabei gewesen.
Am Ende habe eine deutliche Mehrheit und auch weiterer Freunde und Bekannte ihm geraten, es zu tun. Frank Schweitzer hat es getan, er hat auf dem Rathaus seine Bewerbung abgegeben: „Das ist etwas Einmaliges für mich, ich mache es für Gaienhofen.“
Weil die Gemeinde so unglaublich viel zu bieten habe, mit einer guten Versorgung an Geschäften, Handwerkern, Ärzten und einem Pflegeheim, zwei Schulen und der „liebenswerten Umgebung“. Die Sicherung und Ausbau dieser Infrastruktur wolle er mitgestalten. Sein Hauptaugenmerk liegt dabei auf dem Ufer, das alle vier Ortsteile Gundholzen, Horn, Gaienhofen und Hemmenhofen vereint: „Wir haben alle ein Ufer, wir sind alle am See.“
Bürgermeister können es nicht regnen lassen
Der See, das Ufer sei die Attraktion für Gaienhofen, die es auch für den Tourismus zu erhalten gelte. Schweitzer weiß, das gerade dieses Ziel in Zeiten des Klimawandels kein leichtes sein wird: „Ein Bürgermeister kann es nicht regnen lassen.“
Doch selbst bei einem zurückgehenden Pegelstand soll, seiner Ansicht nach, das Wasser für den Mensch erreichbar bleiben. „Man muss die Uferzonen beobachten und sich überlegen, wie sie neu zu gestalten sind.“ Der Spielraum etwa für neue Stege sei begrenzt: „Es ist ein ganz schmaler Grat, 89 Prozent der Gemarkung Gaienhofen sind geschützt“, sagt Schweitzer.
Das Idyll ist bisher nicht das Umfeld, indem der Architekt beruflich tätig ist. Seine Stationen als Bau- und Projektleiter führten ihn in große Städte wie Köln oder Zürich. Für Frank Schweitzer steht fest, dass auch kleine Gemeinden wie Gaienhofen mit knapp 3400 Einwohnern sich kaum in der Fläche ausdehnen können. „Das heißt, man muss in die Höhe und ein Geschoss mehr bauen.“
Für den Architekten brächte das mehrere Vorteile: „Das Bauen wird günstiger und damit das Wohnen.“ Es fehlten in Gaienhofen Drei- oder Vierfamilienhäuser mit Wohnungen zu 80, 100 und 120 Quadratmetern, „die auch für Einheimische bezahlbar sind“.
Seine Ideen und seine Person will Schweitzer in den vier Ortsteilen vor allem zu Fuß unter die Gemeinde bringen: „Mein Ziel ist es, an jeder Haustüre Grüß Gott zu sagen, damit mich jeder mal gesehen hat.“ Mit seinem Programm von Haus zu Haus will er in Gundholzen starten. Zusätzlich plant er noch Wahlkampfstände in den Ortsteilen. Auch will er das Gespräch mit Gemeinderäten und Vereinsvertretern suchen. Auf eigene Wahlkampfveranstaltungen in Gaststätten will Schweitzer verzichten: „Das passt wegen Corona nicht in die Zeit.“
Frank Schweitzer bekommt Unterstützung aus seinem privaten Umfeld. In seinem Wahlkampfteam arbeiten seine Lebensgefährtin Diane Kiesewetter, seine Schwester Gisela Heinzelmann und seine Mutter Waltraud Schweitzer mit. Waltraud Schweitzer ist als Ehrenvorsitzende und langjährige Vorsitzende der Frauenunion zumindest in CDU-Kreisen in der Region bekannt.
Frank Schweitzer möchte daraus für seine Kandidatur aber keine politische Prägung ableiten, er kandidiere „parteilos“ in Gaienhofen. „Eine gewisse Nähe zur CDU kann ich niemals leugnen, aber ich will für alle Parteien Ansprechpartner sein.“ Seine mangelnde Erfahrung aus der Verwaltung will er mit seinen Qualitäten als Manager kompensieren. „Auch traue ich mir zu, das fehlende Wissen anzueignen.“
Immer eine Tüte dabei
Gewappnet ist Frank Schweitzer auch, sollte er im Wahlkampf auf seine Hündin Mitzy angesprochen werden. Bei Ausgängen hat er immer eine Bauchtasche dabei, gefüllt mit Tüten und Leckerli. „Wir achten darauf, dass wir jedes Häufchen aufheben.“ Diese Einstellung teilt nicht jeder Hundehalter.
Schweitzer berichtet von eine privaten Schild am Fußweg zum See in Hemmenhofen, darauf stehe: „Rue de Kack.“ Nicht das Schild, der Anlass zum Aufstellen der Tafel ärgert Hundehalter Frank Schweitzer: „Es gibt genug Möglichkeiten, die Hinterlassenschaften dort zu entsorgen, wo das Zeug rein soll und rein muss.“ Der Kandidat mag da nicht wegschauen: „Ich würde jeden anhalten, das zu tun.“