Die Elternbeiträge für die ausgefallene Kinderbetreuung sollen von Oktober bis Februar erlassen werden. In der jüngsten Sitzung des Gemeinderats von Gaienhofen beschlossen die Räte, dass die Kommune die Beiträge aus dem zweiten Lockdown übernehmen soll. Laut Bürgermeister Uwe Eisch seien die Eltern aufgrund des Lockdowns und der Kinderbetreuung stark beansprucht worden und manche Familien von Betriebsschließungen, Kurzarbeit oder Einkommenseinbußen betroffen.
Das Land Baden-Württemberg finanziert 80 Prozent der entfallenen Beiträge. 20 Prozent übernimmt die Kommune, obwohl sie diese nach der Rechtslage erheben könnte. Uneinig zeigten sich die Räte zunächst beim Abrechnungsmodus für die Notbetreuung. Elternvertreter betreuter Kinder forderten eine tagesgenaue Abrechnung der beanspruchten Leistung anstelle der von der Verwaltung bevorzugten Wochenpauschale. Mit einer Mehrheit von zwei Drittel der Stimmen setzte sich die tagesgenaue Berechnung durch.
Der Gemeindeverband Höri errechnete für Gaienhofen und jeden einzelnen in Anspruch genommenen Tag der Notbetreuung eine Tagespauschale zwischen 4,75 und 14,58 Euro. „Bei tagesgenauer Abrechnung entspricht das einem Stundensatz zwischen 67 Cent und 2,08 Euro“, so Uwe Eisch: Demgegenüber stünden die Gesamtkosten für das Gebäude und die Heizkosten sowie Löhne der gesamten Betreuung, da die Gemeinde für ihre Mitarbeiter und Betreuer keine Kurzarbeit beantragen dürfe.
Bürgermeister Eisch bemängelt unfaire Lastenverteilung
Bürgermeister Eisch skizzierte ein Berechnungsmodell mit fünf Varianten für die Notbetreuung, die dann je nach individuellem Notbetreuungsfall auf Stundenpauschalen umgerechnet und angewendet werden müssten. Nicht nur einen immensen Verwaltungsakt kritisierte Eisch, sondern ebenso eine fehlende Fairness gegenüber Familien, die die Betreuung und Mehrbelastung auf sich genommen hätten, während Eltern betreuter Kinder weiterhin hätten erwerbstätig sein können. Er plädierte für wochenweise Abrechnung, wie sie auch in den Nachbargemeinden der Höri angewendet werden.
In der Aussprache der Gemeinderäte bestätigte Mechthild Biechele (CDU) eine ungenügende Relation von 67 Cent pro Betreuungsstunde zur Gesamtbelastung der Gemeinde für die Bereithaltung der Betreuung. Manche Eltern hätten jedoch mit schweren Bedingungen zu kämpfen. Zudem seien Arbeitgeber froh gewesen, wenn Mitarbeiter eine Notbetreuung für die Kinder in Anspruch nahmen und ihr Betrieb habe aufrechterhalten werden können. Sie plädierte wie Felix Lang (UBL) für eine stundengenaue Abrechnung.
Gemeinderat Klaus Sturm lehnt pauschale Urteile ab
Bürgermeister Eisch sieht in einer Neuberechnung im Nachhinein eine Ungerechtigkeit jenen gegenüber, die die Notbetreuung nicht in Anspruch genommen hätten: „Hätte ich das vorher gewusst, dann hätte ich mein Kind in die Betreuung gebracht“, vermutete er deren Reaktion. Klaus Sturm (Freie Wähler) erinnerte daran, dass eine Aufnahme in die Notbetreuung begründet sein müsse, nicht für jeden zugänglich gewesen sei und auch die Kindergartenleitung habe zustimmen müssen. Andere Gemeinden wie Radolfzell hätten eine stundenweise Abrechnung vorgesehen, so Sturm: Ein pauschales Urteil darüber, ob Eltern ihre Kinder bei besserem Wissen abgegeben hätten, könne man so nicht annehmen. Für alle Eltern sei es eine schwierige Entscheidung gewesen, wie sie verfahren sollten, so Sturm: Wenn die Gemeinde 20 Prozent erlasse, so solle sie ebenso auf eine taggenaue Abrechnung zugehen.
Gemeinderat Karl Amann zieht einen gastronomischen Vergleich
Kämmerer Sven Leibing hielt die Kosten der Gemeinde für die Kinderbetreuung von sieben Millionen Euro entgegen. Der Gemeinde entgingen nach dem Beschluss für die Kinderbetreuung inklusive Neuberechnung 28.000 Euro, rechnete Leibing vor. Laut Karl Amann (UBL) sei die Pandemie eine schwere Zeit für jeden – insbesondere für junge Eltern, die das Geld für die vermehrten Kosten bräuchten. Für Heiterkeit sorgte seine Argumentation, wie Gastronomen nach Bedarf die Größe ihrer Gerichte anpassten und gegebenenfalls übrig gebliebenes Speisen zum Mitnehmen verpackten. Der Gast bezahle genau das, was er bekomme, so sein Vergleich. Der Gemeinderat entschied sich nach der Aussprache mit zehn zu fünf Stimmen für die tagesgenaue Abrechnung.