Frau Korherr, wie sind Sie zur Kunst gekommen?
Petra Korherr: Ich denke, sie war schon immer da. Ich habe sie nur verfeinert und gepflegt, so wie man ein Instrument lernt oder eine Sprache.
Sie sind gelernte Malerin und Restauratorin.
Petra Korherr: Ja, das stimmt. Mit 18 Jahren habe ich im Handwerk begonnen, mit der Ausbildung zur Malerin und Lackiererin. Nach einigen Gesellenjahren kamen die Weiterbildungen Technikerin für Denkmalpflege und Altbauerhaltung, Restauratorin im Handwerk dazu. Im Sommer 2011 habe ich mich mit 39 Jahren selbstständig gemacht, als Einzelunternehmerin in Konstanz. Ich habe mir mehr künstlerische Aufträge gewünscht und mich gefragt, ob mein Beruf das ist, was ich wirklich jeden Tag machen will. Wenn mich etwas interessiert, dann lerne ich gerne, deshalb sind noch mehrere Jahre an Fernstudien der Kunstwerkstatt Darmstadt dazugekommen. Nach diesen vier Jahren ist mir eines bewusst geworden: Zeichnen und Malen, das ist wie eine Sprache lernen. Man ist nie am Ende, man entwickelt stetig weiter.
Wann kam für Sie der berufliche Wendepunkt?
Petra Korherr: Gesundheitliche Einschränkungen und das große Bedürfnis, mich künstlerisch zu betätigen, haben mich wohl zu dieser Veränderung geführt. Und so habe ich mich mit 50 entschlossen, mein stärkstes Standbein zu kappen, mein Leben zu vereinfachen, mich auf das Nötigste zu reduzieren und mich auf die Gestaltung und Kunst einzulassen.
Das war mutig, denn neben einem großen Freiheitsgrad bringt das auch eine wirtschaftliche Unsicherheit mit sich.
Petra Korherr: Es gibt ein Zitat von Georgia O`Keeffe, das heißt: „Ich hatte in jedem Moment meines Lebens schreckliche Angst, und ich habe mich dadurch nie von einer einzigen Sache abhalten lassen, die ich tun wollte.“ Diesen Satz konnte ich gut nachvollziehen, als ich das Gewerbe abgelegt hatte und ins Freiberufliche gewechselt bin. Auf diesem Weg, der manchmal recht steinig ist, trifft man jedoch immer wieder Menschen, die einem weiterhelfen Vieles zu ermöglichen. Dafür bin ich sehr dankbar und deshalb ist es für mich eine große Freude, zum ersten Mal in der jungen Galerie im Hegau-Jugendwerk ausstellen zu dürfen!
Wie kam es dazu, dass Sie dort ausstellen?
Petra Korherr: Ich hatte schon zuvor einen Platz gesucht, an dem ich meine Upcycling-Bilder einfach mal aufhängen dürfte. „Aus der Truhe an die Wand“, so einfach, hatte ich gedacht. Man glaubt jedoch nicht, wie schwierig es ist, seine Werke der Öffentlichkeit präsentieren zu dürfen – selbst dann, wenn man sich derweilen bereits einen Namen in der Region gemacht hat. Ich hatte in der Zwischenzeit so viele Absagen oder Nichtantworten gesammelt, dass ich eigentlich schon einen Haken hinter die Sache gemacht hatte. Dann habe ich Nadine Karker kennengelernt, die die ‚Junge Galerie‘ am Hegau-Jugendwerk leitet und dort auch als Kunsttherapeutin arbeitet. Was soll ich sagen, wenn sich zwei Kreative treffen, dann gibt es meistens automatisch ein Match. Nadine hat mir von ihrer Arbeit erzählt und ich ihr von meinen Projekten. Alles Weitere ist ein Selbstläufer gewesen. Die Galerie dann auf den Weg zu bringen, war einfach, da ich die Bilder ja schon „im Kasten“ hatte.
„Das Malen als Lebenselixier“, so heißt diese Ausstellung, in der Sie den Upcycling-Gedanken aufgegriffen und künstlerisch umgesetzt haben. Worum geht?
Petra Korherr: Eigentlich handelt es sich ja um Müll. Meine Idee für das Upcycling war: Ich schaue mal, was ich gerade an Material habe und was ich daraus machen kann, denn ich wollte Ressourcen sparen und nachhaltig leben. Nachhaltig passt auch zu dem, was ich beruflich mache, nämlich die Restaurierung, in der es darum geht, Dinge zu erhalten, zu bewahren. Insofern lag dieser künstlerische Aspekt nah. Letztendlich machte ich dann bei der Umsetzung die Erfahrung, dass es sich auf alten Verpackungen hervorragend malt und es sich einfach leichter und freier anfühlt.
Wie geht es für Sie weiter, was ist geplant?
Petra Korherr: Nächstes Jahr habe ich meine zweite Ausstellung im Freilichtmuseum Neuhausen ob Eck. Da darf ich acht großformatige Bilder zeigen, die alle mit dem Museum zu tun haben.
Wen möchten Sie mit Ihrer Kunst erreichen?
Petra Korherr: Ich möchte jeden erreichen, der gerne kreativ ist und sieht, was man alles bemalen kann. Verpackungen sind so tolle Malgründe, man kann so viel damit anstellen, ohne die Blockade des weißen Blattes oder der leeren Leinwand zu haben. Bei einer Ausstellung denkt man immer, sie dient dazu, dass viele Bilder verkauft werden. Das ist natürlich wünschenswert! Es geht jedoch auch um das Zeigen, Publizieren, Teilen und Inspirieren. Kunst lebt davon, dass der kreative Funke weitergetragen wird. Erst neulich wurde ich angesprochen, dass meine Schriftwandgestaltung in einem Hausflur dazu angeregt hat, einen Spruch auf die Schlafzimmerwand zu schreiben. Das hat mich sehr gefreut. Wem das dann doch zu aufwendig ist, dem kann ich gerne weiterhelfen.