Das Jüdische Museum in Gailingen hatte unter dem Titel „So fern – so nah: Die Gailinger Megille auf einer Landkarte jüdischer Musik“ zu einem Nachmittag mit Liedern und Texten eingeladen. Jutta Bogen (Violine, Gesang, Gitarre) und Claudia Rohrhirs (Erzähler) präsentierten Texte unter anderem von Berty Friesländer-Bloch (geboren 1896 in Gailingen, gestorben 1993 in St. Gallen).
Sie ließen – umrahmt von Geschichten aus dem dörflichen Leben – in ihren Darbietungen tanzende Mädchen vorüberziehen, Burschen und Mädchen ihre Tanzkreise ziehen, aber auch den Schulmeister auferstehen, der den Kindern den Aleph-Beys (das Alphabet) beibrachte. Neben Gebetsmelodien, romantischen Abschiedsmelodien und traditionellem Repertoire wie dem Chanukka-Lied „Drey Dreydl“ war auch die jiddische Fastnacht (Purim) ein Grund zum ausgelassenen Feiern und Singen.
„Lasst uns fröhlich sein“ – „Hava nagila ve‘nismecha“ – ist wohl eines der bekanntesten Lieder, wozu man die israelische Hora (Reigen- oder Kreistänze, vorwiegend aus den Balkanstaaten stammend) tanzt. Die beiden Künstlerinnen beeindruckten bei ihrem geschlossenen, stimmigen Programm mit musikalischem Einfühlungsvermögen und darstellerischer Erzählkunst.
Dadurch zeichneten sie das jüdische Leben, wie es sich früher in Gailingen abgespielt haben könnte, nach: Im 19. Jahrhundert betrug der Anteil der jüdischen Bevölkerung in Gailingen mehr als 50 Prozent. Damit war Gailingen der Ort in Baden-Württemberg mit dem höchsten Prozentanteil an jüdischen Einwohnern. Noch heute ist Gailingen ein Bezugsort zahlreicher Nachfahren ehemaliger jüdischer Gailinger. Hier und in jüdischen Gemeinden auf der ganzen Welt werden Traditionen, Feste, Texte und Lieder bewahrt und gepflegt. Von den Besuchern wurde der eindrückliche musikalische Nachmittag mit viel Beifall bedacht.
Mehr Informationen über das frühere und heutige jüdische Leben in Gailingen und über künftige Veranstaltungen dazu gibt es auf der Internetseite des Jüdischen Museums unter der Adresse www.jm-gailingen.de