Geschichtlich Interessierten ist die kleine Hochrheingemeinde auch bekannt, weil sie ein hervorragendes Museum zur jüdischen Geschichte hat. 5000 Leute besuchen die im sogenannten Bürgerhaus, dem ehemaligen jüdischen Schulhaus und Bezirksrabbinat, beheimatete Einrichtung jährlich. Hier wird nicht nur die Ortsgeschichte der einst großen und bedeutenden jüdischen Gemeinde aufgearbeitet, sondern auch die jüdische Historie der Region.
Nun bekommt der hinter dem Museum als Träger stehende Verein für jüdische Geschichte Gailingen Erweiterungsflächen zur Verfügung gestellt: Zukünftig kann das Museum laut Gemeinderatsbeschluss die beiden Hauptgeschosse des Hauses ganz für sich alleine nutzen.
Kinderhort zieht aus, deshalb wird Erdgeschoss frei
Möglich macht das der Auszug des Kinderhortes aus dem Erdgeschoss. Es gab Pläne, dort die Gemeindebücherei einziehen zu lassen. Sie ist in angemieteten Räumen untergebracht. Der Versuchung, diese 7000 Euro Mietkosten einzusparen, ist der Gemeinderat trotz der knappen Finanzen nicht erlegen. Wie sich bei der Diskussion über die künftige Nutzung der freiwerdenden Räume zeigte, ist er sich des Alleinstellungsmerkmals sehr bewusst, das das Museum dem Ort gibt.
Die Fraktionssprecher der Sozialökologischen Liste und der Freien Wähler kündigten zwar an, dass es in ihren Reihen bezüglich der Nutzung geteilte Meinungen gebe. Trotzdem folgte das Gremium mit lediglich zwei Stimmenthaltungen dem Antrag der CDU/UWG und dem inhaltlich gleichlautenden Plädoyer von Bürgermeisters Thomas Auer, die freiwerdenden Räume dem Museum zuzuschlagen.
Ein notwendiges und wichtiges Signal in Zeiten eines immer stärker aufkommenden Antisemitismus, so sinngemäß der Antragsteller Ingbert Sienel. Das Gemeindeoberhaupt, auch stellvertretender Vorsitzender des Trägervereins, strahlte angesichts des Abstimmungsergebnisses. Auer forderte aber auch im Hinblick darauf, dass sich der Verein zu großen Teilen auf das überragende Engagement des ehrenamtlichen Leiters Joachim Klose stütze, die aktive Mitarbeit aller Vereinsmitglieder ein.
Dass die Einrichtung auch weit über den Ort hinausstrahlt, drücke auch die Förderung durch den Landkreis Konstanz aus, merkte Gailingens Ex-Bürgermeister und Vorsitzender des Vereins für jüdische Geschichte, Heinz Brennenstuhl, in seinen Dankesworten an. Wenn sich die Träger auch weiter auf die Unterstützung der Gemeinde verlassen könne, wenn man mit vereinten Kräften das Museum weiter entwickle, dann tue man Gutes für Gailingen.

Die jüdische Geschichte des Ortes – sie sei nicht nur Holocaust und Vernichtung. Sie sei auch ein Beispiel für ein gutes jüdisch-christliches Miteinander über lange Zeiträume: „Wir können hier Kindern und jungen Leuten zeigen, dass Toleranz und gegenseitiges Verständnis ein gutes Zusammenleben möglich machen.“ Die neuen Räume sollen nun für Vorträge und als Gruppenarbeitsraum für Schulklassen verwendet werden.