Wie sind Sie als erfahrener Musiker, der weltweit konzertiert hat, überhaupt zur Musik gekommen?

Das weiß ich noch ganz genau. Ich war erst acht Jahre alt und wollte unbedingt Trompete spielen. Ich ging in Ungarn zur Schule, dort war der Besuch einer Ganztagesschule üblich. Man durfte dort verschiedene Musikinstrumente ausprobieren. Damals hieß es, ich sei nicht für die Trompete geboren, denn dafür brauche man dünne Lippen. Ich aber hatte kräftigere Lippen, deshalb wollte man mir die Posaune aufdrücken. Doch ich wusste damals schon, dass es unbedingt die Trompete sein sollte. Und den Musikunterricht am Nachmittag nutzte ich liebend gerne, um der Hausaufgabenbetreuung zu entfliehen.

Seit Jahresbeginn sind sie Leiter der Jugendmusikschule Westlicher Hegau. Können Sie nach den ersten Wochen im Amt schon ein Fazit ziehen?

Ja, das kann ich. Denn eigentlich bin ich seit August derjenige, der die Musikschule leitet. Erst als stellvertretender und kurz darauf auch als kommissarischer Schulleiter. Mein Vorgänger hatte die Musikschule nach kurzer Zeit im Amt wieder verlassen. Besonders beeindruckt mich die Kooperationsbereitschaft der Trägergemeinden Gailingen, Gottmadingen, Hilzingen und Rielasingen-Worblingen. Man trifft dort immer auf offene Ohren. Außerdem begeistert mich, mit welchem Elan und mit welcher Begeisterung meine Lehrerkollegen die Herausforderung der Pandemie angenommen haben und voranschreiten. Gemeinsam mit unseren Schülern tragen wir die Jugendmusikschule durch diese Zeit, die von der Corona-Pandemie geprägt ist.

Sie unterrichten bereits seit zwei Jahrzehnten an der Schule. Wie war das am Anfang?

Ehrlich gesagt hatte ich als junger Musiker nie gedacht, mal in einer Musikschule zu unterrichten. Im Jahr 1996 gewann ich in Berlin einen angesehenen Preis eines bundesweiten Hochschulwettbewerbes. Danach öffneten sich mir viele musikalische Türen zwischen Berlin und Singapur. Ich war auf internationalen Bühnen ein gefragter Musiker, lebte aus dem Koffer und kam nur nach Hause, um meine Fracks und Anzüge reinigen zu lassen. Dann lernte ich meine Frau, die ebenfalls Musikerin ist, kennen. Bei der Musikschule begann ich dann mit einem sehr geringen Stundendeputat und konzertierte weiterhin. Irgendwann machte ich dann Schluss mit dem Konzertleben und entschied mich für ein sesshaftes Leben mit meiner Frau, meiner Familie und einem steigenden Deputat bei der Jugendmusikschule.

Wie gehen Sie mit der Situation um, vom Kollegen zum Chef geworden zu sein?

Diesbezüglich hat sich kaum etwas verändert. Meine freundschaftliche Beziehung zu meinen Kollegen ist geblieben. Ich weiß ganz genau wie meine Freunde und Kollegen denken, welche Erwartungen sie haben, was sie brauchen und wie schnell sie es brauchen. In meiner neuen Position werde ich von Susanne Riedel und Claudia Speichinger in der Verwaltung und in allen Berreichen hervorragend unterstützt. Auch steht mit der erste Vorsitzende der Musikschule, Franz Moser, immer mit Rat und Tat zur Seite. Ich stehe immer für jeden bereit und setze auf einen offenen Dialog. Dabei empfinde ich Kritik stets positiv, denn diese kann zur Verbesserung führen.

Corona reduziert Möglichkeiten, sich öffentlich zu präsentieren. Merken Sie das bei der Entwicklung der Schülerzahlen?

Selbstverständlich merken wir das. Es gibt mehr Abmeldungen und wenig neue Schüler. Dabei ist es gerade jetzt wichtig, dass die Kinder musizieren und unterrichtet werden. Auch wenn dies im Moment nur online möglich ist. Gerade in dieser Zeit ist es notwendig, dass sich Kinder weiter entwickeln und man sie musikalisch fördert. Dabei ist es nicht das Wichtigste, einen Ton perfekt zu spielen, sondern sich selbst kennen zu lernen und auf diesem Weg seine eigene Persönlichkeit zu entwickeln. Musikalische Bildung ist etwas, das bleibt. Und egal, ob ein Kind in seinem späteren Leben einen musikalischen Weg beschreitet oder nicht, die Saat wurde gesät.

Musikunterricht und ein Instrument kosten Geld. Ist es also privilegierten Schülern vorbehalten, die Musikschule zu besuchen?

Auf keinen Fall. Musik ist kein Luxus, sondern eine Notwendigkeit. Das erkannten auch die Trägergemeinden. Familien, die finanziell nicht so gut aufgestellt sind, können einen Sozialpass erhalten. Damit wird ein Großteil der Kosten übernommen. Auch gibt es Musikvereine, die Musikschüler unterstützen. Denn die Vereine haben auch Interesse daran, unsere musikalische Kulturlandschaft zu hegen und zu prägen.

Was kann Musik in uns bewirken?

Die Musik und das Musizieren können die Menschen positiv beeinflussen. Und wie ich als Mensch bin und mich gebe, beeinflusst meine Umgebung in vielen Dingen. Und für mich ist eines klar: durch Musik ist eine positive Veränderung möglich.

Fragen: Sandra Bossenmaier