Die Folgen des Ukraine-Krieges sind längst schon in der Region angekommen. Abzulesen an den hohen Preisen an den Tankstellen oder auf den Rechnungen von Heizöllieferanten, um nur einige Begleiterscheinungen in vielen Lebensbereichen zu nennen. Umso mehr gewinnen Pläne im 300-Einwohner zählenden Gottmadinger Ortsteil Ebringen eine große aktuelle Bedeutung. Das Dorf soll unabhängig von Energie-Rohstoffexporten, wie Gas aus Russland, Wärme aus der unmittelbaren Umgebung beziehen können. Auch wesentlich preisgünstiger. Und dies langfristig. Die Pläne für ein Bioenergiedorf hat nun die Gemeinde Gottmadingen mit dem beauftragten Projektierer Clean Energie aus Radolfzell bei einer Einwohnerversammlung im alten Schulhaus von Ebringen vorgestellt. Das Interesse der Bürger war groß und der Saal mit gut 50 Menschen voll besetzt. Bereits vor etlichen Jahren gab es Bestrebungen, über die Biogasanlage eines Landwirtes die Bewohner mit erneuerbarer Energie zu versorgen. Sie scheiterten aber an mangelnder Beteiligung.

Das könnte Sie auch interessieren

Die soll aber nun auch durch die veränderten Vorzeichen weitaus besser ausfallen. „Wir benötigen eine Anschlussquote von etwa 50 Prozent der etwa einhundert Häuser von Ebringen, damit sich der Anschluss an das Wärmenetz der Biogasanlage von Landwirt Heinz Streit trägt“, erklärte Jörg Dürr-Pucher, Geschäftsführer von Clean Energie. Das Projekt lebe vom gemeinschaftlichen Mitmachen, betonte er. Eine geringere Beteiligung sei auch möglich, wenn sie verdichtet in Wohngebieten zustande käme.

Eine Fragebogen-Aktion der Gemeinde Gottmadingen soll nun einer ersten Runde das Interesse der Ebringer an einem gemeinsamen Wärmenetz zeitnah ermitteln. In der Folge können sich Bürger über die kreisweite Energieagentur kostenlos darüber beraten lassen, wie sie ihre Häuser und Wohnungen effizienter beheizen können. Außerdem sollen Haubesuche über eine mögliche Teilnahme am Wärmenetz informieren. „Bis zum Sommer wollen wir ein erstes Stimmungsbild bekommen, um dann in Ebringen weitere Informationsveranstaltungen zum Thema anbieten zu können“, sagte der Gottmadinger Bürgermeister Michael Klinger.

„Bis zum Sommer wollen wir ein erstes Stimmungsbild bekommen, um dann in Ebringen weitere Informationsveranstaltungen zum Thema ...
„Bis zum Sommer wollen wir ein erstes Stimmungsbild bekommen, um dann in Ebringen weitere Informationsveranstaltungen zum Thema anbieten zu können“, sagte der Gottmadinger Bürgermeister Michael Klinger. | Bild: Trautmann, Gudrun

„Das Nahwärmenetz und die Möglichkeit, die Anschlüsse mit schnellen Internetleitungen verlegen zu können, würde das Dorf stark aufwerten“, sagte Dürr-Pucher. Dazu biete auch die geplante Komplett-Erneuerung der Thaynger Straße als Haupttrasse für das Netz der Wärmeleitung eine große Chance. Die Kombination mit der Verlegung der Leitungen für das Wärmenetz spare auch Kosten. „Gerade in der jetzigen Zeit spüren wir eine deutliche Veränderung auf dem Energiemarkt und dessen großer Abhängigkeit von den Exporten und politischen Lagen. Er habe etliche Wärmeprojekte gemacht und sei auch schon beim Singener Energie-Unternehmen Solarcomplex tätig gewesen, so Dürr-Pucher. Es gebe mit dem Bio-Energie-Dorf in Gottmadingen-Randegg gute Erfahrung. Ein neues Programm des Bundes plane eine starke Förderung für Abnehmer von Bioenergie.

„Wir benötigen eine Anschlussquote von etwa 50 Prozent der etwa einhundert Häuser von Ebringen, damit sich der Anschluss an das ...
„Wir benötigen eine Anschlussquote von etwa 50 Prozent der etwa einhundert Häuser von Ebringen, damit sich der Anschluss an das Wärmenetz der Biogasanlage von Landwirt Heinz Streit trägt“, erklärte Jörg Dürr-Pucher, Geschäftsführer von Clean Energie | Bild: Jarausch, Gerald

Langfristige Verträge über eine Laufzeit von mindestens zehn Jahren mit dem Energie-Lieferanten sorgten auch für eine gute Preissicherheit. Es seien festgelegte, moderate jährliche Erhöhungen von 2,5 bis 4 Prozent vorgesehen, betont Dürr-Pucher. Monatliche Abschlagszahlungen, die je nach Wärmeverbrauch in den Jahreszeiten differieren, stünden unkalkulierbaren großen Schwankungen und zu erwartenden weiteren kräftigen Preiserhöhungen für fossilen Energiebezug entgegen. Auch im Anschluss an die Verträge könnten bis dahin zu erwartender neuen Formen von sauberer Energie genutzt werden, wie über Wärmepumpen. Durch das lokale Wärmenetz bleibe die Wertschöpfung in der Region.

„Wir können und Maßnahmen in den Bereichen Erneuerung der Wärmeversorgung und -verteilung sowie Klimaanpassung im Wohnumfeld benennen und auf den Weg bringen“, so Dürr-Pucher. Dazu gehöre auch das direkte Gespräch als Hausbesuche.

Ein Fragesteller übte etwas Skepsis darüber, ob genug Ebringer beim Bioenergiedorf mitmachen wollen. „Es muss ein Gemeinschaftsgeist herrschen. Auch im Blick auf die weitere Zukunft“, betonte Dürr-Pucher. Er verwies als positives Beispiel auf das Bioenergiedorf im Hilzinger Stadtteil Schlatt am Randen, bei dem auch durch eine starke Werbung des Ortschaftsrates 86 Prozent der Hausbewohner an das Netz angeschlossen worden seien.

Das könnte Sie auch interessieren

„Bis über den Sommer soll eine Entscheidung darüber fallen, ob genügend Ebringer mitmachen und das Projekt umgesetzt werden kann“, sagteBürgermeister Michael Klinger. Dann müsse die Entscheidung des Gemeinderates erfolgen, um die Verträge mit dem Landwirt Heinz Streit abzuschließen und nötige Ausschreibungen vorzunehmen. Das Bioenergiedorf, vorausgesetzt die Voraussetzungen dazu sind geschaffen, soll im Jahr 2024 stehen.