Wenn zur Gemeinderatssitzung Besucherstühle hereingetragen werden müssen, dann ist in Gottmadingen Dampf im Kessel. Dieses Mal waren es Bürgerinnen und Bürger aus Randegg und Petersburg, die sich auf den Weg in die Sitzung gemacht hatten, um ihrem Unmut gegen ein Projekt zwischen den beiden Ortsteilen Gehör zu verschaffen. Es geht um die Planung der Freiland-Solaranlage Ruthwiese auf einer Fläche von 5,6 Hektar, die die Gemüter erhitzt. Mit nur 70 Metern Abstand zur Ortsrand-Bebauung sehen sich die Anlieger in Randegg durch das technische Bauwerk stark bedrängt.

Auch wenn die Planung den bestehenden Verbindungs- und Wirtschaftsweg erhalten will, kritisieren die Bürger den starken Eingriff in das Landschaftsbild und vor allem die Zerstörung ihres Naherholungsgebietes. Mit einer Petition wollen sie das Vorhaben abwenden.

Weil es für diesen Solarpark keine Förderung nach dem Erneuerbaren-Energie-Gesetz (EEG) gibt, bezweifeln die Kritiker den ökologischen Wert dieser geplanten Anlage. „Es ist ein reines Ökonomie-Projekt“, sagt Dieter Schellig, dessen Grundstück nur durch die Biber, den Ufersaum und einen Radweg von dem Park getrennt wäre. „Einfach nur Energie zu erzeugen, während Windräder mangels Netzkapazität abgeschaltet werden müssen, ist nicht mehr sinnvoll.“

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Als Revoluzzer will er nicht gesehen werden. Und auch sein Nachbar Eduard Ludigs bekennt sich grundsätzlich zur ökologischen Energiewirtschaft. Er verweist auf eine eigene Solaranlage auf seinem Hausdach. „Ich will nicht als undemokratisch wahrgenommen werden“, sagt er. Den meisten Dorfbewohnern sei aber bisher nicht klar, wie groß die Anlage ausfallen werde. Ludigs nutzte die Fragestunde zu Beginn der Ratssitzung, um die Argumente der Petenten vorzutragen. Dass die Gruppe sich so spät in die Diskussion eingeschaltet habe, liege daran, dass man nicht intensiver in die Debatte einbezogen worden sei.

Verwaltung befasst sich seit 2021 mit dem Thema

Diesen Vorwurf wollte Bürgermeister Michael Klinger nicht auf der Verwaltung sitzen lassen. Durch ein Vorgespräch in Randegg war er auf die Einwände vorbereitet. Entsprechend hatte er den Verlauf der gesamten Diskussion um die Suche nach geeigneten Flächen für Freilandsolaranlagen in Gottmadingen noch einmal recherchiert und eine Timeline erstellt. Anhand von SÜDKURIER-Artikeln zeigte er, dass sich der Gemeinderat bereits seit Mitte 2021 intensiv mit dem Thema befasst.

Weil die Gemeinde sich zum Ziel gesetzt hat, zwei Prozent ihrer Gemarkungsfläche für die Erzeugung erneuerbarer Energie auszuweisen, hatte man elf Gebiete genauer untersucht. Klinger beschrieb den Abwägungsprozess. Dabei spielten technische Fragen, wie der Abtransport des erzeugten Stroms, die Verfügbarkeit der Grundstücke und Trinkwasserschutz ebenso eine Rolle wie die gerechte Verteilung auf die Ortsteile.

Andere Gebiete fielen aus der Auswahl

Ebringer Landwirte hatten sich frühzeitig in die Diskussion eingeschaltet und einen Kompromiss erzielt. Gebiete in Bietingen fielen aus der Planung heraus, weil die Schweizer EKS die anfangs versprochene Netzkapazität stornierte. In Murbach wurde der Trinkwasserschutz zum Ausschlusskriterium. Dafür kam ein Grundstücksangebot aus dem Katzental dazu.

Dieter Schellig räumt ein, dass die Randegger wegen der Nähe zur Bebauung und der fehlenden EEG-Förderung geglaubt hatten, dass die Ruthwiese für eine Freiland-Solaranlage ungeeignet sei. Doch darin hatte man sich getäuscht.

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Mit ihrer Petition und 286 Unterschriften versuchten die Bürger nun, ihr böses Erwachen zu kompensieren und den Bau des Solarparks abzuwenden. Ihr Argument ist auch, dass ein solches Projekt die Zustimmung der Bevölkerung benötige. Die neuerliche Diskussion im Gemeinderat ging jedoch in die andere Richtung.

Stadtplanerin Olga Gozdzik erläuterte die Abwägung der Einsprüche von Behörden und Trägern öffentlicher Belange. Außerdem trug sie die Stellungnahmen der Naturschutzbehörde sowie den Umweltbericht vor, sodass die Gemeinderäte bei einer Enthaltung und einer Neinstimme mit großer Mehrheit dem Satzungsbeschluss zustimmten. Dem vorangegangen war ein Aufstellungsbeschluss für den Bebauungsplan, dessen Offenlage im vergangenen November endete. Mit dem Satzungsbeschluss wurde das Bebauungsplan-Verfahren nun beendet.

Satzungsbeschluss ist kein Baubeschluss

Michael Klinger stellte gegenüber der Öffentlichkeit klar, dass die Abstimmung über die Satzung noch kein Baubeschluss ist, sondern nur das Ende des Bebauungsplan-Verfahrens darstellt. Ob der Solarpark gebaut werde, hänge von der Wirtschaftlichkeitsberechnung ab. „Die Kommunale Solarpark GmbH & Co.KG wird die Anlage nicht bauen, wenn sich der Strom nicht verkaufen lässt“, sagte er. Angesichts der sinkenden Strompreise könnte das schwierig werden.

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Johanna Schildknecht (FWG) fragte, ob es überhaupt realistisch ist, dass die Anlage gebaut werde. „Wir sind nicht auf der Suche nach einem Investor“, sagte Klinger. „Die Entscheidung fällt nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten. Und wenn, dann wollen wir das Projekt mit der Kommunalen Solarpark GmbH realisieren.“ Sowohl Bernd Gassner (SPD), als auch Bernd Schöffling (CDU) räumten ein, dass so eine Anlage „für die Betroffenen nicht schön ist“. Beide sehen aber auch die Notwendigkeit zur Energie-Transformation.