„Depp“ ist noch die harmloseste Beschimpfung, die Thomas Abendroth sich in der laufenden Saison anhören musste. Die schlimmen Beleidigungen will der Schwimmmeister des Engener Erlebnisbades nicht wiederholen. Gefallen lässt er sich solche Entgleisungen allerdings nicht. Wer krass gegen die Badeordnung oder Regeln des Anstands verstößt, fliegt raus. „Zum Glück haben wir da die volle Rückendeckung von der Gemeinde“, lobt Abendroth die Verwaltung. Er ist froh um das Vertrauen des Bürgermeisters in die Bädermannschaft.

Sie sorgen für Ordnung und Sicherheit im Erlebnisbad: Das Schwimmmeister-Team (von links) Heiko Wildner, Sven Ackermann und Thomas ...
Sie sorgen für Ordnung und Sicherheit im Erlebnisbad: Das Schwimmmeister-Team (von links) Heiko Wildner, Sven Ackermann und Thomas Abendroth. | Bild: Jürgen Waschkowitz

Drei Schwimmmeister tun in Engen ihren Dienst. An heißen Tagen mit 3000 Besuchern wird jeder gebraucht. Allerdings werden die Fachleute am Beckenrand immer öfter als Streitschlichter benötigt. „Wir stellen fest, dass sich die Reizschwelle bei einigen Badegästen in den vergangenen zwei Jahren verschoben hat“, sagt Abendroth. Und er betont ausdrücklich, dass die Streithähne aus allen Bevölkerungsgruppen kommen.

An drei oder vier heißen Tagen hintereinander steige der Aggressionspegel mit dem Thermometer. „Da rastet ein Vater aus, weil sein Sohn nicht augenblicklich vom Drei-Meter-Turm springen kann“, erzählt der Schwimmmeister. „Wir öffnen den Sprungturm im 30-Minuten-Takt.“ Eine Gruppe habe eine Woche lang Theater im Bad gemacht, indem sie immer wieder mit Straßenkleidung ins Becken sprang. Am Ende gab‘s Hausverbot.

Am Ende droht Hausverbot

Bisher haben die Verantwortlichen im Engener Bad trotz mancher Anfeindung noch nicht das Handtuch geworfen. In Gottmadingen sieht es da schlechter aus. Schon vor ein paar Wochen hatte ein Schwimmmeister gekündigt. Das riss auch eine Lücke in die Öffnungszeiten, plötzlich war das Höhenfreibad wieder am Montag geschlossen. Eine zweite Kündigung folgte jetzt.

Zwei Kündigungen haben drastische Folgen

Bürgermeister Michael Klinger erklärt diese Kündigungswelle mit den wachsenden Konflikten unter den Badegästen sowie deren Respektlosigkeit gegenüber den Personal im Höhenfreibad. Er selbst habe im Bad einen Konflikt zwischen zwei Vätern beobachtet, der entbrannte, weil sich zwei Kleinkinder um ein Spielzeug stritten. Wenn die Schwimmmeister die Gäste an die Regeln im Bad erinnerten, seien sie aufs Übelste beschimpft worden.

Das könnte Sie auch interessieren

Die zweite Kündigung trifft die Gemeinde hart und wirkt sich drastisch auf die Öffnungszeiten aus. Leidtragende sind die friedlichen Badegäste, die morgens ihre Bahnen ziehen wollen. Wie bereits berichtet, bleibt das Höhenfreibad bis auf sonntags an den Vormittagen geschlossen. Inhaber von Saisonkarten können sich einen Teil der Kosten erstatten lassen. Der Preis für die Einzeleintritte bleibt gleich. Die Mitarbeiter im Bad wollten sich zu der Situation nicht weiter äußern.

„Wir wollen verhindern, dass die verbliebenen Mitarbeiter weiter überlastet werden.“ Michael Klinger, Bürgermeister Gottmadingen
„Wir wollen verhindern, dass die verbliebenen Mitarbeiter weiter überlastet werden.“ Michael Klinger, Bürgermeister Gottmadingen | Bild: Trautmann, Gudrun

Reduzierte Öffnungszeiten auch wegen Streitigkeiten

Und Michael Klinger erklärt: „Ich stelle mich schützend vor das Personal. Wir wollen verhindern, dass die verbliebenen Mitarbeiter weiter überlastet werden.“ Schon im vergangenen Jahr hatte die Gemeinde Gottmadingen Probleme, genügend Personal für das Höhenfreibad zu finden. Auch damals mussten sich die Badegäste mit verkürzten Öffnungszeiten arrangieren. Allerdings waren die Einschnitte nicht so drastisch wie just zum Beginn der diesjährigen Sommerferien.

Das Familienbad Hilzingen hat sich zur Alternative für die Gottmadinger entwickelt.
Das Familienbad Hilzingen hat sich zur Alternative für die Gottmadinger entwickelt. | Bild: Ingeborg Meier

Ein Blick in die Nachbargemeinde Hilzingen zeigt, dass auch dort das Freibad nicht ganz von Konflikten unter den Badegästen verschont geblieben ist. Erst kürzlich musste die Polizei gerufen werden, weil vor dem Eingang zum Familienbad Kontrahenten handgreiflich geworden waren. Bürgermeister Holger Mayer berichtet von vier Fällen mit gewaltsamen Auseinandersetzungen im Bad. In den meisten Konflikten gelinge es dem Bäderteam um Rita Assir, den Streit zu schlichten.

„Es kann nicht Aufgabe des Bad-Personals sein, Konflikte zu schlichten.“ Holger Mayer, Bürgermeister Hilzingen
„Es kann nicht Aufgabe des Bad-Personals sein, Konflikte zu schlichten.“ Holger Mayer, Bürgermeister Hilzingen | Bild: Gemeinde Hilzingen

Personal sollte keine Konflikte lösen müssen

Mayer weiß aber, dass die Arbeit im Bad anspruchsvoller geworden ist. „Unsere Mitarbeiter arbeiten sehr hart“, sagt er. Besonders an den sehr heißen Tagen in den vergangenen Wochen kamen viele Badegäste. „Wenn andere Bäder ihre Öffnungszeiten reduzieren, kommen mehr zu uns“, sagt er. An sehr besucherträchtigen Tagen behelfe man sich mit Aufsichtskräften über Personaldienstleister. Bei krassen Verstößen gegen die Badeordnung oder Streit bekommen die betreffenden Besucher ein schriftliches Hausverbot. „Es kann nicht Aufgabe des Bad-Personals sein, Konflikte zu schlichten“, erklärt Holger Mayer.

Auch im Singener Aachbad müssen die Mitarbeiter immer häufiger die Polizei rufen, um Konflikte zu schlichten.
Auch im Singener Aachbad müssen die Mitarbeiter immer häufiger die Polizei rufen, um Konflikte zu schlichten. | Bild: Plessing, www.flugundbild.de

Mehr Blaulicht am Aachbad in Singen

Und wie sieht es im Singener Aachbad aus? „Tatsächlich haben sich die Polizeieinsätze im Aachbad erhöht“, antwortet der Pressesprecher der Stadt, Stefan Mohr. „Diese haben aber nur in wenigen Ausnahmefällen mit Gewalt zu tun.“ Es habe vereinzelte Streitereien unter Badegästen sowie eine größere Auseinandersetzung mit mehreren Personen am Anfang der Badesaison gegeben. Diese Vorfälle hätten sich aber im Verhältnis zu den Vorjahren nicht erhöht.

Das könnte Sie auch interessieren

Warum sieht man dann öfter Blaulicht vor dem Eingang des Bades? Die zunehmende Polizeipräsenz hänge damit zusammen, dass die Mitarbeiter angewiesen wurden, verstärkt die Polizei zu rufen, erklärt Mohr. „Leider ist ein erhöhtes Potenzial an aggressivem Verhalten einzelner Badegäste zu beobachten. Hierbei ist eine deutlich erhöhte Anzahl von Verstößen gegen die Badeordnung zu verzeichnen.“ Der Badebetrieb mit über 55.000 Badegästen werde davon aber nicht beeinträchtigt, so der Pressesprecher. Anders als in Gottmadingen, ist das Personal in Singen noch nicht von Bord gegangen.