Elisabeth Stauder

November und Dezember, die Monate, in denen im SÜDKURIER viele Berichte über die Konzerte der Musikvereine in der Raumschaft zu lesen sind. Doch in diesem Jahr ist dies wegen Corona nicht der Fall. Vier Monate gab es ab dem Frühjahr keine Probe. Die stehen seit Ende Oktober wieder still. Und auch alle Konzerte mussten abgesagt werden. Die Vereine befürchten durch die Entwicklung auch Probleme, Nachwuchs zu gewinnen. Die Musikvereine hatten in diesem Jahr auch fast keine Möglichkeiten, in der Öffentlichkeit zu musizieren.

Zwei große Jubiläumsfeste mussten ausfallen

Besonders hart hat es die Stadtmusik Engen und den Musikverein Weiterdingen getroffen. Sie wollten ihr 200- und 100-jähriges Bestehen entsprechend feiern, die Engener mit mehreren Veranstaltungen übers Jahr verteilt, die Weiterdinger mit einem viertägigen Zeltfest Anfang Mai. Einzig die Umrahmung des Gottesdienstes in der Stadtkirche am 1. Januar 2020 war in Engen möglich. Aber die weiteren vier Ereignisse, unter anderem nun auch das Jahreskonzert am 21. November, mussten ausfallen. Der Musikverein Weiterdingen hat sein Fest auf 2021 verschoben, aber der Vorsitzende Raphael Mayer hat derzeit wenig Hoffnung. „Ich bezweifle, dass wir Anfang Mai 2021 das Fest, in dessen Vorbereitung wir in anderthalb Jahren Arbeit investiert haben, durchführen können.“

Neue Ideen erfreuen Bewohner

Der Ausfall der Feste und damit kein Musizieren frustriert die Musiker zwar, aber lässt sie nicht in der Trübsal versinken. Neue Ideen entstanden. So haben die Weiterdinger, weil ihnen für die Gesamtproben der entsprechende Raum fehlte – die Wiesental-Halle wird saniert – statt Musikprobe auf verschieden Plätzen im Dorf Unterhaltungsmusik geboten. „Das kam bei den Einwohnern gut an und wir werden dies in den nächsten Jahren, hoffentlich unter normalen Verhältnissen, sicherlich wiederholen,“ erklärt Raphael Mayer. Die Engener Musikanten trafen sich nach Ende des Lockdowns im Frühjahr zu einem Open-Air auf dem Edeka Parkplatz. Aus offenen Autos wurden Märsche gespielt und ein Video davon gedreht, um die auch ins Internet zu stellen. Derzeit präsentiert die Stadtmusik an jedem Adventssonntag auf den sozialen Netz-Kanälen Facebook und Instagram musikalische Grüße zum Advent.

Zwei Auftritte hatte der Musikverein Schlatt am Randen. Neben der Begleitung der Kommunionkinder spielten sie einen Dämmerschoppen für ...
Zwei Auftritte hatte der Musikverein Schlatt am Randen. Neben der Begleitung der Kommunionkinder spielten sie einen Dämmerschoppen für die Gäste des Clubheims, wie das Archvbild zeigt. Alles unter Beachtung der Corona-Regeln.

„Unser Dirigent Joachim Mager hat die 60 Musiker in vier Gruppen zu ungefähr 15 Musikern eingeteilt und acht Stücke ausgewählt,“ schildert die erste Vorsitzende der Engener Stadtmusik, Susanne Post. „Die Musiker spielen mit Hilfe einer Tempo-Tonspur zu Hause die zwei Stücke, lassen sich dabei filmen und schicken dieses Video an meinen Mann Heiko Post. Er fügt die vielen Einzelvideos zu einem Video zusammen und stellt sie ins Internet“, berichtet sie. Und was ist für Weihnachten geplant? „Da wollen wir an Heiligabend ähnlich der Balkonmusik im Frühjahr jeder von zu Hause aus ‚Stille Nacht‘ gemeinsam spielen. Außerdem wird mit einer Kleingruppe ein Gottesdienst umrahmt,“ verrät Susanne Post. Dies ist auch in Weiterdingen und beim Musikverein Schlatt am Randen geplant.

Neue Uniform bleibt im Schrank

Mit zwei Proben und zwei Abenden zum Schmücken der Halle wären die Schlatter Musiker diese Woche gefordert gewesen. Am Samstag wäre ihr Weihnachtskonzert. Dort hätten sie dann endlich auch ihre neue Bekleidung zeigen können. „Jeder Musiker hat seit Mitte des Jahres eine neue Uniform im Schrank hängen, die wir noch nicht präsentieren konnten“, sagt Vorsitzender Alfons Zipperer. Es soll auch jetzt nicht sein.

So oder ähnlich hätten die Musiker/innen des MV Schlatt a.R. die Alpenblickhalle auch in diesem Jahr für ihr Weihnachtskonzert ...
So oder ähnlich hätten die Musiker/innen des MV Schlatt a.R. die Alpenblickhalle auch in diesem Jahr für ihr Weihnachtskonzert geschmückt. Doch kein Konzert – keine Deko.

Trotz fehlender Perspektive war der Probenbesuch bei allen angefragten Vereinen zufriedenstellend, aber große Sorge bereitet den Vereinen aktuell die Gewinnung von Nachwuchs, wie Jürgen Schröder stellvertretender Präsident des Hegau-Blasmusikverbandes (BHB) erläutert: „Das ist mehr als schwierig“. Seine Frau Birgit Schröder, Geschäftsführerin beim BHB ergänzt: „Wir konnten keine einzige Prüfung bei den Jungmusiker-Leistungsabzeichen durchführen.“ Der Blasmusikverband hat auch den Verbandstag im Frühjahr 2021 bereits wieder abgesagt. Ob die Hauptversammlung im Februar abgehalten werden kann, ist auch fraglich.