Heute ein Denkmal, zur Zeit der Erbauung umstritten: Im Paradies stehen seit 100 Jahren Palmenhaus und Gärtnerhaus. Nicht alle waren begeistert, als 1922 der Baubeschluss fiel und das Ensemble 1923 eröffnet wurde. Inzwischen ist es ein Juwel für alle, die Erholung suchen. Einigen Bürgern ist es zu verdanken, dass das Palmenhaus nicht verfallen ist.
Vor 100 Jahren spielte die Erweiterung des damaligen städtischen Gaswerks an der Schulthaiß-/Gottlieber Straße eine bedeutende Rolle für den Bau des Palmenhauses. Der damalige Leiter der Stadtgärtnerei, Emil Vollmer, plädierte für einen Schutz vor den Abgasen aus dem Gaswerk. Er regte an: Pflanzen sollten die Luft säubern. Er schlug vor, die Stadtgärtnerei in der Nachbarschaft auszubauen und eine angemessene Unterbringung für den Palmenbestand zu schaffen.
Das Projekt war damals umstritten: Kurz nach dem Ersten Weltkrieg herrschte Mangel. Es war schwierig, überhaupt Baumaterialien zu bekommen. In dieser Zeit sollte in Konstanz ein Zweckbau mit hohen gestalterischen Ansprüchen entstehen, die neue Stadtgärtnerei mit Verwaltungs- und Wohngebäude, das Palmenhaus, ein Kalthaus, und weitere Gewächshäuser, die heute nicht mehr stehen. Es gab Kritik, hier werde in wirtschaftlich schwieriger Zeit Verschwendung betrieben.
Der Bau verändert sich mit der Zeit
Der Stadtrat beschloss dennoch am 9. März 1922 den Neubau der Stadtgärtnerei mit Palmenhaus. Im Frühjahr 1923 wurde das Ensemble eröffnet. Der örtliche Denkmalschutz schreibt dazu heute: „Stilistisch lässt sich die Fassade des Gärtnerhauses mit seiner Pilastergliederung, den Rundbögen im Erdgeschoss und dem markanten Dreiecksgiebel in das Umfeld der konservativen Architektur der 1920er-Jahre einordnen.“
Trotz des schönen Anblicks: die Glasscheiben waren die Schwachstellen, dies geht aus einer Broschüre des städtischen Denkmalamts hervor. Bereits 16 Jahre nach dem Bau wurde das Glas des Palmenhauses erstmals überholt. 1963 kam es zum weitgehenden Austausch der Holzprofile durch Stahl.
Um 1990 erhielt der Südgiebel eine Konstruktion aus Aluminium. 2001 drohten wieder Glasscheiben abzustürzen. Das Material war verschlissen. Es ist einer Bürgerinitiative zu verdanken, dass das Palmenhaus denkmalgerecht saniert wurde, in Annäherung an das historische Erscheinungsbild.
Der Kampf um den Erhalt des Palmenhauses und des umgebenden Parks hatte 1995 begonnen. Damals wurde die Grenzbachstraße gebaut. Im Beschluss zur Planfeststellung war festgehalten, dass der Palmenhauspark als Ausgleichsfläche dienen soll. Bürger hatten dafür gekämpft, dass es so gekommen ist und dass der Park von Bebauungen frei gehalten wurde.
Bürger setzen sich für Sanierung ein
Neben der Bürgergemeinschaft Paradies wirkte zunächst die Gruppe der Lokalen Agenda 21. Diese war durch einen Aufruf der Stadtverwaltung entstanden. „Sie haben das Kind geboren, das sie hinterher nicht mehr wollten“, stellt einer der alten Haudegen, Erwin Enzensberger, fest. Später entstand auch der Förderverein Palmenhausareal/Paradies, der heute 104 Mitglieder hat. Die Agendagruppe kooperierte mit ihm.

Cornelia und Rainer Wedlich sowie Erwin Enzensberger berichten, dass die Bürger eigentlich die Stadt unterstützen wollten bei der Pflege des Areals. Doch tatsächlich sei es um das stetige Abwehren einer Überbauung des Geländes und das ständige Einfordern vertraglicher Vereinbarungen mit der Stadt gegangen.
Vorangetrieben vom früheren Oberbürgermeister Horst Frank wurde nach Ideen für Bauprojekte am Park gesucht, die der Öffentlichkeit dienen sollten. Die Agendagruppe und der Förderverein Palmenhausareal/Paradies verhinderten zusammen mit der Bürgergemeinschaft eine Bebauung.
Schließlich intervenierten Bürger erfolgreich, als es um die Sanierung des Palmenhauses ging. Denn ihnen ist es zu verdanken, dass die Deutsche Stiftung Denkmalschutz einen Großteil der Umbaukosten am historischen Ensemble trug. Erwin Enzensberger nahm Kontakt mit dem Landesdenkmalamt auf und bekam in einem Schreiben vom 7. August 2001 von der Freiburger Außenstelle folgende Auskunft: die Stadt Konstanz habe bis dahin, trotz guter Aussichten, keinen Antrag auf Bezuschussung der Sanierung gestellt. Bürger machten daraufhin Druck bei der Stadtverwaltung.
In einer Broschüre des städtischen Denkmalamts heißt es: „Entscheidend für Erhaltung und Zukunft des wertvollen Baudenkmales waren indes vor allem die Aktivitäten der Agenda-Gruppe Palmenhaus, welche letztlich die Initialzündung für die Instandsetzung gab und sich für die öffentliche Nutzung sowie die Freihaltung des unbebauten Umfeldes einsetzte.“ Rainer Wedlich bedauert, dass aus Kostengründen der damalige Vorschlag, dem Palmenhaus ein Solardach zu verpassen, nicht umgesetzt wurde.
Das bietet das Palmenhaus heute
Heute stehen der Park und das Palmenhaus mit seinen exotischen Pflanzen und dem Fischteich Besuchern offen. Im Haus sitzen der Bund für Umwelt und Naturschutz sowie die Deutsch-Tschechische Vereinigung. Der Förderverein Palmenhausareal/Paradies unter der heutigen Vorsitzenden Iris Frank trägt Sorge für das Ensemble und belebt es mit Veranstaltungen.
Ein Vereinsmitglied kümmert sich um die exotischen Pflanzen im Schauhaus. Dieses dient Besuchern außerhalb von Veranstaltungen als Oase der Stille. Sie habe dort schon Briefe geschrieben, berichtet etwa Cornelia Wedlich.
Im Sozialgebäude, das in den 1980er-Jahren entstanden war, hat das als Verein organisierte Café Mondial seinen Sitz. Engagierte arbeiten dort für die Begegnung der Kulturen. Seit vielen Jahren gibt es Pläne für einen Anbau direkt ans Palmenhaus als Ersatz für das marode Sozialgebäude. Aus finanziellen Gründen wurde dieses Vorhaben nie umgesetzt.