Corona reißt ein tiefes Loch in die Einnahmen der Stadt Konstanz. „Wir sind leider sehr nah an dem im April befürchteten Worst-Case-Szenario“, stellte Joachim Helff von der Stadtkämmerei fest, als er im Haupt- und Finanzausschuss (HFA) die Auswirkungen der Pandemie auf das aktuelle Haushaltsjahr erklärte.

Joachim Helff von der Stadtkämmerei Konstanz.
Joachim Helff von der Stadtkämmerei Konstanz. | Bild: Nikolaj Schutzbach

Ende April ging die Verwaltung im schlimmsten Fall von 29,4 Millionen Euro Verlust aus, die Juni-Prognose liegt bei 28,6 Millionen Euro.

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Wesentliche Ursachen: wahrscheinliche Ausfälle bei der Gewerbesteuer (11,5 Millionen Euro) und Einkommenssteuer (5,5 Millionen Euro). Außerdem wird mit 9,3 Millionen Euro weniger aus dem Finanzausgleich gerechnet.

Warum sich die Stadt dennoch kaum neuverschuldet

Weil die Stadt aber von Hilfspaketen durch Bund und Land profitieren wird sowie bei den Investitionen kräftig einsparen will, rechnet die Kämmerei für 2020 nunmehr mit einer Neuverschuldung von rund 2,5 Millionen Euro. Das Worst-Case-Szenario ließ knapp 21 Millionen Euro befürchten. Joachim Helff sprach daher von einem „vertretbaren Ergebnis, das aber nur bei einer Zustimmung für geplante Steuerungsmaßnahmen realisiert werden kann“.

Wie stark die Konstanzer Unternehmen von der Krise betroffen sind, zeigen eindrücklich 120 Anträge auf Stundung und 142 auf Herabsetzung der Vorauszahlung bei der Gewerbesteuer, die bisher bei der Stadt eingereicht wurden und ein Volumen von 3,6 Millionen Euro haben. Beim Finanzamt wurden weitere Herabsetzungen der Vorauszahlung über 9,7 Millionen Euro beantragt.

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Gewerbesteuer-Einbruch wird auch für die Folgejahre erwartet

Diese Entwicklung wird laut Stadtkämmerer Ulrich Schwarz nach 2020 nicht beendet sein: „Wir gehen auch in den kommenden Jahren nicht von den geplanten Gewerbesteuer-Einnahmen aus, das erwarten wir frühestens ab 2023.“ So rechne die Stadt für 2021 mit 35 statt 42 Millionen Euro.

Ulrich Schwarz ist seit Oktober 2017 Kämmerer der Stadt Konstanz.
Ulrich Schwarz ist seit Oktober 2017 Kämmerer der Stadt Konstanz. | Bild: Rau, Jörg-Peter

Ab August: Flächendeckende Budgetkürzung statt Haushaltssperre

Die Mitglieder des Ausschusses hatten darüber zu entscheiden, welche Maßnahmen die Stadt ergreifen wird. Ohne die finanzpolitische Steuerung, so die Auffassung der Verwaltung, würde sich die Neuverschuldung statt um 2,5 Millionen um 16,8 Millionen Euro erhöhen, „was aus Sicht der Kämmerei nicht tolerierbar ist“.

So wird zwar, vorbehaltlich der Abstimmung im Gemeinderat am 23. Juli, die derzeit geltende Haushaltssperre der Ämter Ende des Monats beendet. Stattdessen soll ihr Budget aber flächendeckend um 20 Prozent reduziert werden. Jan Welsch (SPD) sagte mit Blick auf Einsparmöglichkeiten einzelner Fachämter : „Die Haushaltssperre lässt hier mehr politische Steuerung als eine globale Budgetkürzung zu.“

Jan Welsch, Stadtrat der SPD Konstanz
Jan Welsch, Stadtrat der SPD Konstanz | Bild: Patrick Pfeiffer

Worauf Joachim Helff von der Kämmerei entgegnete: „Es handelt sich bei diesem Vorschlag um einen intelligenten Rasenmäher, durch den insgesamt 3,2 Millionen Euro eingespart werden sollen.“ Welches Amt später in welcher Höhe betroffen sein werde, sollte innerhalb der Verwaltung diskutiert werden.

Von einem Nachtragshaushalt soll dagegen abgesehen werden. Einzig die Höchstgrenze des kommunalen Kreditrahmens wird auf 56,5 Millionen Euro festgesetzt.

Pause für Investitionen soll 10,7 Millionen Euro freimachen

10,7 Millionen Euro gespart werden sollen durch eine Investionspause fürs laufende Haushaltsjahr. Laut Stadt bedeutet Pause: Die Planungen einzelner Projekte sollen fortgeführt und lediglich die Umsetzung auf einen späteren Zeitpunkt verlegt werden. Eine entsprechende Liste reicht über die Verschiebung des Aufzugbaus im Turm zur Katz über den Umbau des Alten Schulhauses in Dettingen bis zum Bau eines Quartierszentrums am Palmenhaus im Paradies.

Stadträte der Freien Grünen Liste (FGL) und der SPD machten deutlich, dass sie die Liste nur ungern in Gesamtheit absegnen und stattdessen über einzelne Projekte diskutieren wollten. So hielt es Till Seiler (FGL) für nicht angemessen, dass der Spielplatz am Bismarcksteig oder Verbesserungen beim Fuß- und Radwegenetz erst später umgesetzt werden.

Till Seiler, Stadtrat der Freien Grünen Liste Konstanz
Till Seiler, Stadtrat der Freien Grünen Liste Konstanz | Bild: SK

Dies sei in der aktuellen Situation das falsche Zeichen für die Bürger.

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Joachim Helff schob ein: Die Liste aufzuschnüren, würde zu nichts führen. Es werde immer Bereiche geben, die sich benachteiligt fühlen. Helff sagte auch, dass die Einsparungen für das Jahr 2020 nur ein Anfang sein können und die Maßnahmen für den Doppelhaushalt 2021/22 „noch wirklich wehtun werden“.

Umgestaltung des Rathaus-Innenhofs ist gekippt

Eine Randnotiz: Die Umgestaltung des Rathaus-Innenhofs in der Kanzleistraße wird nicht nur vertagt, sondern vollständig gestrichen. Dies hatte Stadtrat Simon Pschorr (Linke Liste) beantragt. Der Antrag erhielt eine knappe Mehrheit,

Als vorläufiges finanzielles Fazit der Corona-Krise sagte Kämmerer Ulrich Schwarz: „Wir können das Jahr mit einem blauen Auge abschließen.“ Wie kräftig das Veilchen noch anschwellen wird, werden wohl erst die folgenden Monate zeigen können.