19 Millionen Euro weniger Einnahmen für die Stadt Konstanz, ein Minus von 21 Millionen bei den Eigenbetrieben und den städtischen Gesellschaften, Stopp aller noch nicht begonnenen Investitionen in 2020, acht Millionen Euro neue Schulden, Kurzarbeit und kein Theater bis nach der Sommerpause: So sieht ein Szenario der Corona-Folgen aus, die die Kämmerei für die Stadt Konstanz berechnet hat.
Und diese Aneinanderreihung von Nachrichten, die jede für sich genommen ein schwer verkraftbarer Schlag gegen das Unternehmen Stadt wäre, ist nicht einmal das Worst-Case-Szenario.
Dauer des Lockdowns entscheidet alles
Die Pandemie trifft die Stadt Konstanz massiv. Davon geht die Finanzabteilung auf Basis von aktuellen Berechnungen aus. Drei mögliche Szenarien waren es, abhängig von der Dauer des Lockdowns, die Kämmerer Ulrich Schwarz den Stadträten am Dienstag im ersten Konstanzer Gemeinderat seit Beginn der Pandemie vorstellte. Unter strengen Sicherheitsauflagen mit Mundschutz- und Handdesinfektionspflicht betrachteten 22 gewählte Vertreterinnen und Vertreter die größtenteils roten Zahlen, die Schwarz an die Wand warf.
Eine Katastrophe, sagte einer – niemand widersprach
Einer sprach danach von einer Katastrophe, und niemand – was wirklich selten ist unter den Konstanzer Stadträten – widersprach ihm. „Alle unsere langfristigen und mittelfristigen Pläne sind Makulatur“, sagte der Oberbürgermeister. Also hinfällig.
Das sind die Szenarien: Die Kämmerei hat alle städtischen Ämter und Dienststellen sowie die Unternehmen, an denen die Stadt beteiligt ist, abgefragt, Stand Anfang April. Sie sollten für drei Szenarien ihre Zahlen melden. Die wären: Ein Lockdown bis 19. April, was nun hinfällig ist, bis 15. Juni sowie bis 30. September. Schwarz betonte, dass die Szenarien nur Anhaltspunkte liefern, da sich die Zahlen von Tag zu Tag ändern.
Mittleres Szenario momentan am Wahrscheinlichsten, so die Kämmerei
Man könne momentan vom mittleren Szenario ausgehen. Das wird im Folgenden mit gerundeten Zahlen erklärt, in Klammern steht das Worst-Case-Ergebnis: 19 Millionen Euro weniger Einnahmen (32 Millionen) im Jahr 2020, davon 11 Millionen Steuer (knapp 20 Millionen), hauptsächlich Gewerbesteuer, fünf Millionen (sieben Millionen) entgehen Konstanz durch den Finanzausgleich und zwei Millionen Euro (rund vier Millionen) an Gebühren und Eintrittserlösen.
Weiße Flotte verursacht Kosten statt Einnahmen
Bei den städtischen Unternehmen von Bodenseeforum bis Schiffsbetriebe ist durch den Lockdown mit einem Minus gegenüber dem eigentlichen Wirtschaftsplan 2020 von 21 Millionen (36 Millionen) zu rechnen. Größter Brocken sind die Schiffsbetriebe mit sechs Millionen (zwölf Millionen). Die Schiffe der Weiße Flotte stehen derzeit im Hafen und verursachen hohe Kosten statt Einnahmen.

Gut ist: „Die Stadtwerke haben eine hohe Eigenkapitalquote und können ein Krisenjahr stemmen, ebenso die Wobak, sie werden nicht auf Mutter Stadt angewiesen sein“, sagte Kämmerer Schwarz den Stadträten. Anders die Marketing und Tourismus Konstanz GmbH. „Die haben kaum Rücklagen.“ Diesen Zahlen gegenüber wären die Auswirkungen auf Spitalstiftung oder VHS mit einigen Hunderttausend Euro fast vernachlässigbar.
Noch offen sind Kosten des Klinikverbunds
Noch nicht einberechnet ist die städtische Beteiligung am Klinikverbund des Landkreises. Die Stadt Konstanz ist über die Spitalstiftung Gesellschafter. Die Zahlen, sagte Schwarz, würden noch ermittelt. „Allerdings muss man sagen, dass es eine Vereinbarung gibt: Die Liquiditätssicherung erfolgt über den Landkreis, nicht über die Spitalstiftung.“ Vorsichtig schätzt die Stadt nun mögliche Zuschüsse an die in Not geratenen Gesellschaften: zwischen 1,4 und 2,7 Millionen Euro.
Der Haushalt 2020 hatte eigentlich ein Plus von 2,4 Millionen vorgesehen. Corona macht einen Strich durch die Rechnung: Das Jahr endet tief in den roten Zahlen laut der mittleren Prognose mit einem Minus von rund 17 Millionen (rund 32 Millionen).
Zahlen bilden noch nicht ganzes Ausmaß ab
Die Kämmerei macht klar, dass diese ersten Zahlen bei weitem nicht das ganze Ausmaß abbilden. Unklar sei beispielsweise, inwiefern die Unternehmen, an denen die Stadt beteiligt sei, Geld für die Liquidität bräuchten. Außerdem werde Konstanz lange unter den geringeren Gewerbesteuereinnahmen leiden, sicherlich, so Schwarz, zwei Jahre.
So will die Stadt sparen: Die Stadt hat als Sofortmaßnahme die Haushaltssperre verhängt, Investitionen in Höhe von elf Millionen Euro werden auf unbestimmte Zeit verschoben. Das Geld wird gebraucht, um Löcher zu stopfen. Trotz diesen elf Millionen muss sich die Stadt mit acht Millionen (21 Millionen) Euro neu verschulden.
Eine gute Nachricht gibt es jedoch: „Wir werden bestimmte Projekte weiter vorantreiben und Maßnahmen, die begonnen sind, wollen wir nicht auf null fahren und so nicht die Krise auch noch für die Unternehmen vor Ort verschärfen“, zog Schwarz Fazit. Und: „An zugesagte Freiwilligkeitsleistungen, für die es Förderbescheide gibt, halten wir uns.“
Verwaltung muss auch sparen: Kurzarbeit steht bevor
Die Stadt sucht auch in der Verwaltung nach Möglichkeiten, zu sparen. In einer ersten freiwilligen Runde haben die verschiedenen Fachämter Ideen angemeldet. Thomas Traber, Amtsleiter des Personalamts, berichtete dem Gemeinderat: „Wir verhandeln gerade die Dienstvereinbarung zur Kurzarbeit.“ Neueinstellungen, auch für Kollegen, die in Rente gehen, sind bis 31. Mai ausgesetzt.
„Wir überlegen die großen kulturellen Einrichtungen in den Shutdown bis Spielzeitende zu setzen.“ Wie das Theater. Eine andere Möglichkeit wäre, mit Kleinformaten am Start zu bleiben. Dies soll der Gemeinderat im Mai entscheiden.
Dramatische Entscheidungen stünden bevor
Schließlich machte Oberbürgermeister Uli Burchardt noch einmal die Dramatik der Situation deutlich: „Alle unsere Planungen sind Makulatur.“ Viele dramatische Entscheidungen stünden bevor. Welche Projekte werden verschoben? Wo kommen die elf Millionen Euro her? Eine Liste werde, so Kämmerer Schwarz, in der Verwaltung abgestimmt und dem Rat im Mai vorgestellt. Über einen dringend nötigen Nachtragshaushalt will der Gemeinderat im Juni verhandeln – mit belastbaren Zahlen.