(Dieser Artikel erschien erstmals im Juli 2019.)
Dass nachts oder in den frühen Morgenstunden Streifenwagen der Polizei im Konstanzer Industriegebiet ihre Runden drehen, ist an und für sich nicht außergewöhnlich. Wenn die Autos allerdings weiß-rot lackiert sind und nicht blau-gelb und aus der Schweiz kommen, dann fällt das doch auf.
Immer mal wieder wenden sich Leser mit folgenden Fragen an den SÜDKURIER: Wie ist das geregelt? Darf die Schweizer Polizei einfach so auf deutschen Boden fahren? Kommt das in Konstanz öfters vor?
Es könne durchaus vorkommen, dass Schweizer Polizisten zu ihren Kollegen nach Konstanz aufs Revier kämen, um Absprachen zu tätigen, heißt es dazu von der Pressestelle der Konstanzer Polizei. Das sei selbst in der Nacht nicht ungewöhnlich. „Im Gegenteil“, lautet die Antwort auf unsere Anfrage, „das kann durchaus zu einer Zeit sein, in der aus polizeilicher Sicht weniger los ist.“
Unterstützung im deutschen Hoheitsgebiet – in Ausnahmefällen ist das erlaubt
Die Schweizer Polizisten fahren natürlich nicht eigenständig jenseits der Grenze Streife, „sie dürfen jedoch in Ausnahmefällen ihre Kollegen im deutschen Hoheitsgebiet unterstützen, wenn bei einem größeren Einsatz nicht ausreichend eigene Kräfte zur Verfügung stehen“, erklärt ein Sprecher Polizei. Dies sei bei Großbränden auch bei der Feuerwehr der Fall.
Es ist also keineswegs ungewöhnlich, einem Streifenwagen aus dem Thurgau auf einer Konstanzer Straße zu begegnen. Es ist nicht verboten hinüberzufahren. Das sieht der deutsch-schweizerische Polizeivertrag vor.
Der deutsch-schweizerische Polizeivertrag
Der Vertrag wurde am 27. April 1999 unterzeichnet und regelt die grenzüberschreitende polizeiliche und justitielle Zusammenarbeit zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft. In dem Bestreben, den grenzüberschreitenden Gefahren sowie der internationalen Kriminalität wirksam zu begegnen, gestehen sich Deutschland und die Schweiz einander seitdem zu, dass auf ihrem Staatsgebiet Polizeibeamte des jeweils anderen Staates Hoheitsbefugnisse ausüben.
Geregelt sind darin etwa gemischt-nationale Streifen und Ermittlungsgruppen sowie grenzüberschreitende Einsätze wie die Verfolgung eines Flüchtenden über die Grenze, die Observation und die verdeckte Ermittlung. Möglich sind unter anderem auch sogenannte kontrollierte Lieferungen - das sind Transporte illegaler Betäubungsmittel über die Grenze, bei denen die Strafverfolgungsbehörden nicht sogleich eingreifen, wenn sie von diesen erfahren, sondern sie zunächst beobachten - in der Hoffnung, Informationen über die Handelsstrukturen und weitere Tatbeteiligte zu erlangen.
All diese polizeilichen Maßnahmen befördern ein gemeinsames Ziel: Die Strafverfolgung oder die vorbeugende Abwehr von Straftaten sollen nicht an der Staatsgrenze haltmachen müssen. Fremdes Staatsgebiet soll Straftätern weder eine Zuflucht noch eine sichere Ausgangsbasis für künftige Taten bieten. (dav)