Dirk Pette gehört zweifelsohne zu den größten Biochemikern, die jemals in diesem Land gelehrt und geforscht haben. Wenn man zum Beispiel bei den gängigen Suchmaschinen im Internet nachschaut, die angeben, welche wissenschaftliche Studien und Werke wie oft zitiert werden, stößt man immer wieder auf seinen Namen. Dirk Pettes Erkenntnisse waren bahnbrechend und haben Menschen mehr Lebensqualität beschert – und mit Sicherheit auch Leben gerettet (siehe Infoelement). Er hielt Vorträge auf der ganzen Welt, war Namensgeber für Symposien und im Fernsehen ein gerne gesehener Fachmann.

„Wir hatten damals schon viel Exzellenz am Gießberg“

Dirk Pette gehörte zu den ersten Professoren, die vom Gründungsausschuss an die Universität Konstanz berufen wurden. Ralf Dahrendorf, Waldemar Besson oder Horst Sund waren seine Wegbegleiter – große Persönlichkeiten der Historie der deutschen Wissenschaften. „Man sieht, wir hatten damals schon viel Exzellenz am Gießberg“, sagt Dirk Pette süffisant.

„Vergessen zu werden gehört zum Altwerden dazu.“ Dirk Pette.
„Vergessen zu werden gehört zum Altwerden dazu.“ Dirk Pette. | Bild: Schuler, Andreas

Als vor wenigen Tagen die Uni erneut ihren Exzellenz-Status verliehen bekam, saß Dirk Pette in seinem Haus auf der Reichenau und beobachtete die Feierlichkeiten aus der Ferne. Eingeladen war er nicht, das hatte er auch nicht erwartet – auch wenn die Uni sagt, sie hätte den emeritierten Professor eingeladen. „Vergessen zu werden gehört zum Altwerden dazu. Aber es wird auch sehr schnell vergessen, dass wir damals den Grundstein gelegt haben für die heutigen Erfolge“, wie er mit voller Überzeugung sagt. In Konstanz wurde der gebürtige Hamburger zum weltweit beachteten und geachteten Wissenschaftler.

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Er ist jedoch keineswegs verbittert. Dafür ist er viel zu intelligent. Nein, Dirk Pette erinnert nur ganz gerne an die Zeiten, als die Lehre noch im Mittelpunkt stand. „Für mich war es immer wichtig, den jungen Menschen Verantwortung zu übertragen, ihnen Aufgaben zu geben, an denen sie noch mehr wachsen“, wie er es ausdrückt. „Es ist doch herrlich zu sehen, was passiert, wenn man sie an die Hand nimmt und einfach mal machen lässt.“ Vertrauen zum Schüler sei eine seiner großen Stärken gewesen.

Kritik an der heutigen Generation von Professoren

Heute lässt sich beobachten, dass Professoren zunächst auf ihre Veröffentlichungen schielen, bevor sie die Lehre in Angriff nehmen. Veröffentlichungen bringen Renommee und Ruf, die reine Lehre eher nicht. Gleichzeitig werden Studenten mit dem Bachelor und dem Masters durchs Studium gepeitscht – die große Freiheit früherer Jahre ist längst passé. „Das ist eine Standardisierung wie die Deutsche Industrienorm“, erklärt Dirk Pette. „Da wird vieles vereinfacht und es ist eine Folge der Globalisierung.“

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Entscheidend seien bei der strengen Durchstrukturierung des Studiums immer noch die handelnden Personen: „Intelligente Menschen lassen sich nicht verschulen.“ Das Wesentliche vom Unwesentlichen zu unterscheiden sei die hohe Kunst, „und das ist die Kunst des Lehrenden, nicht des Studenten, der einen Schein vielleicht nur aus opportunistischen Gründen macht, weil er es halt muss“, so Dirk Pette.

„Kapitel Uni ist für mich abgeschlossen“

2004 verließ der 86-Jährige die Uni Konstanz, in den letzten Jahren half er noch aus, da kein Nachfolger für ihn gefunden wurde. Am letzten Tag schloss er sein Zimmer ab – und gab den Schlüssel ab. „Das ist heute eine fremde Uni für mich“, sagt er und wirkt in sich ruhend. „Ich habe meinen Beitrag geleistet, auch zu den heutigen Erfolgen. Das Kapitel ist für mich abgeschlossen. Es gibt nur noch Horst Sund und mich von den Anfängen. Heute müssen es andere richten.“ Da ist einer mit sich und seinem Werken im Reinen. Dirk Pette, ein großer Konstanzer Wissenschaftler und bemerkenswerter Mensch.

„Ich habe meinen Beitrag geleistet, auch zu den heutigen Erfolgen. Das Kapitel ist für mich abgeschlossen. Heute müssen es andere ...
„Ich habe meinen Beitrag geleistet, auch zu den heutigen Erfolgen. Das Kapitel ist für mich abgeschlossen. Heute müssen es andere richten.“ Horst Sund. | Bild: Schuler, Andreas