Erinnern Sie sich noch an Ende 2019? Den Erreger SARS-CoV-2 gab es damals schon – er interessierte nur kaum jemanden bei uns. Corona war irgendwo in China, geografisch wie gedanklich für die meisten Konstanzer weit weg.
Das Virus rückte näher
Auf Ignoranz folgte Hohn für jene, die in Angst verfielen und Regale in Super- und Drogeriemärkten leer räumten – auf der verzweifelten Suche nach einer weiteren Packung Spaghetti oder einer Flasche Desinfektionsmittel. Doch Corona kam näher: Europa, Deutschland, Baden-Württemberg, Kreis Konstanz, Stadt Konstanz, die eigene Nachbarschaft.
Was darf ich noch tun, um mich und mein Umfeld nicht zu gefährden?
Auf Spott folgte Nachdenklichkeit. Was heißt es denn, Sozialkontakte auf das Mindestmaß zu reduzieren und Veranstaltungen zu meiden, wozu Bundeskanzlerin Angela Merkel aufrief? Geht der runde Geburtstag von Opa noch, das lang geplante Abendessen mit Freunden? Oder setze ich damit mich und vor allem mein möglicherweise gefährdetes Umfeld einem unkalkulierbaren Risiko aus?
Auf Nachdenklichkeit folgte Sorge über eine Situation, die wir nicht kennen und die sich beinahe stündlich ändert: Absagen von Sport- und Kulturterminen? So weit kommt‘s noch. Gottesdienste nur noch per Live-Übertragung im Internet? Aber doch nicht die Kirchen.
Es passiert. In Wirklichkeit und nicht im Film
Den Semesteranfang am Seerhein und auf dem Giesberg verschieben? Höchstens heimlicher Traum einiger Studierender. Geschlossene Kitas und Schulen? Das funktioniert doch gar nicht. Einschränkung des öffentlichen Lebens? Wir sind doch ein freies Land. Passiert alles doch und in Wirklichkeit, nicht in einem überzeichneten Katastrophenfilm.
Vereine in Not, Eltern in der Bredouille
Das alles hat fraglos bittere Seiten. Vereine oder kleine Veranstalter fürchten um die Existenz, Eltern sind wegen der ungelösten Betreuungsfrage in der Bredouille.
Das Wir gewinnt
Im ausgebremsten Alltag liegt aber auch eine Chance. Wir sehr wünschen wir uns jenen sonst? Etwas Langsamkeit, durchatmen können. Jetzt können wir, weil wir müssen. Es fällt uns schwer, denn eine von außen auferlegte Zwangspause kennen wir nicht mehr. Doch der Zwang lässt sich in eine Erlaubnis umkehren und die Erkenntnis, dass Gesellschaft eben doch am besten gemeinsam statt einsam funktioniert.
Hängen wir doch in der Nachbarschaft eine Notiz aus und bieten jenen Hilfe an, die sie benötigen und die wir sonst sowieso zu oft ignorieren: einkaufen, Briefe einwerfen oder Gassi gehen für Menschen, die wegen ihres Alters oder einer Erkrankung des Immunsystems zur Risikogruppe gehören; die Kinder nicht mehr nur morgens verabschieden und abends ins Bett bringen, sondern Zeit mit ihnen verbringen. Diese Krise gibt uns auch Minuten für die guten Dinge im Leben.
Machen wir das Beste daraus.