Es ist der 11. November 2018. Die einen feiern auf den Straßen den Anfang der Fasnacht, andere verabreden sich zu einer Party in der Disco. Während an den meisten Tischen Gläser geleert werden, fliegen sie in einer Ecke des Clubs durch die Luft. Nun wurde am Ende eines ersten Prozesses eine junge Frau wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Geldstrafe verurteilt.
Was war passiert? Eine Gruppe aus der Schweiz begießt den 19. Geburtstag einer Freundin. Eine zweite Gruppe aus Konstanz kommt an den Tisch. Zwei Frauen rempeln sich an. Es kommt zu einer Rangelei. Die beiden ziehen sich an den Haaren. Eine geht zu Boden. Plötzlich fliegt ein Glas durch die Luft. Die Geschädigte schaut dem Gegenstand hinterher – und hat im nächsten Moment selbst ein Glas im Gesicht.
Die 20-Jährige rennt schreiend auf die Toilette und sieht überall Blut wegen einer etwa einen Zentimeter langen Platzwunde an der Lippe, die später genäht werden muss. Ihre Angreiferin, die an der Rangelei beteiligt war, ist zum Zeitpunkt der Tat selbst an der Stirn verletzt. Die 22-jährige Konstanzerin wurde wohl Opfer des zunächst fliegenden Glases.
Zweieinhalb Stunden dauert die Beweisaufnahme, in deren Mittelpunkt ein kurzes verschwommenes Handyvideo steht. „Keiner hat gesehen, wie es genau zustande kam“, resümiert der Richter nach mehrfacher Ansicht. Es galt zu klären, ob die 22-jährige Angeklagte ihr Gegenüber aus Vorsatz oder Fahrlässigkeit angegriffen hat.
Anwalt fordert Freispruch
An der Schuld der Konstanzerin scheint kein Zweifel zu bestehen. Trotz der verwackelten Bilder steht für den Richter fest: „Man sieht auf dem Video eine Wischbewegung.“ In Richtung der 22-Jährigen sagt er: „Die Zeugen waren so glaubwürdig, dass ich davon ausgehe, dass Sie mit dem Glas geschlagen oder es geworfen haben.“
Die Angeklagte äußert sich nicht zur Sache und verfolgt die Verhandlung größtenteils schweigend. Auch als sie wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 20 Euro verurteilt wird, obwohl ihr Anwalt einen Freispruch fordert.
„Ich gehe davon aus, dass es einen bedingten Vorsatz gab, mit der Gegenbewegung die Angreiferin zu verletzen“, begründet der Richter sein Urteil. „Es sieht nicht so aus, als wären Sie in Panik“, sagt er. Der Richter sieht eine „relativ kontrollierte Bewegung“, die am Ende eine Unbeteiligte verletzt.
Zu Gunsten der Angeklagten wirkt sich aus, dass sie selbst verletzt wurde und keine Vorstrafen hat. „Ich habe auch nicht das Gefühl, dass Sie eine Schlägerin sind“, fügt der Richter hinzu. Deshalb habe er die Mindeststrafe für gefährliche Körperverletzung verhängt.
Mahnende Worte zum Abschluss
Am Ende schloss er die Verhandlung mit mahnenden Worten. „So schlimm das ist, dass man ein Glas abbekommt, das Gesetz gestattet aber nicht eine solche Gegenreaktion. Zum Glück ist in beide Richtungen nicht mehr passiert“, sagt er. Man müsse ein Signal senden: „Wir wollen nicht, dass es in Diskotheken an der Bar zu Rangeleien kommt und dass Gläser fliegen.“ An einem Ort, wo gefeiert werden sollte, und nicht gestritten.