Taro Stocker fühlt sich in einer Sackgasse. Der 32-Jährige versucht, sich und seiner Familie ein geordnetes Leben aufzubauen – und muss derzeit immer wieder feststellen, dass er daran zu scheitern droht. Ein Grund für seine Sorgen vor allem um den zweijährigen Sohn: In der Wohnung, die die Familie bewohnt, hat sich Schimmel gebildet. Der Pilz wäre nur mit einer umfassenden Sanierung zu beseitigen, so sieht es die Familie.
Im März 2017 zogen Taro Stocker und seine Partnerin Lisa Lieckfeldt in eine Wobak-Wohnung im Pfeiferhölzle. Wenig später wurde Ryan geboren, der heute zweieinhalb Jahre alt ist. „Im Winter 2017 merkten wir dann zum ersten Mal, dass es in der Wohnung klamm war“, berichtet Stocker. „Wir mussten viel heizen“.

In den Folgemonaten erst ergibt sich die gesamte Dimension des Problems: An kalten Tagen bildet sich Kondenswasser an den Fenstern. Dann schimmeln die Kleidungsstücke im Schrank. Nach und nach entdecken die Mieter Schimmelflecke an verschiedenen Tischen und Nachtschränken, schließlich auch an den Wänden rund um alle Fensterrahmen.
Zuerst wird das Kind krank
Die Folgen bleiben nicht aus: Der kleine Ryan sei oft krank, Husten, grippale Infekte. „In seinem Kinderzimmer kann er nur im Sommer spielen, im Winter ist es zu kalt“, sagt Taro Stocker. Im Moment schlafe das Kind mit seinen Eltern im Bett, das Stocker und seine Partnerin vorsichtshalber ins Wohnzimmer ausgelagert haben.

Nach der Krankheit folgt die Kündigung
Auch Taro Stocker ist krank geworden. Ob und wie intensiv das mit dem Schimmelbefall zu tun hat, kann er nicht nachweisen. Der 32-Jährige arbeitete als Gärtner in Tägerwilen (Schweiz). Seine Vorgesetzten seien zwar zufrieden mit seiner Arbeit gewesen, als er jedoch alle paar Wochen krank gewesen sei, habe er im Oktober 2018 die Kündigung bekommen.
Schwierige berufliche Laufbahn
Beruflich hat sich Stocker bisher schwer getan. Nach dem Schulabschluss begann er eine Lehre als Maler, brach diese aber ab. Damals fand er keinen anderen Ausbildungsplatz. Schließlich stieg er nach einer Ausbildung als Fachtherapeut für Massage und Wellness in die Massagepraxis seiner Mutter mit ein, die aber inzwischen ihr Geschäft aufgab. Jetzt ist Taro Stocker erneut auf der Suche, er plant eine Ausbildung als Altenpflegehelfer und hat inzwischen einen Praktikumsplatz gefunden.
Wer saniert und wer zahlt?
Unklar ist immer noch, was nun mit der Wohnung geschehen soll – wer saniert sie und wer bezahlt die Sanierung? Inzwischen hat es im März 2019 zwar einen Ortstermin gegeben, an dem neben Taro Stocker und seiner Lebensgefährtin sowie seiner Mutter Vertreter der Wobak teilnahmen. Aus Sicht der Mieter endete dieser Termin unbefriedigend. Die Vertreter der Wobak hätten den Mietern vorgeworfen, die Wohnung nicht sachgerecht gelüftet zu haben, so Merit Stocker, Mutter des Mieters.
Baumängel könnten die Ursache sein
Die Mieter weisen diesen Vorwurf zurück. Sie haben einen Gutachter aus der Schweiz bestellt, der ein ausführliches Gutachten anfertigte. In dem Gutachten wird festgehalten, dass der Schimmelbefall vor allem an Stellen auftrete, die eine tiefe Temperatur aufwiesen (Außenwände) oder an den Fensterfugen. Als Ursache erkennt der Gutachter weniger ein falsches Lüftungsverhalten als Baumängel an der Wohnung. Kältebrücken an der Außenwand und eine schlechte Dämmung der Fenster seien Gründe für den Schimmel. Der Gutachter verweist darauf, dass auch in einer darunter liegenden Wohnung Schimmel aufgetreten sei.
Schimmel muss sofort gemeldet werden
Die Wobak will als Vermieter der Wohnung die Schlussfolgerungen des Gutachtens so nicht stehen lassen. Es sei wichtig, vom Mieter schnellstmöglich über ein entstehendes Schimmelproblem informiert zu werden, schreibt Joachim Lehmann, Referent der Geschäftsführung bei der Wobak, damit der Vermieter reagieren könne. Tatsächlich ist gesetzlich festgeschrieben, dass der Mieter das Schimmelproblem sofort dem Vermieter melden muss.
Schaden zu spät gemeldet
„Wir erhielten erst mit Anschreiben des Mieters vom 25. Februar 2019 einschließlich eines so bezeichneten Gutachtens Kenntnis, nachdem bereits ein nicht mehr kleiner Schaden eingetreten war“, schreibt Joachim Lehmann. Diesen Termin bestätigt auch Mieter Taro Stocker.
Wobak erkennt Gutachten nicht an
Die Wobak habe kurz darauf einen Ortstermin vereinbart, bei dem das Gutachten diskutiert worden sei. Allerdings erkennt die Wobak das Gutachten nicht als fachgerecht an, es fehlten Messungen und es weise handwerkliche Fehler auf, schreibt Lehmann. Die Wobak müsse „die Bewertung des Beraters zurückweisen“.
Außerdem hätten sich die Wobak-Vertreter die Nachbarwohnung und die baugleiche Wohnung im Nachbarhaus angesehen. „Ein vergleichbares Schadensbild fand sich nicht“, schreibt Lehmann. Drei der vier Dachgeschosswohnungen in beiden Häusern seien in einem guten Zustand – dem Alter des Gebäudes entsprechend, das vor 15 Jahren gebaut wurde.
Wer Recht bekommt, kann nur das Gericht klären
Taro Stocker hat sich für eine Rechtsberatung auch an den Mieterbund gewandt. Rechtsanwalt Daniel Kynast sieht gemischte Chancen bei der Möglichkeit, eine Sanierung der Wohnung auf Kosten des Vermieters durchzusetzen. „Der nächste Schritt wäre jetzt, dass sich die Wobak mit einem Gutachter vor Ort ein Bild macht“, sagt Kynast. Das Privatgutachten, das der Mieter in Auftrag gegeben habe, sei insofern problematisch, als ein Gutachter oft zu Ergebnissen komme, die im Sinne des jeweiligen Auftraggebers ausfielen.
Die Ursachenforschung ist oft mühsam
Klarheit könne nur eine Instandsetzungsklage gegen die Wobak bringen. Wie ein Verfahren ausgehe, ob zugunsten des Mieters oder Vermieters, sei aber ungewiss. Als Ursache für die Schimmelbildung kämen Baumängel, Kältebrücken oder mangelnde Lüftung in Frage. „Oft ist die Ursache aber nicht sauber herauszuarbeiten“, sagt Kynast.
Abwarten birgt Gefahren
Wie es weiter geht, wissen Taro Stocker und seine Partnerin im Moment nicht. „Wir sollten hier herauskommen, wohnen können wir hier nicht mehr“, sagt Taro Stocker. Da er im Moment Arbeitslosengeld beziehe und demnächst in Ausbildung sei, reiche das Geld wohl kaum für eine neue Mietwohnung in Konstanz. Hoffnung setzt die Familie auf ein Entgegenkommen des Vermieters. Die Wobak wiederum hat die Mieter aufgefordert, den Schaden zu beheben. Sie sei aber bereit, „Hilfestellung anzubieten“, schreibt Lehmann. Wie diese aussehen soll, lässt er vorerst im Ungefähren. Zum Beispiel könne man mit Materialkosten helfen, wenn die Mieter bereit seien, den Schimmel selbst zu entfernen.
Ob der Schaden ohne fachmännische Hilfe behoben werden kann, ist ungewiss. Klar ist aber, dass nicht viel Zeit bleibt. Behebt man den Schaden nicht bald, wird sich der Schimmel weiter ausbreiten – und das Immunsystem der Mieter weiter angreifen.