Frohnatur. Strahlemann. Optimist. Alberto hat viele Spitznamen. Auch zwei Nachnamen. Doch die kennt fast niemand. Die sind auch irgendwie egal. Alberto ist Alberto. Mit dem Kubaner durch Konstanz zu schlendern oder in einem Café zu sitzen, kann für seine Begleitung anstrengend werden. Denn Alberto ist bekannt – und beliebt. Es vergeht selten mehr als eine Viertelstunde, ehe irgendjemand seinen Namen ruft, herüber winkt und mit dem ansteckend sympathischen Menschen ein paar Worte wechselt. Alberto hier, Alberto dort.

Dabei wird immer gelacht und es werden wild gestikulierend lustige Geschichten erzählt. Der 56-Jährige hat lange beim Briefdienstleister arriva gearbeitet, auch für eine Boutique. „Alles, was ich mache, mache ich mit guter Laune und mit Herz“, sagt er. Wer das nicht glaubt, der kennt Alberto nicht. Das Leben sei zu schön und zu kurz, um die Mundwinkel unten zu haben. „Mit einem Lächeln geht alles leichter. Wer lächelt, dem geht es gut.“ Wer will ihm da schon widersprechen?

„Zwei Herzen schlagen in meiner Brust“

Alberto spürt viel Dankbarkeit in sich. Ein Grund, warum er in aller Regel gut drauf ist? „Ich hatte immer sehr viel Glück in meinem Leben“, erzählt er. Diesen Satz wiederholt er in dem rund zweiständigen Gespräch mehrmals. „Ich hatte immer alles, was ich wollte.“ Das war vielleicht nicht immer viel, „doch zum glücklich sein benötigt man ja auch nicht viel“.

Er ist glücklich verheiratet, wohnt in Konstanz, „in meiner Stadt, in meinem Land. Hier gehöre ich hin“. Er grinst von einem Ohr zum anderen und redet von einem Kompromiss: „Zwei Herzen schlagen in meiner Brust: eines für Deutschland, eines für Kuba.“ Das hat doch was von Goethe. Hier sitzt offenbar eine perfektes Beispiel geglückter Integration.

Verbindungen zu Maximo Lider Fidel Castro

Alberto ist ganz und gar nicht oberflächlich, er kann auch ernsthaft sein. Zum Beispiel, wenn er über seine alte Heimat Kuba berichtet. Wenn seine Blicke in die Ferne schweifen, er von seiner Kindheit erzählt, die gut und schön war. Denn seine Familie war mit Generälen des Maximo Lider Fidel Castro bekannt. „Mein Onkel war Bodyguard von Camilo“, sagt er. Camilo Cienfuegos war neben Ernesto Che Guevara, Fidel und Raúl Castro einer der führenden Revolutionäre und Guerillaführer der „Bewegung des 26. Juli“, der Rebellenarmee gegen das Batista-Regime. „Ich kannte außerdem die Tochter von Raúl sehr gut.“ Doch bis heute wehrt er sich zu sagen, dass Fidel und seine Mannen für Kuba stünden.

„Kuba, das sind die Menschen“, sagt er mit seriöser Stimme. „Fidel hat einen Keil zwischen weiße und schwarze Kubaner getrieben.“ Als er von 1980 bis 1983 zur Armee musste, spielte er in einer Band Posaune für El Comandante – als einziger Farbiger. Er zeigt das Bild, auf dem er wenige Meter neben Castro zu sehen ist, möchte es jedoch nicht veröffentlichen. „Damals ist damals und heute ist heute“, sagt er lächelnd. Castro ließ sich gerne mit Che Guevara Zigarre rauchend ablichten. Doch die Bevölkerung litt unter dem Regime. Lebensmittel und Produkte des täglichen Gebrauchs wie Zahnpasta, Shampoo oder Kugelschreiber waren Mangelware.

„In Konstanz gibt‘s weniger Idioten als anderswo“

Das ist einer der vielen Gründe, warum es ihm so sehr gefällt am Bodensee. „In den Geschäften findest du alles, was es gibt“, sagt er. Seine Augen werden dabei so groß, als würde ihn das nach mehr als 20 Jahren immer noch überraschen. „Es ist alles so geordnet und sauber.“ Auch die Menschen hat er längst in sein Herz geschlossen. Dieses Beispiel erzählt Alberto gerne: Als er 2001 mit Magenproblemen in die Konstanzer Klinik eingeliefert wurde, spürte er zum ersten Mal diese tiefe Verbundenheit mit seiner neuen Heimat.

„Die Menschen, von der Notaufnahme über den OP-Saal und die Intensivstation bis hin zu Pflegern und Krankenschwestern, haben mich behandelt wie Familie, wie ihre eigenen Kinder. So viel Liebe und Zuneigung.“ Das hat ihn nachhaltig und tief bewegt. „Weißt Du was?“, fragt er. „Ich habe in Kuba mehr Probleme mit Rassismus gehabt als hier in Deutschland. Idioten gibt es überall. Aber hier weniger als anderswo.“

Seine Frau hat er in Kuba kennengelernt

Seine lebensbejahende Art tut einer Stadt wie Konstanz und seinen Bewohnern gut. Der 56-Jährige hat das stete Gefühl, etwas zurückgeben zu müssen für das, was er erfahren hat im Leben. „Wer hat schon so viel Glück wie ich?“, sagt er mal wieder. „Dieses Glück möchte ich an die Menschen weitergeben.“ Das tut er. Jeden Tag und überall. Mit seinem Lächeln, seinem Herzen, seiner offenen Art.

Genau damit hat er übrigens auch seine heutige Frau erobert, die 1993 mit einer Reisegruppe auf der Isla de la Juventud südlich von Kuba Urlaub machte. Alberto war dort damals Musiker und Entertainer. Ein Jahr später kam er zum ersten Mal nach Konstanz. „Der Duft, der See, die Berge, die Menschen“, erinnert er sich. „Ich war überwältigt. Ich war sofort verliebt“, sagt Alberto und fügt schnell lachend hinzu: „Natürlich auch in meine Frau.“

Ach ja, Albertos Nachnamen lauten übrigens Rodriguez Dominguez.