Es ist ungemütlich in Volkmar Heldts Wohnung. Im Wohnzimmer liegen ein Spiegelschrank und Dinge, die sonst auf dem Balkon lagerten, auf dem Boden. Die abmontierte Badezimmertür lehnt am Kleiderschrank und steht im Weg. "Ich hause hier schon länger im Chaos", sagt Volkmar Heldt.
Bäder, Elektro- und Wasserleitungen, Fenster – saniert wird überall
Volkmar Heldt wohnt in der Schwaketenstraße 104, wo Vonovia seit Monaten umfassend renoviert: gleichzeitig finden die Strangsanierung aller Bäder statt, bei der Wasserleitungen und Stromleitungen ausgetauscht werden, ebenso wie die Sanierung der Elektrosteigleitungen, außerdem ein Austausch der Fenster.

Seit vielen Wochen laufen die Arbeiten, tagsüber ist es laut, die Türen im Treppenhaus sind offen, es zieht.
Plötzlich stehen Baumaterialien auf dem Balkon
Volkmar Heldt ist aus seiner Sicht noch glimpflich davon gekommen. Am Bad hat die Baufirma lang gearbeitet, aber jetzt ist es beinahe fertig. Eine Trennwand zwischen Dusche und der Abstellfläche für die Waschmaschine musste Heldt selbst kaufen.

Was den Mieter bei der Renovierung am meisten stört, ist die mangelnde Kommunikation: "Einmal stand mein ganzer Balkon voll mit Baumaterialien, als die Arbeiter die Dämmung durch eine neue ersetzt haben. Meine persönlichen Dinge lagen auf dem Baugerüst." Wenn er solche Missstände ansprechen wolle, scheitere es an der Verständigung: die meisten Arbeiter verstünden nicht genügend Deutsch.
Bohr- und Baulärm zermürben die Mieter
Schlimm sei immer wieder auch der Lärm. "Ganz plötzlich geht das Bohren los, das ist schwer auszuhalten", sagt er. An eine Unterhaltung oder ein Telefongespräch sei in dem Moment nicht zu denken. Dabei habe er es besser als manche, er sei einen großen Teil des Tages bei der Arbeit.
"Manchmal sitze ich im Bus nach Hause und merke, dass ich mich nicht auf den Feierabend freue", berichtet Heldt. Es werde Zeit, dass die Mieter über Weihnachten eine Gelegenheit zum Durchatmen bekämen.
Endlich ist das Bad fertig gestellt
Bei Matthias Oehlschläger, Mieter im fünften Stock, fehlen am 19. Dezember noch die Toilette und das Waschbecken. Strom gibt es nicht im Bad, eine Baustellenlampe sorgt für Beleuchtung.

In den vergangenen Wochen hat Oehlschläger eine Dusche in einer leerstehenden Mietwohnung im vierten Stock nutzen können. "Da ich sehr früh aufstehe, komme ich niemandem in die Quere, aber unangenehm ist es natürlich", berichtet er.
Was er sich für Weihnachten wünscht? "Eine funktionierende Toilette. Das wäre für Weihnachten ein Herzenswunsch." Diesen Wunsch bekommt er schließlich erfüllt: Am 20. Dezember um 7.30 Uhr waren Handwerker da und haben Toilette und Waschbecken angeschlossen. Damit sei das Bad benutzbar, sagt Oehlschläger. "Schön ist es nicht, aber es funktioniert", es gebe auch warmes Wasser.
Die Sanitärfirma hat an die Mieter, deren Bäder so kurzfristig fertig gestellt wurden, Taschenlampen verteilt, weil das Bad immer noch keinen Strom hat.
Wodurch die Mieter belastet werden – und was die Vonovia dazu sagt
Winfried Kropp vom Mieterbund hat schon länger ein kritisches Auge auf die Vonovia-Sanierungsarbeiten. "Vonovia modernisiert immer auf komplexe Weise, damit verbunden sind sehr langfristige Baustellen", sagt er.
Die extremen Belastungen der Mieter kämen durch mehrere Faktoren zustande: "Überall wird etwas angefangen und nichts wird fertig gemacht. Die Mieter erkennen keinen Baufortschritt". Das bewirke ein Gefühl des Ausgeliefertseins. Darüber hinaus gebe es für sie keine erkennbaren Ansprechpartner, die rasch eingreifen können, wenn etwas nicht funktioniert.
Diesen Vorwurf will Vonovia nicht akzeptieren. "Wir bedauern sehr, dass die Mieter sich trotz aller Bemühungen teilweise nicht richtig abgeholt fühlen", schreibt Bettina Benner, Pressesprecherin bei Vonovia, auf Anfrage. Anrufe der Mieter bei der Bauleitung würden in der Zentrale gesammelt und abgearbeitet. Notfälle würden auf ein Mobiltelefon weitergeleitet. Zusätzlich gebe es Mietersprechstunden.
Diese Angebote scheinen den Mietern aber tatsächlich nicht zu helfen. Die Problemlösung scheitere meist an der Kommunikation, sagt auch Corina Jäger, Sprecherin der Mieter-Initiative der Vonovia-Häuser. Man könne zwar anrufen, dann müsse man lang auf eine Reaktion warten, in der Vonovia-Zentrale wisse niemand Bescheid, was vor Ort ablaufe.

Was der Mieterbund unternimmt
Nicht ausgeschlossen sei, dass Sanierungsmaßnahmen bewusst belastend gestaltet würden, dass Mieter kündigten und die Immobilienfirma dann die Möglichkeit habe, neu zu vermieten, äußert Winfried Kropp seine Vermutung. Für diese Praxis des Herausmodernisieren werden inzwischen Strafen fällig, der Mieterbund prüfe, ob solche Praktiken in der Schwaketenstraße angewandt werden.
Grundsätzlich sei der Mieterbund aber daran interessiert, dass die Wohnungen in der Schwaketenstraße ordentlich saniert werden. Über eine Mietminderung laufen im Moment Verhandlungen mit Vonovia.
Vonovia verspricht: Über die Feiertage und den Jahreswechsel bleibt es leise
Die Immobiliengesellschaft Vonovia bekräftigt gegenüber dem SÜDKURIER, dass man versprochen habe, die Arbeiten an den Bädern bis 20. Dezember abzuschließen – und dies habe man eingehalten. Ab Samstag, 22. Dezember, sollen die Arbeiten über die Feiertage und Neujahr komplett ruhen, die Mieter hätten also keine Lärmbelästigung zu befürchten. Die Arbeiten an der Strangsanierung würden erst am 7. Januar wieder aufgenommen.
Im Januar, wenn Weihnachten vorbei ist und alle Plätzchen gegessen sind, wird es wieder laut werden in der Schwaketenstraße.