648 Bilder mit jugendpornografischem Inhalt, 324 Bilder mit kinderpornografischem Inhalt. Darauf zu sehen die gesamte Palette: Mädchen unter zehn Jahren mit weit gespreizten Beinen, kleine Jungs, die sich gegenseitig ihre Geschlechtsorgane streicheln, sogar Säuglinge, die einen erigierten Penis berühren.
Was die Ermittler in der Wohnung eines 31-jährigen Konstanzers auf Computer-Festplatten, Laptops und USB-Sticks gefunden haben, öffnete den Blick in die Welt eines Pädophilen.
- Pädophilie: Von griechisch paîs „Knabe, Kind“ und philía „Freundschaft“. Der Begriff bezeichnet das sexuelle Interesse an Kindern vor Erreichen der Pubertät. Pädophilie ist als psychische Störung der Sexualpräferenz klassifiziert.
- Jugendpornografie: Davon spricht man, wenn die Opfer zwischen 14 und 18 Jahre alt sind.
- Kinderpornografie: Darunter fallen Opfer unter 14 Jahren bis zum Neugeborenen.
Die entscheidende Frage beim Prozess gegen den Angeklagten vor dem Konstanzer Amtsgericht stellte die Staatsanwältin während der Befragung: "Haben Sie Fotos auch selbst gemacht?" Der Mann kann glaubhaft versichern, die Bilder lediglich aus dem Internet heruntergeladen zu haben. Ein Ja auf die Frage – und die Verhandlung hätte einen anderen Dreh bekommen, da es dann nicht nur um Besitz und Handel des Materials gegangen wäre, sondern um die Herstellung. Das kann härter bestraft werden.
- Das Gesetz: Laut Paragraf 184b des Strafgesetzbuchs wird mit einer Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft, wer kinderpornografische Schriften „1. verbreitet, 2. öffentlich ausstellt, anschlägt, vorführt oder sonst zugänglich macht oder 3. herstellt, bezieht, liefert, vorrätig hält, anbietet, ankündigt, anpreist (...)“. Demnach reicht es schon, ein entsprechendes Bild auf dem Computer aufzurufen. Es wird dann im Arbeitsspeicher des Rechners abgelegt und ist damit juristisch gesehen Eigentum des Nutzers.
Beim sozialen Netzwerk Pinterest fliegt der Mann auf
Der 31-Jährige sammelte die Bilder auf seinen elektronischen Geräten und teilte sie auf dem sozialen Netzwerk Pinterest. Somit machte er sich des Besitzes und der Verbreitung des Materials schuldig.
Sofort nach der Veröffentlichung eines Fotos auf der Foto-Plattform Pinterest, wo normalerweise Fotos von Blumen-Dekorationen, Handarbeit und Kochkünsten geteilt werden, ermittelten die Beamten schnell die Identifikationsnummer des Computers, dessen Standort. Kurz darauf war die Kriminalpolizei vor Ort und beschlagnahmte sämtliche Beweismittel.
- Ein kleiner Schritt: Bereits die Eingabe des Begriffes "Lolita" in einer Suchmachine kann den ersten Schritt in einen Straftatbestand darstellen. Laut Rechtsprechnung muss man in diesem Fall damit rechnen, auf Kinderpornoseiten zu landen. Das gilt als bedingter Vorsatz und reicht aus. Allerdings wird in der Rechtsprechung abgewogen, ob jemand nur einmalig etwas heruntergeladen hat oder über Jahre hinweg kinderpornografisches Material konsumiert hat.
- Die Unterschiede: Beim Besitz einer geringen Menge von kinderpornografischem Material von zehn bis 50 Bildern kann der Angeklagte mit einer Geldstrafe ohne Eintrag ins Führungszeugnis davon kommen, wenn er nicht einschlägig vorbestraft ist. Bei großen Mengen von über 1000 Bildern gibt es in der Regel eine Bewährungsstrafe ab sechs Monaten, eine Eintragung ins Führungszeugnis in Verbindung mit einer Geldauflage und einen Eintrag ins Bundeszentralregister. Wer 500 bis 600 Bilder besitzt, kann schnell auf sechs bis acht Monate Freiheitsstrafe kommen – die allerdings in der Regel zur Bewährung ausgesetzt werden.
Schüler eines Konstanzer Gymnasiums verfolgen die Verhandlung
In den hinteren Reihen des Amtsgericht saßen Schülerinnen und Schüler der zehnten Klasse des Suso-Gymnasiums. Mädchen und Jungs, nur wenige Jahre älter als die, die auf den Bildern zu sehen waren. In den Gesichtern der jungen Menschen war Entsetzen abzulesen.
Der Angeklagte schildert sein Leben, seine Neigung – und hat sich in Therapie begeben
Der Angeklagte schilderte derweil die Gründe für seine pädophile Neigung. Ihm gefalle die straffe Haut und die Rundungen der jungen Mädchen, erzählte er der Gerichtshilfe. Außerdem sei er übergewichtig und sehr schüchtern, weshalb er keine gleichaltrigen Frauen finde.
Vor dreizehn Jahren hatte er das letzte Mal Kontakt zu einer Frau seines Alters. Anwalt Henning Stutz berichtete aus dem einstigen Leben seines Mandanten: "Er saß im verdunkelten Zimmer und war stundenlang im Internet unterwegs", sagte er. "Doch das hat sich mittlerweile grundlegend geändert."
„Außerdem gehe ich jetzt unter Menschen, mache Sport, betreibe Hobbys. So bin ich nicht mehr alleine zu Hause und komme nicht mehr auf dumme Gedanken. Ich habe sogar eine gleichaltrige Frau kennengelernt, die meine Vorgeschichte kennt und trotzdem bei mir bleibt.“
Der 31-Jährige hätte sich außerdem freiwillig in eine Therapie begeben.
Der Konstanzer hat eine Vorgeschichte
Vor rund acht Jahren war der gebürtige Konstanzer bereits als Exhibitionist aufgefallen. Auch damals begab er sich in therapeutische Hilfe.
"Ich möchte mich jetzt grundlegend ändern", versicherte er Gericht und Staatsanwaltschaft. Beim Plädoyer unterstrich die Staatsanwältin jedoch eindrücklich, dass man bei aller Bereitschaft, an sich und seinen pädophilen Neigungen zu arbeiten, unbedingt berücksichtigen sollte, "dass es sich bei den jungen Menschen auf den Bildern um Einzelschicksale handelt, die Konsequenzen in der körperlichen und geistigen Entwicklung erleiden. Sie haben zwar keinen Missbrauch betrieben", sagte sie und blickte dem Angeklagten in die Augen, "doch Sie haben mitgeholfen, dass es einen Markt dafür gibt."
Sie forderte neun Monate auf Bewährung mit eine Auflage in Höhe von 2000 Euro, zu zahlen an eine gemeinnützige Einrichtung.
Die Richterin folgte der Staatsanwältin, und auch der Verteidiger war damit einverstanden. Die Bewährung wurde auf vier Jahre ausgesetzt und die 2000 Euro muss der 31-Jährige mit attraktivem Arbeitsplatz in der Schweiz an die Krebs-Nachsorgeklinik Tannheim zahlen.
"Da werden Kinder und Jugendliche und ihre Familien professionell betreut", sagte die Richterin. "Gerade in einem solchen Fall ist es in meinen Augen sinnvoll, wenn das Geld der Altersgruppe zugute kommt, die auch vom Fall betroffen war."