Nun steht es also fest. Der Rechtsstreit zwischen der Stadtverwaltung und den Klimaaktivisten geht in die nächste Runde. Die Demonstration auf dem Stephansplatz, vom Bürgeramt wegen Gefährdung der öffentlichen Sicherheit verboten, hängt weiter in der Luft. Dabei hätte hinter das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg längst ein Punkt gehört.
An der juristischen Bewertung ändert auch ein formeller Fehler nichts
Als zentrales Argument der Beschwerde führt die Stadtverwaltung formelle Fehler an. Die mag es gegeben haben. Doch an der juristischen Bewertung des Verwaltungsgerichts ändert auch ein formeller Fehler nichts. Denn die Freiburger Richter haben sich in ihrem Eilurteil eindeutig und unmissverständlich für das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit ausgesprochen.
Sie haben die ausführliche Begründung des Bürgeramtes, warum dieses ein Versammlungsverbot für notwendig und durchsetzbar hält, auf fünf Seiten mit der gleichen Ausführlichkeit beantwortet – und dabei keinen Stein auf dem anderen gelassen.
„Vollumfänglich“ vom Grundrecht auf Versammlungsfreiheit abgedeckt
Die Richter sprechen – anders als die Stadtverwaltung – dem Veranstalter ein Selbstbestimmungsrecht über die Auswahl des Ortes und die Modalitäten der Versammlung zu; sie sehen – anders als die Stadtverwaltung – keine unmittelbare Gefährdung der öffentlichen Sicherheit durch Autos auf der Suche nach Parkmöglichkeiten; sie sagen: Die vom Antragsteller beabsichtigten Aktivitäten sind „vollumfänglich“ – also ohne Ausnahme – von Artikel 8, Absatz 1 des Grundgesetzes abgedeckt. Ein Urteil wie ein abschließender Punkt.
Die Freiburger Richter haben die Stadtverwaltung damit in die Pflicht genommen, die Kundgebung so zu ermöglichen, wie sie angemeldet wurde. Dass dies angesichts der kurzfristigen Entscheidung nur einen Tag vor der Veranstaltung nicht geschah, ist durchaus nachvollziehbar. Nicht nachvollziehbar aber ist der nun eingeschlagene Konfrontationskurs.
Der Rechtsstreit schadet dem Ansehen der Stadt Konstanz als Vorreiter für den Klimaschutz
Natürlich ist es das Recht der Stadt Konstanz, Beschwerde einzulegen und durch die Instanzen zu gehen. Ob es klug ist, steht auf einem anderen Blatt. Eines zumindest ist sicher: Dem Konstanzer Ansehen als Vorreiter für den Klimaschutz ist dieser Schritt sicherlich nicht zuträglich, auch weil Umweltaktivisten sich zuletzt häufiger mit seltsamen Auflagen konfrontiert sahen. Dass das Bürgeramt dann wiederum der rechtsextremen Identitären Bewegung ohne Zögern eine Genehmigung für ihren Infostand auf der Marktstätte erteilt hat, ist für manch einen Bürger nicht nachvollziehbar.
Das mag rechtens sein, solange die Bewegung nicht verboten wird. Ein Gschmäckle aber bleibt. Besonders, da im Falle des Demonstrationsverbots auf dem Stephansplatz ein richterliches Urteil vorliegt. Anstatt also hier den Konfrontationskurs weiter zu fahren, sollte die Verwaltung sich zu diesem Urteil bekennen – und mit ihm zum Grundrecht auf Versammlungsfreiheit. Denn ein weiterer Rechtsstreit schadet allen Parteien.