Zwei großere weitere Wohnungsbauvorhaben nehmen Konturen an. Sowohl für das Vincentius-Areal an der Laube wie auch für die große Siemens-Fläche an der Bücklestraße hat der Gemeinderat wichtige Entscheidungen getroffen. Das ist der gute Teil der Nachricht auf dem überhitzten Konstanzer Immobilienmarkt. Denn nur ein größeres Angebot wird die beständig steigende und innerhalb der Stadt kaum zu regulierende Nachfrage einigermaßen ausgleichen können.

Der weniger erfreuliche Aspekt ist allerdings, dass die Stadt das vielleicht wichtigste soziale Thema zumindest an den zwei aktuell diskutierten Standorten in die Hand von Investoren gelegt hat. Zwar scheinen sie bereit, sich den Zielen des Handlungsprogramms Wohnen zu unterwerfen und auch Wohnraum für die weniger Begüterten zu schaffen. Aber am Ende werden beide Unternehmen vor allem den Gewinn maximieren wollen. Das ist für sich nichts Unanständiges, so funktioniert Marktwirtschaft. Aber Verwaltung und Politik werden genau darauf achten müssen, dass Absprachen eingehalten und tatsächlich auch bezahlbare Wohnungen geschaffen werden.

An der Bücklestraße musste die Stadt als Interessent für das Gelände aussteigen, weil der geforderte Preis das Limit für ein öffentliches Engagement bei weitem sprengte. An der Laube ging das Grundstück der öffentlich getragenen Vinentius-AG höchstbietend an einen Investor. In beiden Fällen ging es schlicht darum, den maximalen Verkaufspreis für Grund und Boden zu erzielen. Dass dieses Streben nicht auch die künftige Bewohnerstruktur bestimmen wird und Raum lässt für Menschen mit weniger dickem Geldbeutel, ist erst noch zu bewiesen.

So kommt es nicht zufällig, dass gerade in diesen Tagen ein Bündnis entsteht, das einen Gegenentwurf zum Handlungsprogramm Wohnen von Oberbürgermeister Uli Burchardt und seinem Team erarbeiten will. Die Zahl der Gruppen und Initiativen, die sich hinter der Bewegung versammeln, zeigt schon allein, dass man die Macht dieser Bewegung nicht unterschätzen sollte. Und: Sie nimmt eine Konstanzer Unterströmung auf, die sich nicht zum ersten Mal eine Stimme verschafft – es ist die Angst, in der eigenen Stadt bald keinen Platz mehr zu finden.

Nun ist das politische Geschick von OB, Baubürgermeister und Gemeinderat gefragt. Eine verhärtete Kontroverse – womöglich geführt mit der üblichen Mechanik aus Personalisierung, Polemisierung und Polarisierung – kann schnell dazu führen, dass eine zentrale Aufgabe ins Hintertreffen gerät. Die besten Antworten kann die Verwaltung selbst geben – indem sie die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum für alle Schichten konsequent über das Gewinnstreben von Investoren setzt und auf die Kritiker der bisherigen Entwicklung zugeht. Misslingt dies, bezahlt die ganze Stadt einen hohen Preis.