Sie stehen mitten im Verkehr, müssen sich von ungeduldigen Autofahrern oft auch noch beleidigen lassen und haben alle Hände voll zu tun, damit im Notfall wenigstens Feuerwehr, Polizei und Rettungswagen dorthin kommen, wo sie gebraucht werden.
Und trotzdem schaffen es die Verkehrskadetten oft nicht. Ob bei der Zufahrt zum Parkhaus Fischmarkt oder an der Dammgasse, wo es zum Parkhaus Markstätte geht: Seit Monaten sind zusätzlich immer wieder Mitarbeiter einer Security-Firma im Einsatz. Sie stellen Hütchen auf und zeigen, dass im Parkhaus alles voll ist und es keinen Sinn hat, sich auch noch in die Schlange zu stellen.
Die Verkehrsregelung von Hand wird immer teurer
Das kostet Geld – viel Geld. Die 140.000 Euro, die die Stadt Konstanz pro Jahr für den Verkehrskadetten-Einsatz kalkuliert, reichen bei Weitem nicht aus. Nicht für dieses Jahr, da braucht die Stadt 60.000 Euro über Plan. Das sind 42 Prozent mehr, als zunächst veranschlagt. Und auch nicht für nächstes Jahr, da sind nochmals 60.000 Euro zusätzlich erforderlich.
So hat es die Stadtverwaltung berechnet, und so soll es der Gemeinderat in einer Sondersitzung am 6. August beschließen. In den Ferien werden die Kommunalpolitiker unerwartet nochmals zusammengerufen, um ein Problem zu lösen.
Künftig sollen digitale Verkehrszeichen das Problem lösen
Für den Moment heißt die Antwort: Geld für Helfer. Für die Zukunft heißt sie aber eher: Geld für Technik. Denn die Verwaltung will die Verkehrskadetten durch digitale Verkehrszeichen ersetzen, die die Autofahrer auf die freien Parkplätze lenken und sie bei Überfüllung an der Einfahrt in die Altstadt hindern sollen.

Doch kann das überhaupt funktionieren? Werden die Autofahrer sich an die Anweisungen halten? Und ist Elektronik wirklich günstiger als geschultes Personal? Hier sind fünf Fragen und Antworten.
- Wie lief das bisher mit den Verkehrskadetten? Was hat es gekostet und was hat es gebracht? Die Verkehrskadetten sind seit 2015 im Einsatz, weil sich irgendwann zeigte, dass der Verkehr in der Altstadt besser organisiert werden muss. Die Aktion wird inzwischen von der Marketing und Tourismus Konstanz als Nachfolgeorganisation des Stadtmarketings koordiniert. Für 2018 und 2019 stellt die Stadt aus Steuermitteln dafür jeweils 140.000 Euro zur Verfügung. Dass es 2018 nur noch ganz wenige Tage mit sehr schwerem Stau gab, führte Verkehrsplaner Stephan Fischer kürzlich im Technischen und Umweltausschuss vor allem auf den Kadetten-Einsatz zurück.
- Warum braucht die Stadt plötzlich 40 Prozent mehr Geld für die Verkehrsregelung? In den vergangenen Monaten hat sich laut Stadtverwaltung gezeigt, dass zusätzlich zu den Kadetten der Kreisverkehrswacht weiteres Personal an den Parkhaus-Einfahrten benötigt wird. Denn wenn dort die Schlange zu lang ist, staut sie sich bis auf den Altstadtring zurück und bringt dort den Verkehr zum Erliegen, der eigentlich noch gut fließen könnte.
Zusätzlich seien weitere Schilder und bessere Technik zur Überwachung des Verkehrs nötig. Das soll für die Jahre 2018 und 2019 jeweils rund 60.000 Euro kosten. Inbegriffen ist darin die Miete für vier digitale Anzeigetafeln, die an der Europastraße, am Döbele-Kreisel, an der Mainaustraße und auf der Reichenaustraße den Verkehr auf den Großparkplatz am Bodenseeforum umleiten sollen, wenn in der Stadt alles dicht ist. - Gibt es schon Erfahrungen, wie Technik den Verkehr je nach Aufkommen regeln kann? Verkehrszeichen, die je nach Verkehrslage unterschiedliche Vorgaben anzeigen, gibt es bereits seit Jahrzehnten. Inzwischen sind sie nicht nur auf Autobahnen, sondern auch in Städten weit verbreitet. In Konstanz gibt es bereits dynamische Anzeigen zur aktuellen Parkplatz-Situation an der B33 beim Flugplatz sowie bei der Fähre. Auch an der Europastraße ist bereits entsprechende Technik zum Einsatz gekommen.
- Wann könnte Konstanz digitale Wegweiser bekommen und wie teuer wäre das? Das große Ziel ist es, Verkehrskadetten durch Technik zu ersetzen. Die vier gemieteten digitalen Wegweiser will die Stadtverwaltung möglichst bis zum Advent einsetzen. Langfristig sind aber feste elektronische Wegweiser geplant. Ein Konzept für ein solches System will die Verwaltung umgehend in Auftrag geben und möchte dafür vom Gemeinderat außer der Reihe weitere 50.000 Euro, die aber nicht einmal die ganzen Planungskosten abdecken.
Wie teuer dann die gesamte Technik wird, lässt sich allenfalls grob abschätzen. An Einmalkosten nannte die Verwaltung in einer großen Vorlage zum Thema Verkehrsentwicklung im Dezember eine Summe zwischen zwei und fünf Millionen Euro. Außerdem ist eine mit Personal besetzte Leitzentrale erforderlich, das soll nochmals rund 70.000 Euro pro Jahr kosten. - Was wird aus den Anwohnern und anderen Autofahrern, die trotz Sperre in die Innenstadt müssen? Das ist eine Frage, die nicht nur den CDU-Stadtrat Matthias Heider umtreibt. Die Zufahrt in die Innenstadt nur noch Bewohnern, Lieferanten und anderen Berechtigten mit einer Vignette zu erlauben und per Videoüberwachung alle zu ermitteln, die sich darüber hinwegsetzen, ist laut Stadtverwaltung "in Deutschland bisher noch nicht zulässig". Allerdings stellt sich diese Frage auch, wenn zum Beispiel vorübergehend Einfahrt-Verboten-Schilder oder Ampeln auf Dauer-Rot verwendet werden. Auch hier dürfte es schwierig werden, die Berechtigten in die Stadt zu lassen beziehungsweise bei diesen von einer Strafe abzusehen.