Auch am Mittwochmorgen nach dem stärksten Beben in Deutschland seit 2014 hat die Erde nochmal gewackelt: laut der Website erdbebennews.de habe es um 2.03 Uhr ein weiteres Beben der Stärke 2,3 in Konstanz gegeben. Ein schwächeres Beben mit der Stärke von 1,7 wurde um 7.26 Uhr registriert, diesmal nordöstlich von Dettingen. Darauf folgte nur wenige Minuten später ein Erdbeben der Stärke 3,2. Vor allem in Dettingen sei es zu spüren gewesen.
Michaela Slotta wohnt in Konstanz-Dettingen und hatte am Dienstag eine unruhige Nacht hinter sich. „Ich bin um kurz nach eins wach geworden und dachte, es würde gewittern“, erinnert sie sich. „Das war wie ein großer Donnerschlag.“ Nur wenige Minuten später war ihr bewusst, dass es sich nicht um ein Gewitter, sondern um ein Erdbeben handelte. „Es gab einen dumpfen Schlag und auf einmal wackelte alles“, sagt sie. „Wir waren sehr beunruhigt, weil wir das nicht wirklich einordnen konnten.“ Sie ging mit ihrem Mann auf den Balkon, sah, dass sich die halbe Nachbarschaft auf der Straße versammelt hatte.

„Nicht auf die Straße gehen“
„Überall brannte Licht, die Menschen redeten miteinander und waren besorgt.“ Sie selbst blieben im Haus – und haben sich laut Stefan Stange vom Landeserdbebendienst damit genau richtig verhalten: „Wir appellieren gerne an die Menschen, nicht auf die Straße zu gehen, falls Ziegel oder Teile von Schornsteinen vom Dach fallen, die zu schweren Verletzungen führen können.“ Und wer draußen ist, solle aus demselben Grund bitte draußen bleiben – möglichst weit weg von Häusern. Die Erdbeben, die hier zu erwarten sind, dürften den Gebäuden nichts anhaben, wie Stefan Stange erklärt: „Unsere Bauvorschriften sind sehr streng. Die Bausubstanzen sollten solche Erdbeben aushalten.“
Und ab wann wird es richtig gefährlich? „Das ist pauschal schwierig zu sagen“, so der Fachmann. „Das ist natürlich auch abhängig von der Entfernung zum Epizentrum. Ab einer Stärke von vier bis fünf auf der Richter-Skala kann man mit ersten Schäden rechnen.“ Glücklicherweise sei ein Beben dieser Stärke für unsere Region sehr unwahrscheinlich. Das Epizentrum lag rund drei Kilometer unterhalb von Dettingen – war also relativ flach.

Zum Vergleich: Das schwere Erdbeben von Italien 2016 hatte eine Stärke von 6,2, das von Konstanz 3,7. Die Wirkungen werden auf der Richter-Skala wie folgt beschrieben: 3 bis 3,9 (Konstanz): „Nur von wenigen Menschen wahrgenommene Schwingungen; Erschütterung vergleichbar einem vorbeifahrenden Lastwagen; leises Flirren aneinander stehender Gläser.“ 6 bis 6,9 (Italien): „Wird von allen betroffenen Menschen mit großem Schrecken erlebt; teilweise Panik möglich; einzelne Schocks treten auf; Menschen verlassen rasch ihre Häuser; Gebäude können erhebliche Beschädigungen erleiden; es kann zu Einstürzen kommen; es gibt oft Verletzte; es besteht Gefahr für Leib und Leben; an Küsten sind Flutwellen möglich.“ In Konstanz gab es nach bisherigen Informationen der Polizei weder Personen- noch Sachschaden.
„Wann und wo das nächste Beben kommt, weiß niemand“
Vorhersehen konnte das Erdbeben in Konstanz niemand. Selbst die Fachleute stehen da weitgehend vor Rätseln. „Wir wissen aufgrund von Statistiken zwar, dass der südliche Oberrhein bei Basel, der Niederrhein bei Aachen und die Zollernalb die am meisten gefährdeten Gebiete in Deutschland sind, doch wann das nächste kommt und wie stark das ist, weiß niemand“, so Stefan Stange. Sind denn weitere Nachbeben in Konstanz möglich? „Das können wir nie ausschließen. Es wäre aber unseriös, eine zuverlässige Antwort geben zu wollen.“
Unzählige Messstationen in ganz Deutschland registrieren jede Erschütterung. Im Fall von Dettingen schlugen zehn Stationen an. Auf den jeweiligen Seismografen wurde das Beben mit einer Fieberkurve angezeigt – bei allen Vor-, Haupt- und Nachbeben. Experten wie Stefan Lange können anhand der unterschiedlichen Seismografen exakt anzeigen, wo, wann und in welcher Tiefe das Beben war. „Je tiefer und je stärker es ist, desto weiter ist es spürbar!“, erklärt er. Seine Aufgabe wird es nun sein, die Erschütterung von Dettingen exakt zu analysieren. „Wir möchten natürlich gerne dahinter kommen, was der Auslöser war und was genau sich da verschoben hat“, sagt Stefan Lange. „Das dauert rund ein halbes Jahr, bis wir da verlässliche Aussagen machen können.“
Die Tatsache, dass viele Menschen bereits vor dem Hauptbeben wach sind, ist einfach zu erklären: „Die Vorbeben sorgen für Aufmerksamkeit und einen leichten Schlaf, so dass man dann schon vor dem großen Beben wach ist“, sagt Jens Skapski, der die Homepage www.erdbebennews.de betreibt und als einer der Ersten über die Ereignisse von Dettingen berichtete. So ähnlich verhält es sich mit Haustieren: Die haben von Natur aus einen leichten Schlaf, jede Erschütterung hält sie wach.
„Ich stand senkrecht im Bett“
Erika Landthaler lebt ebenfalls in Dettingen mit ihrer Familie. Die 44-Jähriger erlebte vor einigen Jahren ein schweres Erdbeben in Bulgarien – damals der Stärke 6. „Das war damals sehr, sehr heftig“, sagt sie. „Als es in der Nacht auf Dienstag losging, stand ich senkrecht im Bett. Ich habe mich sofort an Bulgarien erinnert.“ Nach den ersten beiden Beben ging zu auf die Straße zu Nachbarn, die bereits dort waren. Kaum war sie später wieder im Bett, ging es weiter. „Das war wie eine Bombe“, erinnert sich Erika Landthaler. „Ein Albtraum, einfach schrecklich. Alles hat gewackelt.“