DLRG. Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft. Klingt irgendwie sperrig. Dahinter steckt die mit 550.000 Mitgliedern größte Wasserrettungsorganisation der Welt. Menschen, die ihre Freizeit opfern und ihr eigenes Leben aufs Spiel setzen – um das Leben anderer zu retten. Geld gibt es nicht für die Lebensretter, alles wird im Ehrenamt vollbracht. „Dazu muss man geboren sein“, sagt Clemens Menge, Leiter der Ortsgruppe Konstanz. „Wir sind alle mit Herz und Leidenschaft dabei. Anders ginge das nicht.“

Immer im Dienst. Immer im Einsatz.

Clemens Menge und Einsatzleiter Peter Augustyniak gehen zusammen mit dem SÜDKURIER-Redakteur eine gute Stunde schwimmen. Der Gruppenleiter hat vorsichtshalber ein kleines Rettungspaket umgebunden. „Ich kenne deine Schwimmfähigkeiten ja nicht“, erklärt er. Beruhigend und charakteristisch für ein DLRG-Mitglied. Immer im Dienst. Immer im Einsatz.

Als vor wenigen Wochen ein Jugendlicher am Strandbad Wallhausen beinahe ertrank, waren die Mitglieder des DLRG nach wenigen Minuten vor Ort.
Als vor wenigen Wochen ein Jugendlicher am Strandbad Wallhausen beinahe ertrank, waren die Mitglieder des DLRG nach wenigen Minuten vor Ort. | Bild: Schuler, Andreas

„Der Seerhein birgt viele Gefahren“

Es geht in den Seerhein bei der Wasserschutzpolizei. Das Wasser ist angenehm kühl an diesem heißen Sommertag. „Der Seerhein birgt aber auch viele Gefahren“, sagt Clemens Menge. Die Strömungen seien nicht zu unterschätzen. „Immerhin haben wir hier keinen Sog, der dich nach unten zieht“, erklärt der Fachmann. „Aber man wird leicht weggetrieben.“

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Was tun, wenn das passiert? Clemens Menge erklärt: „Sich einfach treiben lassen, bis man irgendwo an Land kommt. Die meisten machen den Fehler und versuchen, wieder dorthin zu kommen, wo sie herkommen.“ Das würde nur unnötig Kraft kosten und könne schlimme Folgen haben. Also, für die Zukunft im Hinterstübchen notiert: treiben lassen wenn die Strömung zu stark wird, nicht gegen den Strom schwimmen.

Clemens Menge, Peter Augustyniak und Andreas Schuler (von links) nach dem kräftezehrenden Ausflug in den Seerhein.
Clemens Menge, Peter Augustyniak und Andreas Schuler (von links) nach dem kräftezehrenden Ausflug in den Seerhein. | Bild: Hanser, Oliver

Schon nach wenigen Metern spüren wir die Kraft des Seerheins. Hier kann man minutenlang schwimmen und keinen Meter voran kommen. Die beiden Seeretter erspähen einen Kopf genau in der Mitte des Wassers. „Das ist fahrlässig und unvernünftig“, kommentiert Clemens Menge. „Selbst jetzt zur Mittagszeit unter der Woche fahren hier ständig Boote in beiden Richtungen. Da ist so ein Schwimmer im Wasser nur schwer zu sehen.“ Sie registrieren durchaus, dass die Menschen immer wagemutiger werden, wenn sie in den See gehen.

„Die Gefahr Wasser wird selten gesehen“

„Viele Unfälle wären leicht zu verhindern gewesen“, sagt Peter Augustyniak. „Das ist wohl der Zahn der Zeit, dass man gerne ein gewisses Risiko eingeht.“ Ein paar Tage zuvor wurde zum Retter in höchster Not, wie er erzählt: „Ein kleines Kind saß in seinem aufblasbaren Wassertier im Wasser, die Eltern beachteten es nicht“, berichtet er von dem Ereignis am Hörnle. „Mir war klar, dass es gleich umkippen würde. Und genau das geschah.“ Er sprang sofort hin, zog des kleine Kind aus dem Wasser und brachte es den erstaunten Eltern. „Oft sind die dann überrascht und spielen die Angelegenheit herunter. Das ist auch typisch: Die Gefahr Wasser wird selten gesehen.“

rechts das Boot der Wasserschutzpolizei, im Hintergrund das Schänzle.
rechts das Boot der Wasserschutzpolizei, im Hintergrund das Schänzle. | Bild: Hanser, Oliver

Die Wertschätzung der ehrenamtlichen Arbeit ist so eine Sache. „Wir wollen kein Dankeschön“, sagt Clemens Menge. Doch etwas mehr Anerkennung und Unterstützung sei schon schön. Die Kosten für die teuren Lebensrettungen werden getragen von einem städtischen Sockelbetrag, den Jahresbeiträgen der Mitglieder sowie durch Spenden.

Die DLRG gilt vor dem Gesetz als ganz normaler Verein

Als öffentlich-rechtlicher Verein muss die DLRG ganz normal Steuererklärungen machen oder Rechenschaft ablegen. Da spielt es keine Rolle, ob der jeweilige Verein Fußball spielt, Hasen züchtet – oder eben Leben rettet. „Es wäre schon toll, wenn zum Beispiel die betroffene Kommune hier uns vorhandene Fachleute zur Verfügung stellen würde, um Probleme zu lösen oder abzuarbeiten“, sagt Clemens Menge.

Beitrag bezahlen, um ehrenamtliche Arbeit leisten zu können

Die Konstanzer Gruppe hat rund 1000 Mitglieder, 120 davon sind aktiv. Vor kurzem verschmolzen die Gruppen Konstanz und Wallhausen zu einer zusammen. 38 000 ehrenamtliche Stunden kommen in einem Jahr schon zusammen. Der Familienjahresbeitrag beträgt 96 Euro. „Dieses Geld benötigen wir unbedingt für Investitionen“, sagt Clemens Menge. Die Stadt Konstanz zahlt jährlich 30.000 Euro an die DLRG, 2018 gab es eine Sonderzahlung in Höhe von 5000 Euro. „Im Grunde genommen sind das Tropfen auf dem heißen Stein“, erklärt der Vorsitzende. „Wir haben pro Jahr laufende Kosten in Höhe von rund 150.000 Euro.“

Thomas Wulst (Stellvertretender Vorsitzender) und Clemens Menge (Vorsitzender) von der DLRG-Ortsgruppe Konstanz.
Thomas Wulst (Stellvertretender Vorsitzender) und Clemens Menge (Vorsitzender) von der DLRG-Ortsgruppe Konstanz. | Bild: Sarah Steen

Ohne den selbstlosen Einsatz der Mitglieder sowie den Spenden von außerhalb wäre der Betrieb nicht möglich. Zehn Satz Klamotten würden alleine schon 5000 Euro kosten. „Wenn wir Menschen retten wollen, müssen wir die richtige Ausbildung haben und gut ausgerüstet sein“, erzählt Peter Augustyniak. „Ansonsten würde es nicht funktionieren.“ Ein gewisses Risiko ist immer dabei. „Wir begeben uns ja selbst auch in Gefahr“, so Clemens Menge. „Man glaubt gar nicht, was Menschen mit Todesangst für Kräfte entwickeln.“ Jedes Mitglied muss Rettungsschwimmer sein, die Ausbildung ähnelt der anderer Rettungskräfte sehr. „Wir sind also genau so professionell ausgebildete Retter und Helfer“, sagt Peter Augustyniak. „Mit dem Unterschied, dass wir alles ehrenamtlich in unserer Freizeit machen.“

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Jetzt im Sommer haben die Lebensretter viel zu tun. Jeden Samstag von 12 bis 19 Uhr und jeden Sonntag von 10 bis 19 Uhr ist ihr Posten am Hörnle besetzt. Wenn in den Strandbädern der Vororte etwas passiert, sind sie in ein paar Minuten vor Ort, um die dort dauerhaft anwesenden Schwimmmeister gemeinsam mit Polizei und Feuerwehr zu unterstützen. Unter der Woche schieben Mitglieder Dienst, wenn sie Zeit und Lust dazu haben. Bei dramatischen und traumatischen Ereignissen, wenn Menschen nur noch tot geborgen werden können, erhalten sie professionelle Hilfe in Form von Nachbearbeitung und Betreuung.

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„Eine Sieben-Tage-Einsatzwoche ist im Ehrenamt leider nicht möglich“, wie der Vorsitzende erklärt. Im Gegensatz zu den Menschen von Feuerwehr und Polizei dürfen DRLG-Mitglieder auf dem Weg zu den Einsatzfahrzeugen keine Tempolimits überschreiten, ohne dafür belangt zu werden. „Das ist zumindest mal fragwürdig“, stellt Clemens Menge süffisant fest.

„Hoffen wir, das in diesem Sommer nichts mehr passiert“

Die beiden Lebensretter sind auch beim gemeinsamen Schwimmen mit dem SÜDKURIER-Redakteur stets mit einem Ohr am Strand. In ihren Sporttaschen befinden sich die Pieper, die bei einem Notfall anschlagen. Nach rund einer Stunde ist der Ausflug zur Mittagspause beendet, es geht zurück zur Arbeit. „Hoffen wir, dass in diesem Sommer nichts schlimmes mehr passiert und wir so schnell nichts mehr im SÜDKURIER stehen“, sagen die beiden lachend zum Abschied.

Clemens Menge, Leiter der DLRG-Ortsgruppe Konstanz.
Clemens Menge, Leiter der DLRG-Ortsgruppe Konstanz. | Bild: SK-Archiv

Wer für die DLRG-Ortsgruppe Konstanz etwas Geld spenden möchte, um die Lebensretter bei der Finanzierung von Ausrüstung und Ausbildung zu unterstützen, kann dies gerne tun: Sparkasse Bodensee, IBAN: DE86 6905 0001 0000 0237 05, BIC: SOLADES1KNZ