Eine Spirale in Regenbogenfarben, nach oben offen: Dieses Motiv aus Legosteinen hängt seit wenigen Tagen in der Stephansschule. Erstellt haben es die Kinder, die vor einem Jahr einen Mitschüler verloren. Denn damals geriet ein siebenjähriger Zweitklässler in seiner ersten Schulschwimmstunde am 18. September 2023 unter Wasser, einige Tage später starb er im Krankenhaus.
Das bunte Mosaik soll zeigen: Wir haben dich nicht vergessen. Laut Regierungspräsidium Freiburg (RP), das in dieser Angelegenheit die Kommunikation für die Stephansschule übernommen hat, symbolisiert das Bild „unendliche Verbundenheit“.
Der Junge starb kurz vor seinem achten Geburtstag. An dem Tag, an dem er neun Jahre alt würde, wird die Schulgemeinschaft Luftballons mit Briefen an ihn steigen lassen. Und wenn die Kinder seiner Klasse dies wünschen, zünden sie auch weiterhin jeden Freitag eine Kerze für ihn an.

Auch die betroffenen Eltern halten sich an Ritualen fest. Anfangs trafen sie sich jeden Abend mit Freunden und Familie an der Ecke Laube/Stephansplatz, wo sie bei einer Art Gedenkstelle Blumen und Gedichte niederlegten, Kerzen anzündeten und füreinander da waren. Das tun sie bis heute, wenn auch nicht mehr täglich.
„Wir fühlten uns so überwältigt von der Unterstützung, die wir von Freunden und Eltern aus der Schule erhielten. Wir wissen nicht, wie wir das zurückzahlen können“, sagt der 38-jährige Vater Darshan Pandya knapp ein Jahr nach dem tragischen Tod seines Sohnes. Auch heute noch seien die Treffen sehr hilfreich, um Gefühle zu teilen.

„Wir fühlen uns wütend, hilflos und traurig“
Und davon haben die Eltern sehr viele. „Meine Frau und ich fühlen uns verloren, wütend, hilflos, traurig und noch viel mehr“, sagt Darshan Pandya. „An diesem Tag ging auch ein Teil unserer Seele von uns. Es ist eine sehr schwere Zeit. Wir weinen beide jeden Tag und trösten uns jeden Tag.“
Sie erfahren seither jeden Moment als Herausforderung und denken an ihren Sohn. „Er war unser einziges Kind, voller Energie und Leben. Er war intelligent und fleißig, aber auch sehr fröhlich“, sagt der 38-jährige Vater. Er und seine Frau erhoffen sich, dass die Umstände, unter denen ihr Sohn starb, bald aufgeklärt werden. Und sie wünschen sich grundlegende Veränderungen beim Schulschwimmen. Doch bislang seien sie enttäuscht worden, so Pandya.
„Die Schulbehörden haben vor und während des Schwimmunterrichts versagt, aber nach dem Vorfall war das Versagen noch größer“, formuliert der Vater. Die Aufarbeitung der Krise sei unbefriedigend, vom Kultusministerium Baden-Württemberg fühlt er sich im Stich gelassen. Auch der juristische Weg geht den Eltern nicht schnell genug.
„Wir würden gern wissen, wer für den Tod unseres Kindes verantwortlich ist“, sagt Darshan Pandya. Im Auftrag der Eltern stellte ihr Anwalt Dubravko Mandic sieben Strafanträge gegen Personen, die er und die Eltern für mitverantwortlich halten.

„Wir sind nicht hier, um jemandem die Schuld zu geben, aber gleichzeitig möchten wir, dass dieses unglückliche Ereignis keinem anderen Kind passiert“, sagt der Vater. „Kein anderer Elternteil sollte so leiden, wie wir leiden. Wenn dies in Zukunft durch Bestrafung oder durch irgendein anderes Mittel vermieden werden kann, dann werden wir diesen Weg gehen.“
Kinder sollen Waschanlage gespielt haben
Was genau vor einem Jahr im Hallenbad am Seerhein passierte, wird sich wohl beim Gerichtsverfahren klären. Unter anderem sollen die Kinder, darunter einige Nichtschwimmer, zu Beginn der Schwimmstunde ein „Autowaschspiel“ gespielt haben, wie der Vater mitteilt. „Dabei sollten die Kinder immer wieder unter Wasser tauchen und hochkommen“, sagt er.
Während dieses Spiels habe wohl jemand seinen Sohn nach einiger Zeit unter der Wasseroberfläche gefunden. „Was dazwischen geschah und wie er unterging, ohne dass es jemand bemerkte, ist wirklich schwer zu verstehen“, sagt Darshan Pandya und ergänzt: „Ich habe viele Gerüchte und unsinnige Geschichten gehört und möchte alle bitten, diese nicht weiterzuverbreiten.“
Darshan Pandya und seine Frau hoffen nun, dass sich die Ausgestaltung des Schwimmunterrichts grundlegend ändert. Tatsächlich hat sich in Konstanz seit dem Vorfall bereits etwas getan: Die Forderung vieler Eltern nach mehr Unterstützung im Hallenbad wurde erfüllt. In allen elf Konstanzer Grundschulen ist seit diesem Schuljahr zusätzlich eine Fachkraft des Schwimmklubs Sparta anwesend – in manchen Schulen sogar schon früher.
„Die Dinge sollten immer zum Besseren verändert werden“, findet Darshan Pandya. „In diesem Fall kann das Bessere das Leben eines Menschen retten.“ Sogar mehr als ein Leben, wie der Vater formuliert: „Bei uns ist nicht nur das Kind tot, sondern die ganze Familie mit ihren Träumen und ihrer Seele. Die ganze Familie ist geistig tot.“