Caritas-Geschäftsführer Andreas Hoffmann klingt am Telefon frustriert und gleichzeitig realistisch: „Es war ja nur eine Frage Zeit“, sagt er. „Überall im Landkreis treten derzeit neue Fälle auf. Davor sind offenbar keine Einrichtungen und keine Personen gefeit.“

Sechs Mitarbeiter der Caritas-Pflegeeinrichtung Don Bosco sind über das Wochenende an Corona erkrankt. Eine Pflegerin klagte am Freitag über Halsschmerzen und Fieber – am selben Tag sowie am Samstag zeigten fünf weitere Mitarbeiter Symptome. „Wir waren dann sofort mit dem Gesundheitsamt in engem Kontakt“, erklärt Hoffmann. „Am Montag war klar, dass alle sechs Personen an Covid-19 erkrankt sind.“ Derzeit befinden sie sich mit ihren Familien in häuslicher Quarantäne.
Bewohner mehrmals täglich auf Symptome untersucht
Hoffmann und sein Team berieten das weitere Vorgehen. Das Ergebnis kommunizieren sie in einer Mitteilung wie folgt: „Vorsorglich wurde nun für alle 50 Mitarbeitenden im Haus Don Bosco ein Test durchgeführt. Alle Bewohner untersuchen wir mehrmals täglich auf Symptome. Sechs weitere Bewohner in Don Bosco wurden ebenfalls vorsorglich getestet. Alle Angehörigen wurden informiert.“
Bewohner mit Erkältungssymptomen
Weitere Ergebnisse liegen noch nicht vor. Die sechs ebenfalls getesteten Bewohner zeigten Erkältungssymptome. Bisher haben die Verantwortlichen darauf verzichtet, sämtliche Bewohner zu testen. Im St. Marienhaus, wo im Frühjahr Corona-Fälle auftraten, gibt es laut Caritas derzeit weder positiv getestete Mitarbeiter noch Bewohner.
Suche nach Infektionsherd
Der Geschäftsführer der Caritas-Altenhilfe Andreas Hoffmann und die Hausleitungen stehen laut eigener Aussage seit Beginn der Pandemie in intensivem Kontakt zum Gesundheitsamt. „Unsere umfangreichen Hygiene- und Sicherheitsmaßnahmen in allen Einrichtungen sind mit dem Gesundheitsamt eng abgestimmt“, schreibt die Pressestelle.
Geschäftsführer Hoffmann steht vor einem Rätsel: „Seit März tragen unsere Mitarbeiter durchgängig FFP2-Schutzmasken. Daher hat uns dieser Ausbruch jetzt sehr überrascht.“ Die Betroffenen hätten nicht einmal in den selben Abteilungen gearbeitet und würden sich den ganzen Tag nicht begegnen. „Es ist auch ein junger Familienvater darunter, der wegen seines kleinen Kindes ganz besonders vorsichtig war.“
Das Gesundheitsamt ist derzeit damit beschäftigt, die Kontaktpersonen zu ermitteln und zu informieren. Ist bekannt, wie sich die Infektionen im Haus verbreiten konnten? Oder sind das jeweils einzeln zu betrachtende Fälle, die nicht verbunden sind? „Dazu haben wir derzeit noch keine Kenntnisse“, schreibt die Pressestelle des zuständigen Landratsamtes Konstanz. Die Suche nach dem Infektionsherd erscheint sowieso wie die Suche nach dem Tropfen Öl im Bodensee – laut Gesundheitsamt können bei lediglich 25 Prozent aller Covid-19-Infektionen die Herde nachvollzogen werden. „75 Prozent der Erkrankungen können also nicht aufgeklärt werden“, sagt Hoffmann.
Was für ihn ganz besonders wichtig ist: „Die Qualität unserer Mitarbeiter steht nicht zur Diskussion. Sie sind sich alle ihrer Verantwortung bewusst und handeln dementsprechend. Seit März gibt es bei uns im Hintergrund kein anderes Thema als Corona, gleichzeitig ist die Pflege weiter gelaufen auf hohem Niveau.“
Angehörige von Bewohnern dürfen derzeit und noch mindestens bis Ende der Woche nicht zu Besuch kommen. „Das ist eine Verfügung des Gesundheitsamtes„, erklärt Hoffmann. „Wir möchten alles tun, damit sich das Virus nicht ausbreitet.“ Palliativ behandelte Menschen sind vom Besuchsverbot ausgenommen. „Diese Ausnahmen sind aus menschlicher Sicht richtig und wichtig. Das hat auch in der Vergangenheit gut funktioniert.“ Intensive Hygienemaßnahmen machen es möglich.
Weiteres Heim betroffen
Noch ein weiteres Pflegeheim in Konstanz ist von Corona betroffen, wie das Landratsamt auf SÜDKURIER-Nachfrage mitteilt. Welches dies ist und wie viele Personen betroffen sind, gibt die Behörde nicht bekannt. Das Amt hat aber eine Erklärung, warum derzeit gefühlt an allen Ecken und Enden neue Fälle auftauchen, wie die Pressestelle schreibt: „Durch die Lockerungen hat über die Sommermonate bis zur neuen Coronaverordnung des Landes am 2. November 2020 ein weitgehend normales Alltagsleben stattgefunden.“
Weiter schreibt das Landratsamt: „Überall, wo Menschen aufeinander treffen, kann sich ein hochinfektiöses Virus wie das Coronavirus schnell ausbreiten. Das Virus ist mittlerweile in allen Bevölkerungsgruppen angekommen. Daher der nachdrückliche Hinweis an alle: AHA-Regeln beachten, Lüften, soziale Kontakte auf ein Minimum und das Nötigste reduzieren. Für Einrichtungen und Unternehmen gilt: Hygienekonzepte konsequent umsetzen.“
Immer mehr Tests im Landkreis
In der vergangenen Woche wurden laut Landratsamt in den Laboren Brunner und Blessing für den Landkreis Konstanz 4626 Tests durchgeführt, in der Vorwoche waren es 3907 und davor 3698. „Es wird also mehr getestet“, so die Pressestelle.