Vor zehn Tagen, an einem späten Freitagabend, wurde ein Bewohner der Senioreneinrichtung Marienhaus positiv auf das Corona-Virus getestet. Der 88-jährige Mann kam sofort in Quarantäne, die Personen, die mit ihm in Kontakt standen, wurden ebenfalls getestet. Allesamt negativ. Schon wenige Tage später war der positiv Getestete wieder fit, bleibt in Quarantäne.
Tests für alle Bewohner und Mitarbeiter
Die Landesregierung hat angekündigt, dass ab dieser Woche sämtliche Bewohner und Mitarbeiter getestet werden müssen. „Ein Witz“, sagt Caritas-Geschäftsführer Andreas Hoffmann. „Das sind ja nur Momentaufnahmen, das ist teurer Aktionismus. Es wird Verdachtsfälle geben. Das löst bei den Menschen etwas aus.“ Wir haben uns mit Bewohnern, einem Geschäftsführer und einer Heimleiterin getroffen.
Die Bewohner: „Das Ganze ist echt lästig“
Gisela und Alexander Friemel wohnen seit 2014 im Parkstift Rosenau. Die beiden haben eine Wohnung angemietet und genießen die Serviceleistungen der Einrichtung. „Seit Mitte März ist der Speisesaal geschlossen und wir erhalten unser Essen auf dem Zimmer“, berichtet Alexander Friemel. „Das ist eine grandiose logistische Leistung des Personals.“
„Disziplinierte Bewohner“
Es herrscht ein striktes Besuchsverbot, die Bewohner werden angehalten, sich nur auf dem großzügigen Gelände der Rosenau aufzuhalten. „Wir Bewohner sind sehr diszipliniert“, sagt der 96-Jährige. „Aber die ganze Situation ist echt lästig.“ Dass bisher keine bestätigte Infektion bekannt ist, führt er auch auf das aufmerksame Personal an der Rezeption zurück. „Hier wird überall professionell gearbeitet.“
Lob hat er für die Geschäftsführer und die Mitarbeiter der Rosenau parat: „Bei schönem Wetter finden im Garten tolle Veranstaltungen mit Gesang, Dudelsack- oder Gitarrenmusik statt, die wir vom Balkon aus verfolgen können.“

Marina Gernard, Kundenbetreuerin in der Rosenau, bietet im Garten Gymnastik-Kurse an. „Wir machen die Übungen auf dem Balkon nach“, sagt Alexander Friemel.
Die Heimleiterin: „Im Spannungsfeld“
Bärbel Sackmann, Heimleiterin im von der Caritas betriebenen Marienhaus, kann der stressigen und schwierigen Zeit zumindest etwas Positives abgewinnen: „Der Wert unserer Arbeit ist gestiegen“, sagt sie. „Wir erfahren viel Zuspruch von Angehörigen.“ Vielen werde bewusst, dass der Job in der Altenpflege krisensicher ist.
Geld ist derzeit kein Thema
„Bezahlung ist derzeit kein Thema“, versichert sie. „Auch die Prämie in Höhe von 500 Euro nicht. Das wäre zwar sehr schön. Aber über Geld wird derzeit nicht diskutiert.“ Sie ist nah dran an den Menschen im Marienhaus. „Unsere Mitarbeiter leben im Spannungsfeld zwischen Patienten und Angehörigen“, erzählt sie.
Als sie vom positiven Test bei einem Bewohner erfuhr, musste sie zunächst schlucken. „Doch wir waren sehr gut darauf vorbereitet, was Material und Strukturen angeht.“ Der Notfallplan wurde umgehend umgesetzt und seither konsequent eingehalten.
Besuche vereinzelt wieder möglich
So wurden zum Beispiel Doppelzimmer aufgelöst, Fieber wurde vorher schon täglich gemessen. In den nächsten Tagen werden Räume eingerichtet, in denen erstmals wieder Besuche stattfinden dürfen. Bewohner und Besucher werden durch Plexiglas zum Schutz vor Viren voneinander getrennt.
Der Geschäftsführer: „Schwer erträglich“
Andreas Hoffmann möchte eine Lanze brechen für die Mitarbeiter der Caritas, die in dieser Zeit über ihre Grenzen gehen: „In der Altenpflege arbeiten Menschen, die eine feste und lange Beziehung zu anderen Menschen haben möchten. Anders als im Krankenhaus erleben Altenpfleger eine lange Zeit mit den Bewohnern.“
„Emotional und schwer erträglich“
Die aktuelle Corona-Situation sei aus drei Gründen emotional schwer erträglich: „Sie sorgen sich um die eigene Familie daheim, um die Bewohner und müssen mit den Sorgen der Angehörigen umgehen können, die regelmäßig anrufen, aber nicht zu Besuch kommen können.“
Andreas Hoffmann ist für 800 Mitarbeiter verantwortlich. Seit Mitte März ist Freizeit für ihn ein Fremdwort. „Der Job ist stressig“, sagt er. „Aber mein Herz schlägt für meine Leute.“ Für Bundesgesundheitsminister Jens Spahn hat er lobende Worte parat: „Er hat einen super Schutzschirm aufgespannt. Altersheime und Sozialstation haben keine finanzielle Probleme.“
Schlimm aber seien die Schließungen der Behindertenwerkstätten. „Wir mussten 300 Menschen mit Behinderung erklären, dass sie keine Arbeit mehr haben. Ein schlimme Situation.“