Es ist kurz nach 11 Uhr, als am Donnerstag im Haus Talgarten bei Silvia Zepf, Leiterin des Bereichs Hauswirtschaft, das Telefon klingelt. Am Apparat ist Andreas Voß, der Chef der Spitalstiftung, zu der das Pflegeheim gehört. Seine Nachricht bringt Zepf fast zum Jubeln, so erzählt sie es später im Gespräch mit dem SÜDKURIER.

750 Euro statt 500 Euro

Die Corona-Prämie von Bund und Land für Zepfs Team will die Stiftung aus eigenen Mitteln erhöhen. Statt 500 Euro gibt es nun 750 Euro extra für alle Mitarbeiter. Und nicht nur für die. Auch für das Team Küche und das Sekretariat. „Einfach großartig, damit hätten wir nicht gerechnet“, sagt Silvia Zepf auf dem Weg zum Fototermin mit einigen ihrer Mitarbeiterinnen. Was die wohl dazu sagen?

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Am Abend zuvor im Spitalausschuss des Konstanzer Gemeinderats. Die Vorlage, über die die Stadträte beschließen sollen, sieht eigentlich keine Aufstockung der Corona-Prämien in der Altenpflege vor. Viel mehr geht es darum, dass die Mitarbeiter der Spitalstiftung, die von Bund und Land keine Prämie erhalten würden, trotzdem etwas erhalten.

Zwei Personengruppen sollten gar nichts bekommen

Das sind die Alltagsbegleiter der Pflege-Wohngemeinschaften und die der Einrichtung Woge für psychisch Kranke. Geld gibt es nämlich laut Gesetz nur für Altenpflegeeinrichtungen. Deshalb bittet die Stiftungsverwaltung, vertreten durch Andreas Voß, die Räte um Zustimmung für eine Extra-Prämie aus eigenen Mitteln.

Es handelt sich um insgesamt 21.000 Euro. Doch dann sagt Voß: „Wir möchten den Beschlussvorschlag ausweiten. Nach bisheriger Lage bekommen die Mitarbeiter in Küche, Hauswirtschaft und Sekretariat doch nur 500 Euro. Wir gingen von mehr aus.“ Ihm geht es um Gerechtigkeit. Die Pflegekräfte, die direkt mit den Senioren arbeiten, sollen 1500 Euro bekommen. Zwischen 500 Euro und 1500 Euro besteht schon ein Unterschied.

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„Diejenigen, die nur 500 Euro erhalten, sind ohnehin in den unteren Einkommensgruppen“, sagt Voß den Stadträten. Die Stiftungsverwaltung will von 500 auf 750 Euro aufstocken, aus eigenen Mitteln. „Es wären etwa 11.000 Euro zusätzlich und es wäre ein schönes Zeichen der Wertschätzung“, sagt er.

Warum ist der Bonus nicht für alle gleich hoch?

Aber warum bekommen nicht alle in der Altenpflege gleich viel? Diese Frage stellt Achim Schächtle (FDP) im Ausschuss. Auf der Webseite des Bundesgesundheitsministeriums wird es so erklärt: Wer mehr mit den Bewohnern zu tun hat, also hauptsächlich direkt am Senior arbeitet, ist stärker belastet und erhält mehr Geld, so die Logik. Bis zu 1500 Euro von Bund und Land. Wer für die Senioren arbeitet, nicht an ihnen, erhält 500 Euro. Wie die Hauswirtschaftskräfte im Haus Talgarten.

Risiko statt Homeoffice

Wolfgang Müller-Fehrenbach von der CDU argumentiert in dieser Linie: „Es macht schon einen Unterschied, ob man, wenn man mit den Bewohnern zusammenkommt, stündlich und minütlich das Risiko trägt.“ Normen Küttner von der FGL ergänzt: „Während andere im Homeoffice waren, waren alle in der Altenpflege im Risiko, das darf man hier nicht vergessen.“

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Die Stadträte loben einhellig die Arbeit der Spitalstiftung – und stimmen schließlich einstimmig für die Prämien und die Aufstockung um 250 Euro für die Bereiche Hauswirtschaft, Sekretariat und Küche.

Den Laden am Laufen gehalten

Am nächsten Tag im Haus Talgarten. Die Leiterin des Hauswirtschaftsteams Silvia Zepf steht jetzt mit vier ihrer Mitarbeiterinnen im Garten. Noch dazugekommen sind Küchenhilfe Agostina Raffaela und Beikoch Ribeiro Joao. Der sagt: „Unsere Meinung ist, es gehört alles zusammen, wir alle haben in der Corona-Zeit den Laden am Laufen gehalten.“

Ein Stück weit mit eingesperrt

Hauswirtschafterin Margareta Falkenstein erklärt, dass die Belastung auch eine psychische war: „Die Bewohner haben uns viel gefragt und wir haben versucht, Ängste nicht an sie weiterzugeben.“ Und Joao: „Wir haben die Bewohner beruhigt und ihnen vermittelt, dass wir alle da sind und sie nicht alleine lassen.“

Falkenstein erklärt, dass es auch für sie selbst als Asthmatikerin nicht leicht gewesen sei, ständig mit Maske zu arbeiten. „Wir waren“, sagt Silvia Zepf, „ja ein Stück weit mit eingesperrt mit den Bewohnern.“

Was machen mit dem Geld?

Haben sich die Damen und der Herr schon überlegt, was sie mit der Prämie anstellen wollen? Margarete Falkenstein braucht einen neuen Staubsauger. Ribeiro Joao will sparen, er verdient ohnehin wenig, sagt er. Und Agostina Raffaela? Sie will ihre Mutter in Italien besuchen. Wegen Corona ging das bisher nämlich nicht. „Und ich wurde hier gebraucht“, sagt sie und lächelt.