Was über den großen Bildschirm in der Kajüte flackert, sieht aus wie aus einem Science-Fiction- oder Endzeit-Film entnommen. Ein schlundartiges Loch ist zu sehen, kleine, kreisförmig angeordnete und spitze Gebilde – fast könnten es Zähne sein – und dahinter blau leuchtende, wellige Formen. Es sind Bilder, die noch nicht viele Menschen live gesehen haben. Sie geben Einblick ist das Innere einer Quagga-Muschel, in Echtzeit gezeigt mithilfe eines Endoskops.

Ein bisschen fühlt man sich auch an Frank Schätzings Erfolgsroman „Der Schwarm“ erinnert. Dort werden Forscher ebenfalls auf eine invasive Art aufmerksam, die sich am Meeresgrund in der Nordsee rasant ausbreitet. Allerdings geht es dort nicht um Muscheln, sondern um Würmer. Und wir befinden uns auch nicht auf der norwegischen Hochsee vor Trondheim, sondern auf dem Bodensee vor Konstanz; an Bord des Forschungsschiffs Aldebaran.
Junge Schülergruppe forscht zur Quagga-Muschel
Dort wird aktuell unter anderem an der Quagga-Muschel und ihren Auswirkungen auf das Ökosystem Bodensee geforscht. Organisiert wird das Unterfangen, bei dem Schülerinnen und Schüler aus den Anrainerstaaten des Bodensees – sprich Deutschland, Schweiz und Österreich – gemeinsam mehrere Tage auf dem See verbringen, von der Deutschen Meeresstiftung.
In diesem Jahr gibt es dabei beispielsweise die „Bodensee-Safari“ und das ganz neue Projekt „Bodensee international“, die unter anderem vom „Sea Life“ in Konstanz unterstützt werden. Das Schiff fährt dabei unterschiedliche Stationen in den verschiedenen Ländern an, gestartet ist man in Konstanz, enden will man in Friedrichshafen.
„Hier erhalten die Jugendlichen praxisbezogene Einblicke in die Grundlagen des wissenschaftlichen Arbeitens und außergewöhnliche Möglichkeit, ihre naturwissenschaftlichen und technischen Fragestellungen in der Praxis zu erarbeiten“, heißt es dazu in einer entsprechenden Pressemitteilung. Dabei stellen sich die Schüler und die Verantwortlichen beispielsweise die Fragen: Was macht der Klimawandel mit dem Bodensee? Welchen Einfluss haben eingeschleppte Arten wie die Quagga-Muschel auf das Ökosystem? Wie sieht die Mikroplastik- und Klimagaskonzentration in dem Binnengewässer aus?
Dabei kann an Bord des 1991 im Schwarzwald umgebauten Forschungs- und Medienschiffs Aldebaran allerlei selbst getestet und gemessen werden, denn das Segelschiff besitzt ein gut ausgestattetes, eigenes Labor. Unter Deck gibt es mehrere Monitore, Mikroskope, weitere wissenschaftliche Geräte und sogar ein Endoskop, mit dem man beispielsweise ins Innere der Quagga-Muschel hineinsehen kann. Mit speziellen Sonden und hochauflösenden Kameras können die Schüler und Schülerinnen die Unterwasserwelt erforschen. „Die Aldebaran kann dabei in extremes Flachwasser fahren“, sagt Frank Schweikert, Mitgründer der Deutschen Meeresstiftung. Es gebe kaum schwimmende Plattformen, die in noch flacherem Wasser verkehren könnten.
Das hochtechnisierte Schiff biete viele Möglichkeiten
Einer, der schon einmal an Bord der Aldebaran war, ist Mika Köhler aus Spaichingen bei Tuttlingen. „Ich war letztes Jahr schon auf dem Schiff bei Lübeck“, so der 17-Jährige gegenüber dem SÜDKURIER. „Dadurch war jetzt bereits der Kontakt da.“ Damals ging es um ein Forschungsprojekt in der Ostsee. „Ich begeistere mich für alles, was mit Wasser oder Biologie zu tun hat“, sagt der Abiturient.

Über die Quagga-Muschel sagt der junge Forscher: „Sie ist eine invasive Art, die sich rasant ausbreitet. Sie vertreibt unter anderem die Zebramuschel, eine andere invasive Art.“ Bislang ließen sich die Folgen für das Trinkwasser und somit für den Menschen noch nicht genau absehen, so der Abiturient.
Ein schwimmendes Labor
Unter der Betreuung von Frank Schweikert und den wissenschaftlichen Betreuerinnen Karin Ritter und Jaqueline Haußmann führen die Schülerinnen und Schüler allerdings noch weitere Experimente durch. Da werden Wasser- und Bodenproben genommen und untersucht, Temperaturen verglichen, der Sauer- und Nährstoffgehalt des Wassers mithilfe einer Sonde geprüft oder der Anteil an Klimagasen wie C02, Lachgas oder Methan gemessen.

Franziska Müller vom Sea Life in Konstanz ist begeistert von dem Projekt. „Im Prinzip ist das die Fortführung von dem, was wir im Sea Life machen“, meint Müller im Hinblick auf Wissensvermittlung gerade an eine jüngere Zielgruppe. Deshalb arbeite man dahingehend zusammen und unterstütze die Deutsche Meeresstiftung auch finanziell bei ihren Projekten, so Müller abschließend. Was die jungen Forscher herausfinden, bleibt offen. Geprüft werden die Ergebnisse an der Universität Bayreuth in einigen Monaten.