
Es ist 5.45 Uhr am Samstagmorgen. Die Sonne geht auf, die Vöglein zwitschern und die meisten Feierfreudigen sind zwischenzeitlich nicht mehr auf den Beinen. Wie sie die Nacht verbracht haben, beweisen ihre Hinterlassenschaften; das Motto steht in Krakelschrift auf einem Mülleimer: #saufen.
Weber- und Winterersteig sehen eigentlich ganz ordentlich aus, mit wenigen Ausnahmen, wie hier direkt an der Fahrradbrücke auf linksrheinischer Seite.
Direkt im Herosé-Park sind Frühaufsteher sprachlos. Überall auf der Wiese, auf den Bänken und direkt am Ufer liegen Flaschen, Becher, Verpackungsmüll, Essensreste. Sven Honold, stellvertretender Abteilungsleiter Stadtreinigung, zuckt die Schulter und sagt resigniert: „Es war schon schlimmer.“
Geschockt war er, als er vor sieben Jahren nach Konstanz kam und bei den Technischen Betrieben anfing. Beim Anblick der Müllmengen, die Feiernde einfach liegenlassen, hatte es ihm die Sprache verschlagen.
„Wir haben früher auch gefeiert“, sagt der 44-Jährige. „Aber wir haben unser Zeug wieder mitgenommen oder spätestens am nächsten Morgen aufgeräumt.“ Was jetzt seit Jahren in Konstanz Usus zu sein scheint, kann er nicht verstehen. Ob es an der Erziehung liegt? Das vermag er nicht zu sagen. Für ihn steht nur eines fest: „Die haben kein schlechtes Gewissen.“
Mülleimer haben die TBK eigentlich in ausreichender Zahl aufgestellt. An den Brennpunkten, wie im Herosé-Park, noch mehr als anderswo. Dort steht sogar ein extra Altglas-Container, der von den Festplätzchen nur wenige Meter entfernt steht, aber nicht genutzt wird. „Man muss ihnen eigentlich immer alles direkt in den Weg stellen, sonst nehmen sie es nicht an“, sagt Sven Honold über die Feiernden. Aber auch das ist keine Garantie, weiß er aus Erfahrung.
Die Gastronomiebetriebe am rechtsrheinischen Ufer wollen ihren Teil dazu beitragen, das Müllproblem in den Griff zu bekommen. Sie haben extra Gitterbehälter für Pizzakartons aufgestellt. Aber selbst fünf Meter Wegstrecke scheint den Müllverursachern zu weit zu sein. Dann legt man die Verpackung eben einfach neben den Mülleimer.
Für Sven Honold (links) und seine Mitarbeiter – hier Mario Glavas (rechts) – ist es die reinste Sisyphusarbeit. Ab 6 Uhr beginnt der Dienst und damit das Einsammeln der Müllmengen. Jeden Tag, jede Woche, jeden Monat, jedes Jahr. Sie fühlen sich wahrscheinlich wie Phil Connors (gespielt von Bill Murray) im Film „Und täglich grüßt das Murmeltier“.
Dass mal eine Flasche herunterfallen und zerbersten kann, kommt vor. Aber das meiste ist doch mutwillige Zerstörung. „Wie bekommt man in einer Wiese eine Flasche kaputt?“, stellt Honold in den Raum. Jede Scherbe aufzusammeln, schaffe die TBK nicht.
Auch die TBK als städtischer Eigenbetrieb ist den Sparzwängen unterworfen. Ein absolutes Dilemma für die Entscheidungsträger der Technischen Betriebe. Einerseits müssen sie sparen, andererseits fällt immer mehr Müll an, der Vandalismus nimmt zu und kaputte Mülleimer müssen durch neue ersetzt werden. Die Rechnung kann nicht aufgehen.
Klein Venedig zählte am Wochenende nicht zu den Hotspots. Das dürfte am Campus-Festival im Bodensee-Stadion gelegen haben, mutmaßt Sven Honold, der eine Verlagerung der Partyzonen vermutet. „Wir wissen nie, wo es gerade am Schlimmsten ist“, sagt er. Die Aufräumtrupps reagieren daher sehr flexibel. Ist ein Mitarbeiter an einem Brennpunkt, informiert er seine Kollegen, die zum Helfen kommen, sobald sie ihren Teil erledigt haben.
Auf der Wegstrecke zum Bodensee-Stadion, wie hier in der Seestraße, sieht es anders aus. Dort wurde gefeiert. Sven Honold meldet sofort seinen Kollegen das Ausmaß der Vermüllung. Eine Spaziergängerin mit Hund bedankt sich bei ihm. „Es ist schön, dass es Leute gibt, die sauber machen“, sagt sie. Honold freut sich, denn ein Dankeschön bekommt das TBK-Team nicht allzu häufig.
Nach Stunden harter Arbeit haben die TBK-Mitarbeiter alles sauber gemacht. Es sieht aus, als ob nichts gewesen wäre. Am Sonntagmorgen jedoch wieder das gleiche Bild. Müll, Müll und nochmals Müll. Das TBK-Team tut seinen Dienst und täglich grüßt nicht das Murmeltier, sondern der Unrat.