Mindestens der Hälfte der Bevölkerung kann man es beim Management zur Eindämmung der Corona-Pandemie nicht recht machen. Für diese Ahnung fand der Konstanzer Oberbürgermeister Uli Burchardt jetzt die Bestätigung durch eine Studie der Universität Erlangen. Wie er in der Gemeinderatssitzung am Donnerstag ausführte, ergebe sich daraus ein Anteil von etwa 15 Prozent, den man prinzipiell nicht erreiche. Vom Rest würde jeweils die Hälfte für Lockerungen des Lockdowns beziehungsweise für eine schärfere Vorgehensweise plädieren.
Die Politik als Punching-Birne
Auf welche Seite die Politik sich auch schlägt, die Skeptiker sind also immer in der Überzahl. Mit diesem Hinweis lieferte OB Burchardt in seinem zu Beginn von Ratssitzungen inzwischen ritualisierten Bericht zur Corona-Lage der Stadt eine Erklärung für die Sog-Wirkung beim allgemeinen Stimmungsbild. „Wir laufen Gefahr, dass wir unser Handeln schlecht reden“, lautete sein Appell, der letztlich aufs Durchhalten abzielte. Den Stoff dazu lieferte er mit aktuellen Fakten zur Lage in Konstanz.
Virus fast nur noch in mutierter Form
Botschaft Nummer eins: Die Qualität der Pandemie ist mit der ersten und zweiten Welle nicht vergleichbar. Nach Einschätzung von Uli Burchardt mache man sich diesbezüglich seit Weihnachten etwas vor, denn im Prinzip habe man es bei den in Konstanz festgestellten Neuinfektionen nur noch mit den gefährlicheren Virus-Mutanten zu tun. Als Maßgabe für das lokale Krisenmanagement dient dem OB angesichts der zahlreichen Kriterien für die Lagebewertung die freie Kapazität an Intensivbetten.
Da könnte es bei steigenden Fallzahlen schnell knapper werden, denn anders als bei der ersten und zweiten Welle seien die Patienten inzwischen jünger und die Belegungstage deutlich höher. Die jüngste der 43 in stationärer Behandlung befindlichen Corona-Patienten im Konstanzer Krankenhaus (Stand Donnerstag) ist nach Angaben von OB Burchardt eine 33-jährige Frau. Angesichts der steigenden Inzidenz, die kreisweit bei etwa 120 (und damit über dem lokalen Wert von Konstanz) liegt, sei mit zusätzlichen Patienten zu rechnen – dies auch vor dem Hintergrund, dass bis Donnerstag gerade mal 2700 Konstanzer eine Impfung erhalten haben.
Mit einer Entlastung auf das Infektionsgeschehen ist durch die nach wie vor niedrige Impfquote also nicht zu rechnen, weshalb das städtische Krisenmanagement vor allem auf Tests setzt. Die Testkapazität liege angesichts von inzwischen drei vorhandenen Testzentren bei etwa 3000 pro Tag, wozu nochmals rund 1000 durch Angebote von Arztpraxen und Apotheken hinzukämen. Weitere Teststationen wird es in Bälde in der Altstadt geben, am Montag soll die Testinfrastruktur für die Ortsteile festgezurrt werden.
Ein Hängepartie bleiben die Tests und deren Effizienz in Kitas beziehungsweise Schulen. Das liegt laut Uli Burchardt zum Teil am Entscheidungsnotstand von Bund und Land, teilweise aber auch an den Eltern. An sie richtet sich der Appell des OB zur Abgabe von Einverständniserklärungen für den Test der Kinder. Wie Sozial- und Kulturbürgermeister Andreas Osner ergänzte, ist an den Konstanzer Schulen nach den Osterferien ab 12. April mit flächendeckenden Tests zu rechnen. Dabei würden diese „nicht nur vor die Schultüren gekippt, jede Schule hat seine eigenen Testteams“.

Damit die Tests als Instrument zur Eindämmung der Pandemie ihre volle Wirkung entfalten können, hob auch Andreas Osner die Vorlage von Einverständniserklärungen vor. Generell geht er von einer Erfordernis der Teststrategie bis in den Herbst und einem Überhang des Angebots aus. Für ihn ist dabei die Mitwirkung der Bürger der entscheidende Erfolgsfaktor: „Das Testen muss von den Menschen als Bürgerpflicht wahrgenommen werden.“
Die Stadtverwaltung will dabei in ihrer Funktion als Arbeitgeber eine Vorbildrolle einnehmen. Wie Thomas Traber als zuständiger Mann fürs Personal sagte, gehören für die Mitarbeiter zurzeit zwei Selbsttests zum Arbeitsalltag, die möglichst schnell in eine zertifizierbare, sprich kontrollierbare Form überführt werden sollen.
Uferpromenade: Stadt setzt auf die Vernunft
Dass die Begrenzung der Pandemie eine kollektive Aufgabe bleibt, ging beim Corona-Bulletin des Oberbürgermeisters ferner aus der Haltung zu den derzeit diskutierten Sperrungen von Uferbereichen hervor. Man hoffe wie im vergangenen Jahr auf die Vernunft der Menschen und werde dazu unterstützend Präventions- und Kontrollteams für eine entsprechende Ansprache einsetzen. Ein Vorgehen, dass von Stadtrat Jan Welsch (SPD) begrüßt wurde, da man auch bei einer Sperrung um einen Personaleinsatz nicht herumkomme.
Ein Bollen Eis als Anreiz fürs Testen?
Aus anderen Beiträgen der Stadträte ging ebenfalls die Unterstützung des von der Stadtverwaltungen verfolgten Krisenmanagements hervor. Normen Küttner (FGL) begrüßte, dass die Stadt vor dem Hintergrund des „riesigen Chaos“ in Bund und Land „endlich ins Handeln“ komme. Als gute Idee bewertet wurde ferner das Vorhaben eines kreisweiten Testtags im April. Thomas Traber würde sich glücklich schätzen, wenn sich daran 100.000 Menschen beteiligen würden, und Matthias Schäfer vom Jungen Forum Konstanz (JFK) würde als Anreiz dafür über die öffentlichen Kassen sogar einen Bollen Eis pro Teilnehmer spendieren.