Prominenten und in Sachen Kultur kompetenten Besuch konnte die Grünen-Landtagsabgeordnete Nese Erikli am Samstag im St. Johann begrüßen. Petra Olschowski, Ministerin für Wissenschaft, Forschung und Kultur, war zu Gast. Thema des Abends: „Was sind uns Kunst und Kultur im Land wert?“

Doch schon bei den einleitenden Worten von Erikli und spätestens in den ersten Statements Olschowskis wurde klar, dass die aktuellen Diskussionen auf kommunaler Ebene eher differenzierter zu betrachten sind. Denn die Fragen „Wie viel Kultur können wir uns noch leisten?“ und „Welche Kultur erhält welchen Förderbetrag?“ in Zeiten knapper kommunaler Kassen drängen die Wertigkeit des Kulturangebotes fast in den Hintergrund.

Doch die Ministerin, die den Kulturbetrieb seit Jahrzehnten sehr gut kennt, kam nicht nur, um vorzutragen oder drängende Fragen aus Sicht der Landespolitik zu beantworten, wie sie eingangs unterstrich: „Es ist gut, dass wir ins Gespräch kommen, um zu sehen, wo Konstanz hier steht!“

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Wird am Ast der demokratischen Werte gesägt?

Unstrittig, vor allem in dem an diesem Abend anwesenden, kulturaffinen Publikum, ist die Tatsache, dass kulturelle Angebote den gesellschaftlichen Dialog fördern, oder, wie es die Intendantin des Stadttheaters Konstanz, Karin Becker, am Ende formuliert: „Wenn wir weiter bei Kultur, Bildung und Sport sparen, sägen wir an dem Ast der demokratischen Werte!“

Die Ministerin zeigt sich an diesem Abend als studierte Kunsthistorikerin sicher im Thema, vermied es aber, Versprechungen zu machen, auch wenn sie betonte: „Das Land wird nicht alles lösen können und dann wird irgendwann das böse Wort der Priorisierung kommen. Ich verspreche aber, in bestimmten Bereichen genauer hinzusehen.“ Eine lebendige Demokratie brauche Angebote, bei denen Menschen zusammenkommen, ob im Theater, im Chor oder im Orchester, ob in der Stadt oder auf dem Land.

Das Problem: Klamme Kassen der Kommunen

Das Problem, das über allem steht, sind die kommunalen Haushalte, die nicht nur in Konstanz zunehmend in Schieflage geraten, da immer mehr Aufgaben, die auf Bundesebene beschlossen werden, vor Ort umgesetzt und finanziert werden müssen.

So rechnet Erikli vor, dass für die vom Bundestag beschlossene schulische Ganztagsbetreuung vom Bund nur 380 Millionen Euro fließen, vom Land lediglich 68 Millionen, die Kommunen hier mit 500 Millionen Euro die Hauptlast tragen. Und bei der Finanzierung von Krankenhäusern oder der Unterbringung von Flüchtlingen sehe das ähnlich aus.

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Doch Erikli relativiert: „Einsparungen in der Kultur retten den Haushalt nicht!“ Allerdings beträgt in Konstanz der Anteil der Kulturförderung stattliche 13 Prozent des Haushalts. Und auch innerhalb der Kulturszene gibt es Diskussionen über die Mittelverteilung, denn Stadttheater und Symphonieorchester dominieren beim Fluss der Fördermittel. Doch hier mahnt Nese Erikli mit Blick auf die Diskussionen um die Bodensee Philharmonie: „Wenn das Orchester eingestampft wird, dann wird es schwer, das irgendwann einmal wieder aufzubauen.“

Das Dilemma, in dem die Kulturförderung steckt, ist die Koppelung der Landeszuschüsse an die kommunale Förderung. Zwar unterstrich Olschowski in diesem Zusammenhang, dass das Land bei der Kulturförderung ein verlässlicher Partner bleibe, sich bei Einsparungen im kommunalen Bereich aber eben auch hier die Mittel reduzieren.

Manche wollen die Axt anlegen

Bürgermeister Andreas Osner, in dessen Ressort Soziales und Kultur fällt, bekennt mit Blick auf den gerade beim Regierungspräsidium eingereichten städtischen Haushalt: „Da habe ich weiche Knie“.

Osner kennt die Positionen im Gemeinderat, wo beispielsweise über die Schließung des Orchesters offen diskutiert werde. „Es gibt Menschen, die wollen hier die Axt anlegen“, verwendet er hier drastische Worte, die an diesem Abend in diesem Kreis nicht auf Widerspruch stoßen, denn die Frage „Schulsozialarbeit oder Kultur“ wird lediglich kurz angedeutet.

„Es gibt Menschen, die wollen hier die Axt anlegen“, sagt Bürgermeister Andreas Osner über die Diskussion im Gemeinderat über eine ...
„Es gibt Menschen, die wollen hier die Axt anlegen“, sagt Bürgermeister Andreas Osner über die Diskussion im Gemeinderat über eine Schließung der Bodensee Philharmonie. | Bild: Alban Löffler | SK-Archiv

Die Ministerin hingegen zeigte durchaus Verständnis dafür, dass vieles auf dem Prüfstand stehe. Daher appelliert sie an die Vertreter der Kulturinstitutionen: „Die Kultur ist gefordert, Angebote zu machen“, denn: „Wenn alle ihren Beitrag leisten müssen, dann auch die Kultur – ich bin ja nicht naiv.“

Einerseits regt sie an, im kulturellen Bereich zunehmend Kooperationsmöglichkeiten zu suchen, andererseits sieht sie aber auch die Bundespolitik in der Pflicht: „Das wird die große Aufgabe der neuen Regierung sein, dass die Kommunen aus diesem finanziellen Schwitzkasten herauskommen.“

Es gibt kein Patentrezept

Nach der aktuellen Zustandsbeschreibung von Olschowski kommen eine ganze Reihe von Aspekten zur Sprache, die die Problematik der aktuellen Kulturförderung und die Bedeutung der Kultur hervorheben. Zum Beispiel: Die Arbeitsbedingungen im Stadttheater, die Verunsicherung bei den Mitarbeitern in kulturellen Einrichtungen, von der Orchestermusikerin bis hin zum Beleuchter, von der Wichtigkeit, verstärkt die Jugend einzubinden, das Spannungsfeld der Digitalisierung und die damit verbundenen Folgen für das Kulturangebot.

Patentrezepte hat die Ministerin nicht im Gepäck. Ihr ist klar, dass hier nicht alles, was wünschenswert wäre, auch umsetzbar oder finanzierbar ist. Doch warnt sie vor Entwicklungen, wie sie sich aktuell in Berlin abzeichnen, wo politisch unbequeme Kultureinrichtungen mit dem Hinweis auf den Sparzwang geschlossen würden.

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„Eine gewisse Bestandssicherheit muss sein“, so Olschowski, „aber es muss auch nicht alles so bleiben, wie es jetzt ist.“ Kompetent und gut vernetzt in Sachen Kultur zeigte sich die grüne Ministerin an diesem Abend, angenehm sparsam mit Versprechungen, durchaus auf drohende Spannung hinweisend statt banalisierend.