Auch wenn die Kommunalwahl erst am 9. Juni 2024 stattfindet, sind in den Sitzungen des Gemeinderats und dessen Gremien die ersten parteipolitischen Vorgeplänkel des kommenden Wahlkampfs bemerkbar. Gleichzeitig brodelt in Konstanz die Gerüchteküche. Von manch einem Stadtrat heißt es nämlich, er würde nicht mehr antreten. Ist da etwas Wahres dran?

Der SÜDKURIER schafft jetzt Klarheit und hat die Fraktionen befragt. Das Ergebnis: Sechs Stadträte treten 2024 nicht mehr an, darunter seit Jahrzehnten erfahrene Granden, aber auch junge Politiker. Die Umfrage zeigt aber auch deutlich, dass die Masse an Sitzungsunterlagen sowie die Dauer der Ausschuss- und Gemeinderatssitzungen im Ehrenamt kaum leistbar sind.

Nachfolgend die Ergebnisse der SÜDKURIER-Umfrage, die Klarheit schafft, welche Räte wieder kandidieren und wer sich nicht mehr zu Wahl stellen wird. Natürlich interessiert es auch, ob es den Parteien und Vereinigungen schwer fällt, geeigneten, kompetenten Nachwuchs zu finden und – wenn ja – warum. Das haben die Fraktionen geantwortet:

Die Freie Grüne Liste antwortet:

Wieder kandidieren werden: Günter Beyer-Köhler, Soteria Fuchs, Dorothee Jacobs-Krahnen, Christiane Kreitmeier, Normen Küttner, Gisela Kusche, Anne Mühlhäußer, Peter Müller-Neff, Till Seiler.

Noch unsicher: Christel Thorbecke und Mohamed Badawi.

Nicht mehr kandidieren werden: Marvin Pfister und Nina Röckelein.

Nina Röckelein, Freie Grüne Liste, kehrt der gemeinderätlichen Tätigkeit den Rücken.
Nina Röckelein, Freie Grüne Liste, kehrt der gemeinderätlichen Tätigkeit den Rücken. | Bild: SK
Marvin Pfister, Freie Grüne Liste, kandidiert nicht mehr.
Marvin Pfister, Freie Grüne Liste, kandidiert nicht mehr. | Bild: Scherrer, Aurelia

Ist die Kandidatengewinnung schwierig? „Nach Gründung eines Konstanzer Ortsverbands von Bündnis 90/Die Grünen wird sich die Liste für die kommende Kommunalwahl aus Kandidaten der Freien Grünen Liste Konstanz und Bündnis 90/Die Grünen zusammensetzen“, so die FGL. Durch die Gründung des Ortsverbands, der sehr viele Neuzugänge zu verzeichnen habe, würden grüne Kräfte gebündelt und verstärkt auch Frauen und jüngere Personen für eine Kandidatur angesprochen.

Die CDU antwortet:

Wieder kandidieren werden: Heike Rawitzer, Manfred Hölzl, Marcus Nabholz, Roger Tscheulin.

Noch unsicher: Daniel Groß.

Nicht mehr kandidieren werden: Heiner Fuchs und Kurt Demmler.

Heiner Fuchs, CDU, stellt sich nicht zur Wiederwahl zur Verfügung.
Heiner Fuchs, CDU, stellt sich nicht zur Wiederwahl zur Verfügung. | Bild: CDU
Kurt Demmler, CDU, wirft seinen Hut nicht mehr in den Ring.
Kurt Demmler, CDU, wirft seinen Hut nicht mehr in den Ring. | Bild: Nikolaj Schutzbach

Ist die Kandidatengewinnung schwierig? Darauf antwortet die CDU: „Unsere Truppe ist hoch motiviert, und alle haben viel Spaß daran, dabei mitzumachen. Das gilt auch für die zahlreichen jungen und jüngeren Kandidatinnen und Kandidaten, die sich bei uns engagieren.“

Kompetenten Nachwuchs zu gewinnen, sei immer eine Herausforderung. Dabei helfe es, wenn auch wie erwähnt Spaß und Freude mit dabei seien. „Dass es allgemein eine Tendenz dazu gibt, sich weniger fest im Ehrenamt zu binden und eher projektbezogen mitzumachen, gilt natürlich auch hier“, heißt es im Antwortschreiben.

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Bei Gesprächen mit potentiellen Kandidatinnen und Kandidaten werde immer wieder auf die zeitliche Beanspruchung und die mit dem Ehrenamt verbundene Belastung hingewiesen. „Diese lassen sich auch ehrlicherweise nicht verneinen; der Aufwand ist nicht unerheblich, demgegenüber steht aber auch die Möglichkeit, etwas in der Stadt zu bewegen und zu gestalten.“

Die Freien Wähler antworten:

Wieder kandidieren werden: Jürgen Faden, Daniel Hölzle, Christian Koßmehl und Susanne Heiß.

Nicht mehr kandidieren wird: Ewald Weisschedel hört nach 35 Jahren auf.

Ewald Weisschedel, Freie Wähler, hört als Stadtrat auf.
Ewald Weisschedel, Freie Wähler, hört als Stadtrat auf. | Bild: juergen roessler

Ist die Kandidatengewinnung schwierig? „Wir als Freie Wähler würden uns wünschen, dass mehr Frauen und jüngere Menschen den Weg zu uns finden. Generell haben wir aber keine Schwierigkeiten, Leute mit Interesse für eine Kandidatur auf unserer Liste zu finden“, so die Gemeinderatsfraktion.

Und weiter: „Menschen für die kommunale Arbeit zu gewinnen, bedarf viel intensiver Beratung. Für Einige ist die Vereinbarung von Beruf und Familie mit dem ehrenamtlichen Aufwand eines Gemeinderates / einer Gemeinderätin leider nicht in Einklang zu bringen.“

Die SPD antwortet:

Wieder kandidieren werden alle: Zahide Sarikas, Jürgen Ruff, Alfred Reichle, Jan Welsch und Tanja Rebmann.

Ist die Kandidatengewinnung schwierig? Die SPD sieht es so: „Uns ist es wichtig, dass der Gemeinderat der Stadt Konstanz viele Lebensrealitäten in unserer Stadt abbildet. Deshalb haben wir eine Findungskommission gebildet, die Frauen und Männer verschiedenster Berufe von Jung bis Alt gleichermaßen berücksichtigt. Gleichzeitig melden sich auch eigenständig Personen bei uns, die an einer Kandidatur auf der Liste der SPD interessiert sind. Derzeit verläuft die Suche erfolgreich.“

Junge Menschen seien alles andere als unpolitisch, so die Sicht der SPD. „Rund ein Drittel unserer 360 SPD-Mitglieder in Konstanz sind unter 35 Jahre alt. Viele davon sind an einer Gemeinderatskandidatur interessiert.“

„Die große Anzahl an Sitzungen, regelmäßige Änderungen im Sitzungskalender sowie die ungenügende Rücksichtnahme der Verwaltungsspitze auf die Vereinbarkeit von Familie, Arbeit und Mandat stellt alle, die nächstes Jahr kandidieren wollen, vor große Herausforderungen – unabhängig vom Lebensalter. Wir arbeiten deshalb gerade an Reformvorschlägen der Gemeinderatsarbeit“, stellt die SPD-Fraktion fest.

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Das Junges Forum Konstanz antwortet:

Wieder kandidieren werden alle: Gabriele Weiner, Matthias Schäfer, Verena Vögt, Christine Finke

Ist die Kandidatengewinnung schwierig? Das Junge Forum beantwortet die Frage so: „Auch einige vielversprechende neue Personen werden auf den vorderen Plätzen der Liste sein. Wegen des hohen Zeitaufwands ist es generell nicht einfach, Kandidatinnen zu finden. Vor allem solche, die auch politisch unterrepräsentierte Gruppen vertreten können, zum Beispiel Eltern von kleinen Kindern, Armutsbetroffene, pflegende Angehörige, Menschen mit Migrationshintergrund.“

Die Frage, wer ein geeigneter Kandidat ist, treibe das JFK politisch besonders um, denn: „Wir sind nämlich davon überzeugt, dass die Kernkompetenz, die jemand mitbringen muss, um kommunalpolitisch aktiv zu sein, einfach der Wille zum demokratischen Engagement plus die nötige Zeit und das Interesse für die Stadt Konstanz sind.“

Die JFK-Stadträte stellen fest: „Wir amtierenden Rätinnen waren bis auf Gaby Weiner Null vorbereitet auf das, was uns in der Lokalpolitik erwartet, und wir sind nichtsdestotrotz sehr schnell vollwertige Mitglieder des Gemeinderats gewesen. Mittlerweile können wir die neue Politik-Interessierte coachen. Generell muss man sagen, dass die langen Sitzungszeiten speziell des Gemeinderats auf Interessierte sehr abschreckend wirken.“

Die FDP antwortet:

Wieder kandidieren werden: Frank Hoffmann und Achim Schächtle.

Nicht mehr kandidieren wird: Heinrich Everke.

Heinrich Everke, FDP, stellt sich nicht mehr zur Wahl.
Heinrich Everke, FDP, stellt sich nicht mehr zur Wahl. | Bild: Scherrer, Aurelia

Warum stellt er sich nicht mehr zur Wiederwahl? Dazu schreibt der langjährige Stadtrat: „Ich werde nächstes Jahr 75 Jahre alt. Das heißt, ich säße noch bis zu meinem 80. Lebensjahr im Gemeinderat. Es gibt eine Reihe von sehr guten, sehr motivierten und jüngeren Kandidaten in unserer Partei, für die ich gerne Platz machen möchte. Ich bin seit 25 Jahren Stadtrat. Ich denke, da wird es Zeit für einen Wechsel.“

Ist die Kandidatengewinnung schwierig? Die FDP dazu: „Wie sich in den letzten paar Jahren gezeigt hat, ist es für uns nicht schwierig gewesen, geeignete Kandidaten zu finden. Das war früher schwieriger für die FDP. Wir konnten schon erfreulich viele Kandidatinnen und Kandidaten finden, aber das Problem ist natürlich immer die Zeit, die man für ein solches Ehrenamt aufwenden muss.“

Und weiter heißt es: Gerade für Frauen sei diese zeitliche Belastung ein Hindernis. Viele interessierte Männer und Frauen seien in ihrem Beruf voll ausgelastet und hätten wenig Freizeit. Und diese wenige Freizeit würden sie verständlicherweise lieber mit der Familie verbringen, insbesondere wenn die Kinder noch klein seien.

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Die Linke Liste Konstanz antwortet:

Wieder kandidieren werden alle: Simon Pschorr, Holger Reile, Anke Schwede.

Ist die Kandidatengewinnung schwierig? Die Linke Liste erklärt dazu: „Es wird für nahezu alle Fraktionen immer schwieriger, geeignete Kandidatinnen zu finden. Ein Grund liegt auf der Hand: Das Mandat ist längst zu einem anspruchsvollen Halbtagsjob geworden, 20 Stunden pro Woche (Sichtung der oft meterdicken Unterlagen, Vorbereitung auf die jeweiligen Sitzungen, die sich oft bis in die späte Nacht ziehen und so weiter und so fort), zusätzlich Bürgergespräche und wichtige Informationsveranstaltungen, sind die Regel geworden und das ist für viele Bürgerinnen zeitlich und beruflich kaum mehr zu leisten, auch wenn sie sich für Kommunalpolitik interessieren.“

Weiterhin erläutert die Linke Liste: „Auch die monatliche Vergütung für das angebliche ‚Ehrenamt‘ in Höhe von 700 Euro, die zum Teil noch versteuert werden müssen, wirkt da wenig attraktiv. Die Vorstellung, der Gemeinderat möge weitestgehend einen repräsentativen Querschnitt unserer Stadtgesellschaft darstellen, wird so vermutlich ein Wunschtraum bleiben.“