Roland Müller wirkt erleichtert. Genau dieses Jahr hat er eine Entscheidung getroffen, die risikoreich ist. Mit seiner Firma Rmsolar, die früher nur sechs Mitarbeiter hatte, ist er von der Insel Reichenau ins Industriegebiet Göldern umgezogen – mit der Firma und gleich auch noch privat mit seiner Familie. Die Firma hat mittlerweile 25 Mitarbeiter.

„Expandiert habe ich schon in den vergangenen zwei Jahren, aber jetzt habe ich auch die Infrastruktur dafür, um Mitarbeiter und das Material unterzubringen“, sagt Müller. Und jetzt läuft das Geschäft mit Solarmodulen und Wechselrichtern.

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Der erste Anstieg in der Nachfrage erfolgte schon während der Pandemie, erinnert sich Müller. „Die Menschen hatten plötzlich viel Zeit zuhause und haben sich um die Haustechnik gekümmert“, sagt Müller. Zum Teil sei eine Photovoltaikanlage für manchen Hausbesitzer dringend nötig geworden, etwa, weil er einen erhöhten Stromverbrauch verzeichnete wegen des Einbaus eines Swimmingpools.

Vom Gas-Putin-Effekt

Doch das war nichts im Vergleich zur gegenwärtigen Situation. „Der Gas-Putin-Effekt, das war der eigentliche Turbo“, sagt Müller. Es handele sich um das „größte Erneuerbare-Energien-Programm jemals.“ Etwa 30 bis 40 potenzielle Kunden riefen wöchentlich an, um herauszufinden, ob eine Solaranlage auf dem Dach ihres Hauses realisierbar sei. Die meisten wollten außerdem wissen, ob sie mit Solarstrom günstiger heizen könnten als mit Gas. Zur gleichen Zeit seien Heizungsbauer bereits dabei, ihren Kunden Wärmepumpen einzubauen. „Und Wärmepumpen funktionieren am besten, wenn eine Solaranlage auf dem Dach ist.“

Die Firma Rmsolar – gut erkennbar an der Fassade, die aus Solarmodulen besteht – ist diesen Sommer von der Insel Reichenau ...
Die Firma Rmsolar – gut erkennbar an der Fassade, die aus Solarmodulen besteht – ist diesen Sommer von der Insel Reichenau ins Industriegebiet Göldern umgezogen. | Bild: Wagner, Claudia

Die Solarfirma trifft aber in dieser für sie günstigen Lage auf dieselben Probleme wie alle anderen Handwerks- und Industriebetriebe. Lieferengpässe gebe es beispielsweise vor allem bei den dringend benötigten Wechselrichtern sowie den Batterien, sagt Roland Müller. Sie würden zwar von deutschen Firmen geliefert, aber in China produziert. „Zeitweise haben die Chips dafür gefehlt“, so Müller. Inzwischen müsse seine Firma Wechselrichter ein Jahr im Voraus bestellen. Nicht einfach bei der Planung. Er habe daher sein Bestellsystem auf Dauerlieferung umgestellt. Ein anderes Thema ist die Preisentwicklung: Die Preise für die wertvollen Komponenten seien dieses Jahr mehrfach gestiegen.

Roland Müller, Chef von Rmsolar, im Lager seiner Firma. Wie viele andere Betriebe muss er Fertigteile zur Zeit langfristig bestellen und ...
Roland Müller, Chef von Rmsolar, im Lager seiner Firma. Wie viele andere Betriebe muss er Fertigteile zur Zeit langfristig bestellen und länger lagern als früher. | Bild: Wagner, Claudia

Eine Weile habe er über eine Preisgleitklausel nachgedacht, um die Kosten aufzufangen, sagt Müller. Nun stelle Rmsolar den Kunden nur noch Angebote aus, die kurzfristig gültig sind – um die Kostensteigerung nicht allein tragen zu müssen.

Die Lieferverzögerungen und die Kosten sind ein kniffliges Problem für die schnell gewachsene Firma. Containerware, vor allem Module, müssten inzwischen zum Teil Monate im Voraus bezahlt werden. Das sei nur möglich, wenn zum einen Banken mit der nötigen Liquidität unterstützten – und zum anderen die Kunden anzahlten. „Das war früher unnötig. Aber es funktioniert, wenn alle mitmachen,“ so der Firmenchef.

Eine Branche im Aufwind

Radovan Kopecek, Mitglied der Geschäftsführung am ISC Konstanz, sieht die Solarbranche ebenfalls im Aufwind, weist aber gleichzeitig auf die Schwierigkeiten hin: „Im Moment erleben wir einen Riesenboom und haben wenige Fachleute in der Branche.“ Das ISC ist ein Zusammenschluss von Wissenschaftlern, der seit Jahren in Konstanz zu Silicium-Solarzellen und Modulen forscht. Die Entwicklungen des Vereins sollen den Kunden aus der Branche helfen, innovative und profitable Produkte auf den Markt zu bringen.

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Der Aufwind der Branche komme nicht ohne die zugehörigen Tücken, so Kopecek: Ein Problem seien die fehlenden Fertigteile, vor allem Wechselrichter, wie es auch Roland Müller beschreibt. Das zweite Problem sieht er im Mangel an Fachkräften, insbesondere Installateuren, die in der Lage seien, die Solaranlagen auf den Dächern zu montieren.

Aus Kopeceks Sicht müsste zudem die Abhängigkeit von China als Produktionsstätte für Wechselrichter und Batterien überwunden werden. „Wir sollten nicht nach einer fatalen Abhängigkeit von Russland nun in diese Abhängigkeit rutschen.“ Große Hoffnungen hat der Wissenschaftler jedoch nicht, dass sich auch Firmen zur Produktion von Solarmodulen kurzfristig wieder in Deutschland oder gar in der Region ansiedeln. „Dazu bräuchte es im Moment eine Anschubfinanzierung – also eine Förderung durch den Staat wie etwa in den USA.“ Trotzdem hält er den jetzigen Boom der Branche für belastbar. „Mittelfristig kommen die hiesigen Solarfirmen mit der Nachfrage klar. Langfristig aber müsste man sich von der Abhängigkeit freimachen.“

Schwierige Suche nach Personal

Roland Müller bestätigt, dass es Engpässe beim Personal gibt. „Mitarbeiter bei Elektrik und Dachbau zu finden, ist sehr schwierig“, sagt er. Daher sei er auch offen für Mitarbeiter, die noch keine Erfahrung in der Photovoltaik-Industrie hätten. Zusätzlich bemühe er sich um ausländische Arbeitskräfte, zum Beispiel aus Ungarn, die ihm eine Agentur vermittle. „Wichtig ist, dass jemand schwindelfrei ist und anpacken kann.“

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Wie schätzt Müller die Chancen der Solarbranche für die Zukunft ein? Im Wesentlichen sieht er gute Bedingungen. „Politisch müssten wir endlich auf dem richtigen Pfad sein.“ Er hofft, dass alle neu gebauten PV-Anlagen weiter betrieben werden. Dann sei auch der Service für die bestehenden Anlagen gesichert. Der Markt für den Bau von weiteren Anlagen sei da – inzwischen belege man auch Dächer mit Photovoltaik, die dafür zuvor als nicht geeignet galten. „Die Solartechnik ist im Moment definitiv die günstigste Möglichkeit, Strom zu erzeugen,“ ist er sich sicher.