„Es muss möglich sein, auch auf Kirchendächern Photovoltaik (PV) zu installieren, denn die denkmalgeschützte Substanz wird nicht geschädigt“, proklamierte Oberbürgermeister Uli Burchardt jüngst in einer Gemeinderatssitzung.

Frank Mienhardt von der Unteren Denkmalschutzbehörde der Stadt Konstanz erarbeitet derzeit ein Solarkataster; den ersten Entwurf hat er vorgestellt und zeigt damit auf, wo auch aus Denkmalschutzsicht PV-Anlagen möglich sind und welche Gebäude tabu bleiben.

Eine historische Rarität sind die aus dem Mittelalter stammenden Ziegel auf den Dächern des Konstanzer Münsters.
Eine historische Rarität sind die aus dem Mittelalter stammenden Ziegel auf den Dächern des Konstanzer Münsters. | Bild: Lukas Ondreka

Ein Tabu ist und bleibt das Münster. „Es ist ein prägendes Altstadtdach“, stellt Frank Mienhardt fest. Aber nicht nur das: „Die Dachziegeln sind aus dem 13. Jahrhundert. Es ist der größte mittelalterliche Ziegelbestand eines Großbaus in Deutschland. Das ist etwas Einmaliges; eine Besonderheit, die es sonst nirgends gibt“, stellt er fest.

Intensiv hat er sich zwei Jahre lang damit beschäftigt, Denkmalschutz und Photovoltaik unter einen Hut zu bringen. Das war gar nicht so einfach, denn „ein wesentliches Schutzgut ist die rote Dachlandschaft“ der Konstanzer Altstadt, so Mienhardt.

„Ein wesentliches Schutzgut ist die rote Dachlandschaft“, stellt Denkmalschützer Frank Mienhardt fest.
„Ein wesentliches Schutzgut ist die rote Dachlandschaft“, stellt Denkmalschützer Frank Mienhardt fest. | Bild: Lukas Ondreka | SK-Archiv

Neben diesen roten Ziegeldächern gebe es auch „jüngere Veränderungen“, wobei er die Gebäude von Karstadt und C&A beispielhaft benannte. „Es gibt herausragende Denkmale und viel Fußvolk“, meinte Frank Mienhardt pointiert.

Er hat die Dächer der Altstadt in Kategorien unterteilt: Gebäude, die ausgeschlossen sind, wie beispielsweise das Schnetztor, und Häuser, auf denen es unter gewissen Voraussetzungen möglich ist. Das Solarkatester soll letztlich als farblich markierte Karte veröffentlich werden, damit jeder Hausbesitzer sofort erkennen kann, unter welchen Prämissen eine Ausstattung mit Photovoltaik möglich ist oder eben halt nicht. Nur eines steht für Frank Mienhardt fest: „Ein Sammelsurium an unterschiedlichen PV wollen wir nicht.“

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Geht es nicht auch woanders?

Die Gemeinderäte sind sich einig, dass eine Solar-Offensive dringend erforderlich ist. Doch einige Bürgervertreter sind noch skeptisch. Peter Müller-Neff (FGL) ist nicht überzeugt von diesem Vorstoß, denn: „Die Altstadt ist Pfund und Charakter von Konstanz. Mit den Dächern ein Gesamtkunstwerk.“ Wichtig ist ihm daher, dass jedes einzelne Dach geprüft wird, bevor eine PV-Anlage installiert wird, damit die Dachlandschaft der Altstadt „im Prinzip von der Wirkung erhalten bleibt“. Gabriele Weiner (Junges Forum) will lieber die Altstadt schützen und plädiert hingegen für das Belegen großer Gebäude oder schwimmende Solaranlagen.

Einige Räten fragen sich auch: Reicht die vorhandene Infrastruktur? Sind die Leitungen ausreichend, damit das Mehr an Strom eingespeist werden kann? Sie wollen auf jeden Fall eine Klärung der vielen offenen Fragen durch die Stadtwerke Konstanz in einer Gemeinderatssitzung herbeiführen.

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Der SÜDKURIER hat bei den Stadtwerken Konstanz (SWK) vorab schon nachgefragt und wollte wissen, ob das bestehende Stromnetz die Zusatzkapazitäten auffangen könnte, wenn das Gros der Dächer auf linksrheinischem Gebiet mit PV-Anlagen ausgestattet würde. „Nach unserem Kenntnisstand soll das Solarkataster bis Ende des Jahres fertiggestellt werden. Eine grundsätzliche Aussage zum Stromnetz, ist in diesem Zusammenhang und zum jetzigen Zeitpunkt, nicht möglich“, antwortete Gordon Appel, Lead Energiedienstleistungen der SWK, per Mail.

Mehrere Faktoren, wie beispielsweise die Größe der zu errichtenden PV-Anlage, die Kapazität des Hausanschlusses, die Auslastung des Niederspannungsnetzes in einem bestimmten Teilabschnitt, würden eine Rolle spiele, erläutert Appel. „Letztendlich lässt sich hier eine Aussage nur projektspezifisch über eine sogenannte Netzvoranfrage herbeiführen“, so Appel. Sobald die finalen Ergebnisse des Solarkatasters für die Altstadt vorliegen, würden die SWK diese in ihrer Strom-Netzplanung mitberücksichtigen.

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Und dann ist da noch die E-Mobilität...

„Wesentlich größeren Einfluss als PV-Anlagen auf denkmalgeschützten Gebäuden werden hier aber Themen wie die Elektromobilität, beziehungsweise der Ausbau von Wärmepumpen haben“, meint Gordon Appel. Aktuell werde in Zusammenarbeit mit einem externen Beratungsunternehmen eine Zielnetzplanung für das Stromnetz in Konstanz erstellt, die auch die Szenarien zum weiteren Ausbau der PV-Anlagen, der Wärmepumpen und der Elektromobilität berücksichtigten.

„Nach aktuellem Kenntnisstand ist aber davon auszugehen, dass auch in der Altstadt neue Trafostationen errichtet werden müssen, um die zusätzliche Kapazität bereitzustellen, da bereits heute einige der bestehenden Stationen stark ausgelastet sind“, so Appel.

Welche Stationen sind bereits stark ausgelastet? „Dazu möchten wir öffentlich, zum jetzigen Zeitpunkt nicht Stellung nehmen. Die uns vorliegenden Informationen werden in der Zielnetzplanung für das Stromnetz entsprechend berücksichtigt, um zukünftige Engpässe zu vermeiden“, so Appel.

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Was für Probleme ergeben sich durch die Elektromobilität? „Sowohl Strom-Hausanschlüsse als auch die Niederspannungsnetze wurden in der Vergangenheit nicht für die Nutzung der Elektromobilität konzipiert“, stellt Appel fest. Bei einem Ein- bis Zwei-Familienhaus und einer angenommenen Ladeleistung von elf Kilowatt stelle dies in der Regel kein Problem dar. Schwieriger werde es bei Mehrfamilienhäusern mit Tiefgaragen, in denen mehrere Fahrzeuge gleichzeitig geladen werden sollen.

„Hier ist es notwendig, die begrenzte verfügbare Leistung bedarfsgerecht zu steuern (Lastmanagement), beziehungsweise das Stromnetz zu ertüchtigen oder punktuell in Teilnetzen neue Trafostationen zu errichten. Auch hierfür ist es notwendig, Zukunftsszenarien zu entwickeln“, meint Gordon Appel.