Vier Wochen herrschte Verkaufsverbot in den Konstanzer Läden. Seit dem gestrigen Montag dürfen Händler wieder per Email oder Telefon bestellte Ware vor der Ladentür an die Kunden übergeben. Wie wurde das Bestell- und Abholsystem „Click and Collect“ gestern angenommen?

Bild 1: Ein bisschen Hoffnung unter Händlern: Seit Montag darf in Konstanz wieder bestellte Ware via „Click and Collect“ angeboten werden – doch das löst nur einen Teil der Probleme
Bild: Eva Marie Stegmann

Am Münsterplatz hat Mechtild Homburger mit ihrer Mitarbeiterin ein kleines Tischchen vorm Eingang ihres Buchladens Homburger & Hepp aufgestellt. Um eine silberne Klingel für die Kunden sind Zeitungen drapiert. Daneben prangt ein roter Aufkleber „Click and Collect“.

Freunde haben Bücher ausgeliefert

Sie sagt: „Ich bin erleichtert, dass wir den Abholservice wieder anbieten können“, sagt Mechtild Homburger. Bislang hätten Freunde geholfen und die Bücher direkt zu den Kunden gefahren. „Dafür bin ich sehr dankbar“, sagt Homburger und lächelt hinter ihrem Mundschutz. „Es gibt auch schöne Momente während dieser schweren Zeit und diese Solidarität, das war einer davon.“ Auch, dass die Stammkunden treu geblieben seien.

In dem Moment kommt Judith Hirsch vorbei, sie will einen Jahreskalender für das neue Jahr. „Ich wohne um die Ecke“, sagt die junge Frau, „es ist sehr praktisch, dass ich meine Bestellungen hier wieder abholen kann.“

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Mechtild Homburger berichtet, dass der Service gut angenommen werde, sie habe schon einige Bücher verkauft. Vor allem Romane und Kochbücher – beide seien seit den Lockdowns besonders gefragt.

Die meisten Konstanzer Buchhändler haben für Selbstabholer geöffnet, so auch Hugendubel im Lago oder das Bücherschiff. Für sie lohnt es sich.

Anders sieht es etwa bei Bekleidungsgeschäften aus. An diesem Montag ist in der Innenstadt kaum einer der zahlreichen Mode- oder Schuhläden geöffnet.

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Peter Herrmann, Geschäftsführer vom Lago Shoppingcenter, sagt: „Langsam trifft im Textilbereich die Frühjahrsware ein. Und die Lager sind noch voll gefüllt mit der unverkauften Winterware.“ Ware, die mit jeder Woche an Wert verliert. Ein gutes Buch kann man am Telefon empfehlen, einen neuen Mantel anprobieren nicht.

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Ach nein, passt nicht...

Sebastian Raetz bietet den Abholservice für die Parfümerie Gradmann an, sieht ihn aber trotzdem kritisch. Er sagt: „Stellen Sie sich vor, Sie sind Mitarbeiterin in einem Textilgeschäft und jemand ruft an und verlangt nach einem Kleid, mittellang und in grün. Sie richten alles zusammen, der Kunde holt die Ware ab und was passiert? Es gefällt nicht.“ Auch ein Parfüm vor Ort zu kaufen, mache, ohne das Riecherlebnis, nur dann Sinn, wenn man bereits vorher wisse, was man will.

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Daniel Hölzle vom Verein Treffpunkt erklärt, dass sich der Abholservice für die meisten Einzelhändler nicht lohne, wenn man Kosten und Nutzen gegenüber stelle. „Dahinter steckt ein großer Aufwand“, sagt er. Dennoch weiß der Apotheker, dass sich viele kleinere Einzelhändler in Konstanz dazu entschieden hätten, „Click and Collect“ anzubieten.

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Dahinter stecke nicht nur die Hoffnung, in diesen Zeiten etwas Umsatz zu machen, sondern auch die, Artikel aus den übervollen Lagern zu bekommen.

Unzufriedenheit hat sich breit gemacht

Insgesamt hat sich eine Unzufriedenheit breit gemacht unter den Händlern mit der Regierung. Hölzle sagt: „Das scheibchenweise Zurückrudern der Regierung ist ärgerlich. Es fehlt einfach das Gefühl nach Sicherheit.“ Denn keiner wisse, ob es nicht Ende des Monats wieder anders aussieht und die Händler womöglich wieder ganz schließen müssten. Dennoch, sagt Hölzle, sind alle froh, dass Kunden die Ware nun wieder an den Geschäften abholen dürfen.

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Claudius Marx, Hauptgeschäftsführer der IHK Hochrhein-Bodensee, sagt: „Dem stationären Einzelhandel einen Onlinevertrieb durch „Click and Collect“ während des Lockdowns zu ermöglichen, war eine unserer dringenden Forderungen.“ Von allen Seiten sei dem stationären Handel angeraten worden, das Internet zu nutzen, um die wirtschaftlichen Folgen der Corona Maßnahmen abzumildern.

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Im Spiele- und Comicladen Seetroll sagt Mitarbeiterin Eileen Edward-Paul: „Wir sind bisher im Vergleich zu vielen anderen mit einem blauen Auge durch die Krise gekommen.“ Denn: Mit den Ausgangsbeschränkungen einher ging auch bei den Konstanzern die Suche nach Beschäftigung in den eigenen vier Wänden.

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„Puzzles waren zeitweise ausverkauft, auch die Hersteller kamen nicht hinterher.“ Besonders nachgefragt seien derzeit Spiele, die man zu zweit spielen kann. Dass die Kunden die nun wieder selbst abholen können, vereinfacht vieles.

Wunsch: Region zeigt Treue zum lokalen Handel

Damit „Click and Collect“ in Konstanz funktioniert, sagt Claudius Marx, brauche es die Verbraucher: „Wir würden uns sehr wünschen, dass die Menschen in unserer Region ihre Treue zum lokalen Handel auf diesem Wege unter Beweis stellen.“

Wie im Seetroll. Dort sagt Eileen Edward-Paul: Dass viele Kunden uns treu geblieben sind statt bei Amazon zu bestellen, freut mich sehr – und gibt Hoffnung.“