Sie habe es nicht verantworten können, die Strafe zur Bewährung auszusetzen, schloss Richterin Heike Willenberg ihre Urteilsbegründung. Denn, so Willenberg an den Angeklagten gerichtet: „Solange Sie einsitzen, passiert nichts. Und das ist das Schlimmste, was ich denken kann.“ Für eine Bewährungsstrafe brauche es eine positive Sozialprognose, und die sehe sie in seinem Fall nicht.

Damit endete eine mehr als fünfstündige Verhandlung am Amtsgericht Konstanz. Das Schöffengericht unter Willenbergs Vorsitz verurteilte den 47-Jährigen zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten – wegen sexueller Nötigung in Tateinheit mit Körperverletzung. Auch die Verfahrenskosten und die Kosten, die der Geschädigten entstanden sind, muss der Mann übernehmen.

Der Angeklagte

Während der Verhandlung am Konstanzer Amtsgericht zeichneten Zeugenaussagen, verlesene Akten und Protokolle sowie die Einlassungen und das Verhalten des Angeklagten selbst das Bild eines Mannes, dem, wie Richterin Willenberg in ihrer Urteilsbegründung sagte, nicht nur ein Unrechtsbewusstsein fehlt. Er sei auch „ein Mensch, der die anderen Mitmenschen extrem kontrolliert“.

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Frauen müssten ihm zu Verfügung stehen, er nehme sich, was er wolle. Notfalls mit Gewalt – wie in jenem Fall, der den Mann nun auf die Anklagebank gebracht hatte. Im vergangenen Sommer war der 47-Jährige bei seiner damaligen Freundin zuhause. Wie seine und ihre Aussagen zeigten, war die Beziehung zu dem Zeitpunkt bereits zerrüttet. Die Frau wollte sie beenden, wie sie vor Gericht erklärte.

Die Tat und ihre Folgen

Mit sichtlicher Mühe schilderte sie die Geschehnisse an jenem Sommerabend, die sie bis heute verfolgen. Ihr damaliger Freund hatte sie in Konstanz aufgesucht, für eine Aussprache, wie seinen Aussagen vor Gericht zu entnehmen war. Nach einem gemeinsamen Spaziergang, während dem der Angeklagte mehrmals versucht haben soll, sie gegen ihren Willen zu küssen, ging es zurück in die Wohnung der Frau.

Da er seinen Zug zurück an seinen Schweizer Wohnort verpasst hatte, bot sie ihm an, bei ihr in der Wohnung zu übernachten. Irgendwann konnte er sie für ein angebliches Gespräch in ihr Schlafzimmer drängen. Dort drückte er, der rund 70 Kilogramm schwere Mann, die zierliche Frau auf das Bett, legte sich auf sie, hielt sie an Händen und Armen fest und drückte ihren Mund zu, als sie sich wehrte und mehrmals sagte, er solle aufhören. Dabei versuchte er zugleich, ihre Hose zu öffnen.

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Erst als die 19-jährige Tochter der Frau, die ebenfalls in der Wohnung war, die Hilferufe ihrer Mutter hörte und ins Zimmer stürmte, ließ der Angeklagte ab. Er entschuldigte sich, drückte seinem Opfer einen Kuss auf die Stirn, ging mit Bettzeug ins Wohnzimmer und legte sich auf das Sofa, um zu schlafen. Einige Zeit später wurde er von Polizeibeamten geweckt und abgeführt. Seither sitzt er in Untersuchungshaft.

Seine Ex-Freundin trug von dem Übergriff Hämatome am Oberkörper davon – und ein Trauma, das bis heute anhält, ihr schlaflose Nächte bereitet, und sie daran hindert, allein die Wohnung zu verlassen, wie ihre Tochter vor Gericht schilderte.

Die Vorstrafen

Was er getan hat in jener Sommernacht, schien dem Angeklagten auch während der vergangenen Monate in Haft nicht bewusst geworden zu sein. Das zeigten seine Aussagen. Ein Beispiel von vielen war seine Antwort auf die Frage der Richterin, warum er seine damalige Freundin an Armen und Händen festgehalten habe. „Ich habe versucht, so an sie ranzukommen. Ist doch nichts Schlimmes?“, sagte der Mann. „Doch, das ist was Schlimmes, das ist sexuelle Nötigung“, entgegnete die Richterin.

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Was das bedeutet, sollte dem Angeklagten seit Längerem klar sein. Denn er wurde bereits 2004 wegen sexueller Nötigung einer damals 17-Jährigen verurteilt. Und drei Jahre später wegen Vergewaltigung einer damals 33-jährigen Bekannten, mit der er zuvor eine Affäre hatte. Aufgrund der Vergewaltigung sowie einer weiteren Verurteilung wegen Diebstahls und Betrugs hatte er damals eine Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten erhalten, von der er etwas mehr als zwei Jahre absaß.

„Ein Nein ist ein Nein und bleibt ein Nein.“

Aber Anzeichen, dass der Mann sich seiner Taten und deren Folgen inzwischen bewusst ist? Fehlanzeige, wie die Vertreterin der Nebenklage in ihrem Plädoyer konstatierte. Mit Blick auf den aktuellen Fall sagte die Anwältin der Geschädigten: „Es ist klar, was Sie wollten. Sie wollten Sex gewaltvoll provozieren.“ Es sei wohl von Glück zu sprechen, dass nicht noch mehr passiert und die sexuelle Komponente niederschwellig geblieben sei, da es unter anderem zu keiner Berührung des Intimbereichs gekommen war.

Deshalb sprach Richterin Heike Willenberg später in ihrer Urteilsbegründung auch von einem minder schweren Fall. Im Rahmen des gesetzlich möglichen, so die Nebenklage-Vertreterin, sei der Angeklagte wegen seiner Uneinsichtigkeit aber hart zu bestrafen, „weil ich glaube, Sie brauchen das, um zu verstehen, dass es so nicht geht.“ Denn, so die Anwältin weiter: „Ein Nein ist ein Nein und bleibt ein Nein.“