Haben zwei junge Männer aus Meersburg ein Instagram-Konto sowie einen entsprechenden Schriftverkehr im Chat gefälscht, um im Nachhinein die Aussagen eines Vergewaltigungsopfers als falsch darzustellen? Zu dieser und weiteren Fragen wurde jetzt vor dem Konstanzer Amtsgericht verhandelt. Die beiden Deutschen mussten sich unter anderem wegen der Fälschung beweiserheblicher Daten verantworten. Der Fall erwies sich als äußert komplex.
In der Haft kennen gelernt
Kennengelernt hatten sich die beiden Angeklagten in ihrer gemeinsamen Haftzeit in der Justizvollzugsanstalt (JVA) Ulm. Einer der mutmaßlichen Täter sitzt zurzeit wegen Betruges in mehreren Fällen in der JVA Rottenburg, der andere, 28-jährige Angeklagte war wegen eben jener Vergewaltigung und sexueller Nötigung vom Landgericht Konstanz im Jahr 2017 bereits zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt worden. Seine Strafe hat er inzwischen abgesessen, er kam im Sommer 2021 wieder auf freien Fuß.
Während die beiden gemeinsam im Jahr 2019 in Haft in der JVA Ulm saßen, sollen sie den Plan ausgeheckt haben, das Konto des Vergewaltigungsopfers im Onlinedienst Instagram zu fälschen, um dessen Aussagen im Prozess als falsch darzustellen. So hätten die beiden mit dem Account einen ebenfalls gefälschten Chatverlauf erstellt, in dem die Geschädigte die damaligen Geschehnisse revidierte. So wurde ihr die Aussage in den Mund gelegt, dass die Vergewaltigung so nicht stattgefunden und sie falsch ausgesagt habe. Sie würde sich bei ihrem ehemaligen Partner entschuldigen, sobald dieser aus der Haft komme. Grund für ihre damalige Falschaussage sei gewesen, dass sie sich von dem 28-Jährigen ausgenutzt fühlte.
Chatverlauf gefälscht
Die beiden Angeklagten ließen jeweils von ihren Verteidigern zu Beginn des Prozesses eine Erklärung zur Tat abgeben. In dieser räumte der 31-Jährige die Vorwürfe ein, nämlich den Instagram-Account der heute 20-jährigen Frau mitsamt deren Namen und Lichtbild gefälscht sowie im Anschluss mit sich selbst gechattet zu haben. Über die Tatbeteiligung anderer Personen wollte er jedoch keine Angaben machen.
Der Verteidiger des verurteilten Vergewaltigers schilderte, wie die beiden Angeklagten während der Haftzeit über ihre Vergehen gesprochen und der 28-Jährige seine Unschuld beteuert hatte. Der 31-Jährige habe daraufhin gesagt, dass er sich „darum kümmern“ und Kontakt zur Geschädigten aufnehmen wolle. Wenig später habe er dann den gefälschten Chatverlauf an die Familie des 28-Jährigen gesendet. Dieser berief sich vor Gericht darauf, dass er von der Fälschung nichts wusste. Er habe lediglich ein Wiederaufnahmeverfahren des Vergewaltigungsprozesses erreichen wollen, da er sich zu Unrecht verurteilt sehe. Was aber der 31-Jährige genau plante, habe er nicht gewusst. Er hatte auch im Vergewaltigungsprozess im Jahr 2017 bis zuletzt seine Tat bestritten und beteuert, es habe sich um einvernehmlichen Geschlechtsverkehr gehandelt.
Tatsächlich hätte er jedoch erkennen müssen, dass der Chat nicht echt sein konnte, so das Gericht. Die damals 15-jährige Geschädigte hatte ihm am Tag nach der Tat geschrieben, dass er gegen ihren Willen mit ihr Sex gehabt habe. Dass der Beschuldigte darauf mit „ich weiß“ antwortete, war in dem Vergewaltigungsprozess als Geständnis gewertet worden. Da er die wirkliche Geschichte kannte, hätte er also wissen müssen, dass der Chat mit dem angeblichen Widerruf gefälscht gewesen sein muss, so das Amtsgericht, das nicht am Urteil des Landgerichts zweifelte.
Das Urteil
Die Richterin kamen am Ende allerdings nicht zu der Überzeugung, dass die beiden ihre Taten tatsächlich minutiös geplant und zusammen in der Haft ausgeheckt hatten. Trotzdem gab es wohl ein Gespräch, und beide räumten auch jeweils ihre Verbindung zu dem gefälschten Chat ein. Die Polizei hatte zuvor festgestellt, dass die Registrierung des Accounts mit einer E-Mail Adresse des 31-Jährigen vorgenommen wurde, und auch die Telefonabrechnungen überführten ihn.
Am Ende wurde der 28-jährige Meersburger deshalb wegen der Manipulation von Beweisen oder weil er „das Vorlegen dieser billigend in Kauf genommen hatte“ zu einer Geldstrafe von 180 Tagessätzen á 45 Euro verurteilt.
Der 31-Jährige bereute seine Tat und zeigte Reue. Er habe nicht gewusst, „dass das solche Ausmaße annehme“, sagte er vor Gericht. Trotzdem wurde er wegen der Fälschung beweiserheblicher Daten und Verstoßes gegen das Kunsturhebergesetz zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten sowie zu einer Geldstrafe von 3000 Euro verurteilt.
Der Mann war bereits vom Amtsgericht Überlingen wegen Betruges in mehreren Fällen zu einem Jahr und zehn Monaten Haft verurteilt worden. Er hatte immer wieder Autos und Ferienwohnungen angemietet, ohne zu bezahlen, sowie Handys auf der Internet-Plattform Ebay angeboten, ohne diese dann zu verschicken. Das Geld der Käufer hatte er jedoch behalten. Diese und eine weitere Strafe wegen gewerbsmäßigen Computerbetrugs wurden zusammengezogen. Die beiden tragen außerdem die Kosten des Verfahrens. Die Urteile sind noch nicht rechtskräftig.