Am Ende stand dem angeklagten Ehepaar das Wasser wohl bis zum Hals. Warum ihr Unternehmen so bergab ging, war eine der Fragen die im Zentrum der Verhandlung am Amtsgericht Konstanz stand. Geladen war das Paar, das gemeinsam bis zuletzt eine Firma für Wassersportgeräte und Zubehör in der Region betrieb, unter anderem wegen mutmaßlicher Insolvenzverschleppung.
Zwar betonten die Angeklagten mehrmals, dass sie ihre Taten bereuten. So entschuldigte sich etwa der Angeklagte unter Tränen bei einem Kunden, den er um mehr als 150.000 Euro betrogen hatte. Und seine Ehefrau offenbarte weinend, dass sie wegen der belastenden Geschehnisse psychologische Hilfe in Anspruch nahm. Trotzdem wurde das Ehepaar am Ende der Verhandlung wegen vorsätzlicher Insolvenzverschleppung und Betrugs in sechs Fällen jeweils zu Bewährungsstrafen verurteilt. Die beiden hatten mehrere Kunden um viele Hunderttausend Euro betrogen.
Schlechte Vorzeichen bereits bei Firmenübernahme
Doch vor dem Amtsgericht traten hier keine hochkriminellen Verbrecher auf, sondern zwei Menschen, die bis zuletzt die Augen vor ihrer wirtschaftlichen Situation verschlossen hatten und weiterhin hofften, dass „alles wieder gut werde“, wie der Angeklagte aussagte. So hatte die heute 63-Jährige die Firma ihres Ex-Mannes nach dessen Tod im Jahr 2007 bereits unter schlechten Vorzeichen übernommen und war später alleinige Geschäftsführerin geworden. Der Tochter des Verstorbenen musste die gelernte Hotelfachsekretärin einen Teil des Firmenwertes ausbezahlen.
Jahre später übernahm dann vermeintlich ihr heute 62-jähriger Partner die Geschäfte. Tatsächlich blieb seine Frau jedoch auf dem Papier alleinige Geschäftsführerin. 2015 wurde das Betriebsgrundstück für eine Million Euro erst verkauft, nur um dann wieder angemietet zu werden – der erste von vielen wirtschaftlichen Fallstricken. Die Firma hatte bereits zuvor pro Jahr über Hunderttausend Euro Verlust erwirtschaftet. Und dieser Trend setzte sich fort. Laut der Anklageschrift, die sich auf firmeninterne Dokumente stützte, war die GmbH bereits seit dem Jahr 2017 überschuldet, und das, obwohl die Angeklagte laut den Angaben ihres Verteidigers über 1,5 Million Euro an Privatvermögen in die Firma gesteckt hatte.
Die Beschuldigten unterließen es jedoch, für das Geschäftsjahr 2017 und auch für das folgende Jahr eine Bilanz aufzustellen. Hätten sie dies getan, hätten sie bemerkt, dass ihr Unternehmen bereits zu diesem Zeitpunkt zahlungsunfähig war, und hätten einen Antrag auf die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens stellen können. Schlussendlich stellte das Paar den Antrag aber erst Mitte 2019. Sowohl die Verschleppung eines Insolvenzverfahrens als auch das nicht Erstellen einer Geschäftsbilanz sind in diesem Fall Straftaten gewesen. Ebenso wurde ihnen vorsätzlicher Bankrott vorgeworfen.
Mehrere Kunden um Hunderttausende Euro betrogen
Darüber hinaus schloss das Paar mehrere Kaufverträge über teilweise mehr als 80.000 Euro mit verschiedenen Kunden ab. Die bestellte Ware, in diesem Fall verschiedene Sportboote, wurde jedoch nie ausgeliefert. Das Geld floss jedoch weiterhin in die Firma, allerdings nicht in die privaten Taschen des Paares. Und während die Vertragspartner hohe Schäden erlitten, ging es für das Paar finanziell weiter bergab.
Einer der Geschädigten sagte vor Gericht aus. Der 54-Jährige hatte bei dem Paar sowohl ein Boot für über 80.000 Euro bestellt, als auch ein älteres, gebrauchtes Boot mit ähnlichem Wert über deren Firma verkaufen wollen. Am Ende klappte jedoch beides nicht. Der Geschädigte verlor dadurch ungefähr 165.000 Euro. „Ich habe ihm vertraut“, sagte der Geschädigte immer wieder vor Gericht über den Angeklagten, der sich beim 54-Jährigen daraufhin entschuldigte und sagte, dass er das nicht so gewollt habe. Der Geschädigte entgegnete: „Ich traue ihnen sogar zu, dass sie das anders wollten. Aber so kann man es auch nicht machen.“ Das Paar soll durch diese und die anderen Taten einen „Vermögensverlust großen Ausmaßes herbei“ verursacht haben, so die Anklage.
„Wir hatten nur die Hoffnung, dass wir weitermachen können“
Die Angeklagten räumten ihre Taten ein. Für das Gericht blieb jedoch die Frage unbeantwortet, wann genau die kriminellen Handlungen vorlagen, und zu welchem Zeitpunkt das Paar die betriebliche Krise hätte erkennen müssen. Das Gericht kam schließlich zu dem Schluss, dass im Herbst 2018 eine Überschuldung vorlag und dementsprechend spätestens dann ein Insolvenzantrag hätte gestellt werden müssen. „Wir hatten nur die Hoffnung, dass wir weitermachen können“, sagte der 62-Jährige vor Gericht.
Das Gericht verurteilte das Paar am Ende wegen vorsätzlicher Insolvenzverschleppung, der Verletzung der Buchführungspflichten in Tateinheit mit Bankrott sowie Betrug in sechs Fällen zu Freiheitsstrafen auf Bewährung. Der 62-Jährige bekam ein Jahr und neun Monate. Er arbeitet mittlerweile für einen Telekommunikationsanbieter im Bereich Kundengewinnung und verdient sich mit einem Nebenjob noch 450 Euro im Monat dazu. Seine Partnerin bekam ein Jahr und sechs Monate auf Bewährung. Sie tragen außerdem die Kosten des Verfahrens. Beide nahmen ihre Strafen an, das Urteil ist rechtskräftig. Auf das Ehepaar kommt noch ein Zivilverfahren zu.