Drei Flaggen wehen am Rathaus in Konstanz: Die Europaflagge, rechts daneben die Deutschlandflagge, gefolgt von der Fahne für Konstanz. Das Besondere an der Beflaggung: An der Deutschlandflagge hängt zusätzlich ein schwarzer Trauerflor. Doch die Nationalflagge von Israel sucht man an den Fahnenstangen vergebens.
Dabei herrscht in Israel Krieg. In vielen deutschen Städten wird als Zeichen der Solidarität die Nationalflagge Israels gehisst. In Heilbronn am Rathaus hängt die Flagge schon seit einigen Tagen. Auch am Staatsministerium in Stuttgart, am Landtag und am Neuen Schloss in Stuttgart weht die Fahne. Das hat Ministerpräsident Winfried Kretschmann angeordnet.
Wieso hängt die Fahne also nicht auch in Konstanz am Rathaus. Das fragt sich auch ein aufgebrachter SÜDKURIER-Leser und wendet sich an die Stadtverwaltung sowie an den SÜDKURIER.
Stadt wartet auf Antwort aus dem Staatsministerium
Ganz so einfach ist die Antwort dann aber nicht. Denn die „Verwaltungsvorschrift des Staatsministeriums zur Beflaggung der Dienstgebäude“ sorgt für einige Verwirrung in den Verwaltungsorganen der Stadt und des Landes. Das ergibt eine SÜDKURIER-Recherche.
Die erste Antwort der Stadt, die der Leser von der Abteilung Bürgerbeteiligung der Stadt erhält (sie liegt dem SÜDKURIER vor), schiebt die Verantwortung zum Staatsministerium Baden-Württemberg. Darin heißt es: „Oberbürgermeister Uli Burchardt hat mich zuständigkeitshalber gebeten Ihnen [dem Leser] zu antworten. Die Stadt Konstanz ist als unterste Verwaltungseinrichtung des Landes Baden-Württemberg an die Beflaggungsverordnung für Dienstgebäude gebunden. Nationalflaggen dürfen nur aufgehängt werden, wenn es regelmäßig vorgeschrieben ist oder vom Bund/Land angeordnet wird.“
Auch eine offizielle Presseanfrage des SÜDKURIER wird ähnlich beantwortet. Pressesprecherin Mandy Krüger schreibt: „[...] Darüber hinaus kann der Oberbürgermeister eine Beflaggung anordnen, wenn es einen deutlichen kommunalen Bezug gibt.“ Und: Man warte noch auf Antwort aus dem Staatsministerium, ob es eine Anordnung geben werde zur Beflaggung. „Aber bisher haben wir noch keine Rückmeldung erhalten“, heißt es am Freitagmittag, 13. Oktober, aus dem Pressereferat.
OB kann über die Flagge entscheiden
Der SÜDKURIER hat eine Rückmeldung erhalten. Carsten Dehner, Pressesprecher des Innenministeriums, weist darauf hin, dass Rathäuser nicht zu den Dienstgebäuden des Landes zählen und daher nicht unter die Beflaggungsverordnung. „Daraus folgt auch, dass die Gemeinden und Landkreise nicht an eine Anordnung des Staatsministeriums zur Beflaggung gegenüber den Landesbehörden gebunden wären“, schreibt Dehner. Fazit: Der Oberbürgermeister Uli Burchardt kann bestimmen, ob die Fahne wehen soll. Die Beflaggungsverordnung solle lediglich als Empfehlung dienen.
Und was ist nun das Ergebnis? Freitagmittag hängt die israelische Flagge noch nicht am Rathaus. Aber man prüfe intern nun, ob die Nationalflagge gehisst werde. Entschieden werden soll darüber kommende Woche. Noch am Freitagabend, so die Auskunft aus dem Pressebüro, soll die „Mayors for Peace“ (Bürgermeister für Frieden) am Rathaus aufgehängt werden. Die grüne Flagge mit der weißen Taube soll ein Solidaritätszeichen setzen.
Wahrscheinlich ist aber, dass auch die Nationalflagge noch folgen wird. Denn: „Das Hissen der Flagge in Solidarität mit Familien, die durch den Angriff Angehörige verloren haben, ist möglich.“ Vielleicht wird die Flagge also bald wehen. Denn nach dem Ausbruch des Ukraine-Kriegs im Februar hisste die Stadt die Flagge am Bärengraben. Auch die Imperia wurde in den Nationalfarben der Ukraine beleuchtet. Allerdings: Die Fahnenmasten am Bärengraben und die Imperia sind keine Dienstgebäude.