Die Stufen zum Portal des Konstanzer Münster hatten dieser Tage fast etwas Verbindendes. Standen am vergangenen Sonntag, 17. Dezember, noch bei einer Demonstration unter dem Motto „Konstanz zeigt Gesicht – für ein friedliches und respektvolles Miteinander!“ die Folgen des brutalen Hamas-Angriffs auf Israel und der seither auch in Konstanz zunehmende Antisemitismus im Mittelpunkt, so waren am Dienstag die gravierenden Folgen für die Zivilbevölkerung des Gaza-Streifens durch das Bombardement der israelischen Armee Mittelpunkt der abendlichen Demo des Konstanzer Aktionsbündnis „Rettet Gaza“.
„Feiert Liebe, nicht Siege!“, hieß es in der letzten Strophe des hebräischen Friedenslieds, mit dem die Veranstaltung begann. Es ging an diesem Abend nicht darum, einseitig Partei zu ergreifen. Wichtig war dem Organisationsteam, vom dem viele Mitglieder ganz bewusst auch am Sonntag an gleicher Stelle „Gesicht zeigten“, dass es um einen Waffenstillstand in Nahost gehe.
Gab es bei ähnlichen Demos durchaus auch schon Sympathiegesten für die Hamas, so war davon in Konstanz nichts wahrzunehmen. Die Veranstalter wiesen mehrfach auf die Gräueltaten auf beiden Seiten des Grenzzauns, der Israel vom Gaza-Streifen trennt, hin. Es wurde auch immer wieder betont, dass Kritik an der aktuellen israelischen Politik nicht zwingend mit Antisemitismus gleichzusetzen sei.
Tausende Opfer auf beiden Seiten
Während die Hamas-Gräueltaten am 7. Oktober medial umfangreich dokumentiert wurden, werde deutlich weniger über das Leid der Zivilbevölkerung im Gaza-Streifen berichtet. „Als Reaktion auf die 1200 Tote in Israel sind in den vergangenen Monaten rund 20.000 Menschen im israelischen Bombenhagel zu Tode gekommen. Davon 70 Prozent Frauen und Kinder. Gaza ist eine vermeidbare humanitäre Katastrophe“, so Manuel Oestringer, einer der Initiatoren.
„Wir haben das sehr spontan organisiert und sind mit der Resonanz und dem Ablauf sehr zufrieden“, erklärte Vincent Trötschel, ebenfalls einer der Initiatoren. Es sei gelungen, auch das Leid der Menschen im Gazastreifen darzustellen. Viele der etwa 130 Teilnehmer diskutierten nach den Reden noch in kleinen Gruppen vor dem Münster.
Immer wieder klang durch, dass es in diesem Konflikt, der beiderseits nicht nur militärisch, sondern auch medial mit großen Aufwand betrieben wird, schwer ist, zu bewerten, welche Fakten fundiert sind und welche ein verzerrtes Bild abgeben.
Am Sonntag waren viele lokale Vertreter aus Kultur und Politik anwesend, Dienstag waren es deutlich weniger. Durchaus positiv war zu bewerten, dass die Pro-Gaza-Demo eher als Ergänzung denn als Gegenveranstaltung zum Sonntag einzustufen war.